Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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(B)<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15425<br />
(A) Bundesregierung mit. Ich tue das in der Überzeugung, und bei der Weiterentwicklung des Europäischen Stabili- (C)<br />
dass diese Regierung noch immer die viel bessere Alternative<br />
für unser Land und seine Menschen ist als eine<br />
tätsmechanismus.<br />
rot-grüne „Euro-Bond-Regierung“.<br />
Christian Hirte (CDU/CSU): Dem Gesetz, das eine<br />
Aber ich tue es auch in der Überzeugung, dass es ein Ausweitung des bisherigen Rettungsschirmes vorsieht,<br />
Fehler ist, der sich rächen wird.<br />
stimme ich zu.<br />
Dem eingeschlagenen Weg der vergangenen Monate,<br />
der mit dieser Ausweitung des Rettungsschirmes weiter<br />
beschritten wird, stehe ich mit großer und wachsender<br />
Skepsis gegenüber. Ich halte die abermalige Ertüchtigung<br />
der EFSF für falsch. Immer neue Kredite helfen<br />
Staaten wie Griechenland nicht weiter. Statt konkreter<br />
Hilfe, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, werden<br />
lediglich Gläubiger mit hohen Zinsen bedient.<br />
Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): Ich stimme dem<br />
Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von<br />
Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus<br />
zu.<br />
Die gemeinsame europäische Währung ist ein Meilenstein<br />
der europäischen Integration. Der Erfolg<br />
Deutschlands und seiner Wirtschaft hängt entscheidend<br />
vom Euro ab, eine Rückkehr in nationale Währungen ist<br />
aus heutiger Sicht nicht vorstellbar. Die Stabilisierung<br />
des Euro liegt damit im ureigenen Interesse Deutschlands<br />
und seiner Europäischen Partner.<br />
Ein umfassendes System der Stabilisierung, bestehend<br />
aus Reduktion der Staatsverschuldung, Koordinierung<br />
der Wirtschaftspolitiken der EU-Mitgliedstaaten<br />
und Stabilisierung der Finanzmärkte, ist meines Erachtens<br />
unabdingbar. Die EFSF und ihr Nachfolger, der<br />
ESM, als Notfallhilfen dürfen dabei lediglich einen Teil<br />
der Gesamtstrategie bilden. Dass der Schutz des Euro-<br />
Rettungsschirms dabei nicht „kostenlos“ sein darf,<br />
wurde hinreichend erörtert und klargestellt und von meiner<br />
Seite als selbstverständlich vorausgesetzt.<br />
Dennoch bin ich der Meinung, dass bestehende sowie<br />
neu einzuführende finanz- und wirtschaftspolitische<br />
Überwachungsinstrumente verstärkt in den Fokus des<br />
Stabilisierungssystems gerückt werden müssen. Hierzu<br />
zählen insbesondere das kontinuierliche Monitoring der<br />
Defizit- und Verschuldensregeln, die Einführung schneller<br />
und umfassender Sanktionen bei Nichteinhaltung der<br />
Stabilitäts- und Wachstumsregeln, die Etablierung präventiver<br />
nationaler Überwachungsmechanismen und die<br />
Förderung nachhaltiger Wirtschaftsstrukturen zur Belebung<br />
des Wettbewerbs.<br />
Nach meiner festen Überzeugung brauchen wir darüber<br />
hinaus ein Regelwerk, das vorgibt, wie die europäische<br />
Währungsgemeinschaft mit Euro-Mitgliedstaaten<br />
umgeht, die ihren Zahlungsverpflichtungen<br />
dauerhaft nicht nachkommen können und damit zahlungsunfähig<br />
sind. Daher ist dringend an einem geordneten<br />
Verfahren zur Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit<br />
von betroffenen Mitgliedstaaten zu arbeiten. So<br />
wie wir Unternehmen und Verbrauchern ein System der<br />
geordneten Insolvenz an die Hand geben, müssen Institutionen,<br />
Instrumente und Regeln geschaffen werden,<br />
die zahlungsunfähigen Staaten die Chance auf eine echte<br />
Sanierung ermöglichen. Hierzu müssen Regelwerke geschaffen<br />
werden, die in verfassungs- und europarechtlicher<br />
Abstimmung in der demokratisch dafür vorgesehenen<br />
Institution, dem Deutschen <strong>Bundestag</strong> debattiert<br />
werden müssen.<br />
Die parlamentarische Beteiligung des Deutschen<br />
<strong>Bundestag</strong>es und seiner Ausschüsse bleibt ein wesentliches<br />
Element bei der Bekämpfung der Schuldenkrise<br />
Warum dennoch die Zustimmung? Die deutliche Kritik<br />
der vergangenen Wochen und Monate und die Ablehnung<br />
einzelner Abgeordneter für Griechenland- und Portugal-Hilfen,<br />
denen ich mich angeschlossen hatte, hat zu<br />
spürbaren Verbesserungen der Bedingungen geführt. Vor<br />
allem die Beteiligungsrechte des <strong>Bundestag</strong>es wurden<br />
erheblich gestärkt. Nicht zuletzt das jüngste Urteil des<br />
Bundesverfassungsgerichtes hat deutlich gemacht, dass<br />
vor konkreten Hilfen für einzelne Länder das Parlament<br />
befragt werden muss. Kein Geld ohne Zustimmung des<br />
<strong>Bundestag</strong>es. Diese Linie darf nach meiner festen Überzeugung<br />
nie überschritten werden. Der Widerstand auch<br />
in den Reihen der Koalition hat dies ermöglicht.<br />
Die aktuelle Diskussion über mögliche nochmalige<br />
Ausweitungen der Maßnahmen beunruhigt mich sehr.<br />
Die Zusicherung von Kanzlerin Angela Merkel, in einem<br />
solchen Fall nichts ohne die Zustimmung des <strong>Bundestag</strong>es<br />
zu tun, ermöglicht für die Zukunft, immer im<br />
Einzelfall zu prüfen, was richtige Schritte sein können.<br />
Die klaren Zustimmungsrechte des <strong>Bundestag</strong>es sind<br />
eine wichtige institutionelle Einschränkung des Rettungsschirmes.<br />
Dem vorliegenden Gesetz stimme ich auch und vor<br />
allem zu, um die Regierung nicht zu destabilisieren. Die<br />
parlamentarische Mehrheit bei der Abstimmung ist<br />
vorab eindeutig. Die Opposition stimmt weit überwiegend<br />
zu, stilisiert aber das Ergebnis der Stimmverteilung<br />
innerhalb der Reihen der Koalition zu einer rein politischen<br />
Frage, zu einer Machtfrage. Sie möchte die Skepsis<br />
gegenüber einer Sachfrage, bei der es um mehrere<br />
hundert Milliarden Euro geht, zu einer Personalfrage<br />
machen. Diesem Ansinnen der Opposition bin ich nicht<br />
bereit nachzugeben.<br />
In der von Angela Merkel geführten Koalition sehe<br />
ich einen Garanten, eine noch größere Haftung Deutschlands<br />
zu verhindern. Insofern ist mein Ja auch ein Nein.<br />
Ein Nein zu den Bestrebungen der Oppositionsparteien<br />
nach völliger Vergemeinschaftung aller Schulden und<br />
der Einführung von Euro-Bonds. Es ist ein Ja zu europäischer<br />
Solidarität, von der auch wir profitiert haben,<br />
aber ein Nein zur Schuldenunion. Jeder Staat muss zunächst<br />
seine Krisen selbst bewältigen, seine Schuldenprobleme<br />
selbst in den Griff bekommen. Die ausgeweitete<br />
EFSF ändert daran nichts, sondern erhält diesen<br />
Status. Es bleibt dadurch zum Beispiel bei jeweils eige-<br />
(D)