Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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(B)<br />
15484 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A) schütze. Ganz gleich, um welche finanziellen Vorhaben Ab dem Jahr 2013 treten wir durch die Kostenüber- (C)<br />
oder Kosten zulasten der Kommunen es geht, die Bunnahme in eine Bundesauftragsverwaltung ein, da der<br />
desregierung bezieht sich gebetsmühlenartig auf die Bund über 50 Prozent der Kosten übernimmt. Dies erfor-<br />
Kostenübernahme der Grundsicherung im Alter. dert eine Vielzahl von Rechtsänderungen sowie eine<br />
Verankerung von Prüf- und Weisungsrechten des Bundes.<br />
Man bekommt gar den Eindruck, diese Maßnahme sei<br />
für die Bundesregierung ein Dukatenesel, mit dem sie<br />
das Land bereist und jede zukünftige Mehrbelastung bei<br />
den Kommunen bezahlen kann.<br />
Ein jeder, der die Grundrechenarten auch nur halbwegs<br />
beherrscht, wird erkennen können, dass diese<br />
Rechnung vorne und hinten nicht aufgeht. Schlimmer<br />
noch: Die Bundesregierung erweckt dadurch den Eindruck,<br />
sie würde mit der Übernahme der Kosten der<br />
Grundsicherung im Alter in Vorleistung treten. Das Gegenteil<br />
ist jedoch der Fall: Dies ist eine längst überfällige<br />
Nachleistung, die in der jetzigen Form bei weitem nicht<br />
ausreicht, um die in Zukunft für die Kommunen entstehenden<br />
Kosten zu decken.<br />
Was die Bundesregierung überdies überhaupt nicht<br />
auf der Rechnung hat, sind die Befürchtungen der Kommunen,<br />
dass die vom Bund zu erstattenden Kosten nicht<br />
vollständig oder nur unter Bedingungen an die Kommunen<br />
weitergegeben werden. Hier muss der Bund dringend<br />
handeln und mit den Ländern in den Dialog treten.<br />
Lassen Sie mich abschließend sagen: Ein Gesetz zur<br />
Stärkung der Finanzkraft wäre dringend geboten und erforderlich.<br />
Die uns vorliegende Drucksache ist ein erster<br />
Schritt in diese Richtung, nicht mehr, aber auch nicht<br />
weniger. In den kommenden parlamentarischen Beratungen<br />
wird noch einiges zu klären sein, damit dieses Gesetz<br />
seinem eigenen Anspruch annähernd gerecht wird.<br />
Pascal Kober (FDP): Mit dem heute eingebrachten<br />
Gesetz zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen<br />
vollziehen wir einen weiteren Schritt bei der Umsetzung<br />
des Vermittlungsergebnisses der Hartz-IV-Verhandlungen<br />
aus dem Februar dieses Jahres. Mit dem Gesetz<br />
beschließen wir den ersten Schritt zur Erhöhung der<br />
Bundesbeteiligung an den Nettoausgaben in der Grundsicherung<br />
im Alter und bei Erwerbsminderung.<br />
Die Gemeindefinanzkommission hat in ihrer <strong>Sitzung</strong><br />
am 15. Juni dieses Jahres das Ergebnis des Vermittlungsverfahrens<br />
einvernehmlich begrüßt. Es sorgt dafür, dass<br />
die Kommunen allein im Zeitraum zwischen 2012 und<br />
2015 um voraussichtlich mehr als 12 Milliarden Euro<br />
entlastet werden. Noch nie wurden die Kommunen auf<br />
einen Schlag so stark entlastet. Obwohl die angemessene<br />
Finanzausstattung der Kommunen in der Zuständigkeit<br />
der Länder liegt, leistet der Bund mit der Kostenübernahme<br />
einen gewaltigen Beitrag zur Stärkung der Kommunalfinanzen.<br />
Die Kostenübernahme für die Grundsicherung im Alter<br />
ab dem Jahr 2013 werden wir nach Klärung aller offenen<br />
Fragen mit den Ländern in einem eigenständigen<br />
weiteren Gesetzgebungsverfahren angehen. Es steht aber<br />
außer Frage, dass es zur Übernahme der Kosten der<br />
Grundsicherung im Alter kommen wird. Es gibt aber<br />
noch Gesprächsbedarf über das Wie der Ausgestaltung.<br />
Da die Ausgaben für die Grundsicherung trotz der in<br />
die richtige Richtung gehenden Vorhaben von Dr. Ursula<br />
von der Leyen im Rahmen des Rentendialogs im Alter<br />
künftig wohl weiter steigen werden, ist mit der Kostenübernahme<br />
auch für eine nachhaltige Entlastung der<br />
kommunalen Finanzen gesorgt.<br />
Zudem können wir auch aufgrund einer erfolgreichen<br />
Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik dieser schwarzgelben<br />
Bundesregierung positive Zahlen bei den Kommunalfinanzen<br />
feststellen. So lag das Defizit der Kommunen<br />
in den ersten sechs Monaten dieses Jahres nur<br />
noch bei 4,8 Milliarden Euro und damit um 3,5 Milliarden<br />
Euro niedriger als im letzten Jahr. Das Statistische<br />
Bundesamt führt dies vor allem auf eine Steigerung der<br />
Einnahmen um 7,4 Prozentpunkte zurück.<br />
Die Steigerung ist vor allem auf ein Plus von<br />
12,8 Prozent bei den Steuereinnahmen zurückzuführen.<br />
Sie machen innerhalb des Einnahmeplus den größten<br />
Teil aus. Dies ist vor allem durch die Gewerbesteuer bedingt<br />
und damit sehr konjunkturabhängig. Leider konnten<br />
die Kommunen im Rahmen der Gemeindefinanzkommission<br />
nicht davon abgebracht werden, an der<br />
Gewerbesteuer festzuhalten.<br />
Die FDP hätte die Einnahmen der Kommunen gerne<br />
konjunkturunabhängiger und damit auch nachhaltiger<br />
gestaltet. So kann ich schon jetzt vorhersagen, dass wir<br />
in der nächsten konjunkturellen Flaute wieder vermehrt<br />
Klagen aus den Kommunen über zu geringe Mittel hören<br />
werden. Sollte es dann wieder Initiativen geben, dass<br />
auch Freiberufler Gewerbesteuer zahlen sollen, wie dies<br />
heute auch wieder im Antrag der Grünen gefordert wird,<br />
werden wir dies entschieden ablehnen. Freiberufler sind<br />
eine wesentliche Säule der deutschen Wirtschaft und<br />
schaffen eine Vielzahl von Arbeitsplätzen. Sie tun dies<br />
unter persönlicher Haftung und leisten mit ihrer Eigenverantwortung<br />
einen enormen gesellschaftlichen Beitrag,<br />
der unsere Anerkennung verdient.<br />
Die Einführung der Gewerbesteuer, wie sie Ihnen<br />
vorschwebt, würde zu einer zusätzlichen steuerlichen<br />
Belastung für Selbstständige führen, was wiederum für<br />
Bürgerinnen und Bürger zu Preissteigerungen führen<br />
würde, die entweder direkt oder durch höhere indirekte<br />
Kosten zum Beispiel im Gesundheitswesen und dann<br />
durch höhere Sozialversicherungsbeiträge durchschlagen<br />
würden.<br />
Sie von Bündnis 90/Die Grünen kritisieren die Steuersenkungsabsichten<br />
der Koalition. Dabei sind Sie doch<br />
die größte Steuersenkungspartei in der jüngeren Geschichte<br />
der Bundesrepublik Deutschland. Sie haben in<br />
Ihrer Regierungszeit die Steuern in einem Volumen von<br />
32 Milliarden Euro gesenkt.<br />
(D)