Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15282 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A)<br />
Minister Dr. Norbert Walter-Borjans (Nordrhein-Westfalen)<br />
Der Argwohn, den die Abschottung der Verhandlun- (Dr. Birgit Reinemund [FDP]: Wie ist denn die (C)<br />
gen bei uns geweckt hat, ist durch das Ergebnis mehr als<br />
Entwicklung von vorher zu jetzt?)<br />
bestätigt worden.<br />
– Augenblick!<br />
(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Sagt er auch mal<br />
etwas zur Sache?)<br />
(Zuruf von der LINKEN: Man muss nicht immer<br />
den kleinsten Spatz nehmen!)<br />
Dazu muss man sich nicht erst – aber das ist vielleicht<br />
auch ganz hilfreich – die erhellenden Ratschläge, die im<br />
Moment auf den Internetseiten der Schweizerischen<br />
Bankiervereinigung gegeben werden, vor Augen führen.<br />
Für die Anleger klingen sie ganz beruhigend. Dort heißt<br />
Wir stellen momentan fest, dass zunehmend mehr<br />
Menschen, und zwar Angehörige aller Einkommensklassen,<br />
Bereitschaft erkennen lassen, eine entsprechende<br />
Steuerlast zu tragen,<br />
es, die Anleger müssten sich keine Sorgen machen, sie<br />
(Nicolette Kressl [SPD]: Ja!)<br />
könnten ihr Geld ja noch in Sicherheit bringen,<br />
weil sie wissen, dass Leistungen, auch Leistungen des<br />
(Nicolette Kressl [SPD]: Ja!)<br />
Staates, ihren Preis haben. Für diese Menschen ist das<br />
die steuerliche Belastung werde nicht zu hoch etc.<br />
Abkommen ein Schlag ins Gesicht.<br />
(Dr. Birgit Reinemund [FDP]: Ach! Das ist<br />
doch Unfug!)<br />
Das Wichtigste zum Steuerabkommen ist schnell gesagt:<br />
Die Kontrolle von morgen obliegt den Tätern und<br />
Mittätern von gestern;<br />
Man muss also zu dem Ergebnis kommen: Hier ist nicht<br />
nur der Bund über den Tisch gezogen worden, sondern<br />
auch die Länder und Gemeinden und vor allem die ehrli-<br />
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
chen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.<br />
das ist der erste Punkt. Jedenfalls – das soll kein Miss-<br />
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Birgit<br />
Reinemund [FDP]: Wie viel nehmen denn die<br />
trauen in die Schweiz zum Ausdruck bringen – ist mein<br />
Vertrauen in einige Schweizer Banken und einige Verantwortliche<br />
bei der Schweizer Bankenaufsicht,<br />
Länder und Gemeinden bisher ein?)<br />
(Joachim Poß [SPD]: So ist es!)<br />
– Zu dem Spatz in der Hand komme ich noch.<br />
die jetzt die Kontrolle übernehmen und sie sicherstellen<br />
Es geht nicht um einen Konflikt – das möchte ich an<br />
dieser Stelle sehr deutlich machen – zwischen Deutschen<br />
– ich formuliere es einmal so – begrenzt. Hier wird ein<br />
Stück weit der Bock zum Gärtner gemacht.<br />
(B) und Schweizern;<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Joachim (D)<br />
(Nicolette Kressl [SPD]: Ja!)<br />
Poß [SPD]: So ist es! Nichts anderes haben wir<br />
gesagt! – Zuruf von der FDP: Mein Gott!)<br />
diese Beschreibung wird gerne bemüht, um dem Ganzen<br />
eine gewisse Dramatik zu verleihen.<br />
Sie haben eben gesagt, dass alles nachgeprüft werden<br />
kann. Die Zahl möglicher Nachprüfungen ist auf 999 in-<br />
(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Richtig!) nerhalb von zwei Jahren begrenzt, nachdem eine paritä-<br />
Es geht um deutsche Steuerbetrüger und Schweizer Helfershelfer<br />
auf der einen Seite, und es geht um ehrliche<br />
tisch besetzte deutsch-schweizerische Kommission die<br />
Zulässigkeit der Nachprüfungen überprüft hat.<br />
Menschen in der Schweiz und in Deutschland auf der an- (Joachim Poß [SPD]: Ein tolles Ergebnis!<br />
deren Seite, die für Infrastruktur, Bildung und Sicherheit<br />
Mein lieber Mann!)<br />
Steuern zahlen. Durch ein solches Abkommen müssen<br />
sich diese Menschen verhohnepiepelt fühlen.<br />
Ich sage Ihnen: Allein durch den von uns getätigten Ankauf<br />
von CDs kam es zu über 6 000 Selbstanzeigen.<br />
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
(Nicolette Kressl [SPD]: Ja!)<br />
Die Ehrlichen in diesem ganzen Spiel werden ja doppelt<br />
getroffen: Sie müssen zum einen die eigene Zeche<br />
zahlen, und sie müssen zum anderen mit für die Kredite<br />
aufkommen, die wir aufnehmen müssen, weil wir nicht<br />
Ich frage mich, wie durch höchstens 999 Nachprüfungen<br />
in zwei Jahren, die man erst noch durchboxen muss, gewährleistet<br />
werden soll, dass man einem Verdacht, ob alles<br />
seine Richtigkeit hat, nachgehen kann.<br />
genug Steuern einnehmen, um auf Kredite verzichten zu (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem<br />
können. Dadurch entgeht uns übrigens auch ein Beitrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des<br />
zur Haushaltskonsolidierung.<br />
Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])<br />
(Dr. Daniel Volk [FDP]: Aber wir nehmen Hinzu kommt: Wer beim Hinterziehen geholfen hat,<br />
doch jetzt Steuern ein! – Dr. Birgit Reinemund bleibt künftig genauso straffrei wie der, der hinterzogen<br />
[FDP]: Was haben Sie denn bisher eingenom- hat. Die Schweizer Bankangestellten aber, die beim Aufmen?)decken<br />
der Steuerhinterziehung geholfen haben, werden<br />
– Wir erzielen nicht die Steuereinnahmen, die wir erzie-<br />
weiter verfolgt.<br />
len müssten. Ich komme noch darauf zu sprechen, was (Nicolette Kressl [SPD]: Ja! – Dr. Birgit<br />
das in Heller und Cent ausmacht.<br />
Reinemund [FDP]: Nein! Eben nicht!)