Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15456 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A) Ziehen sie den Gesetzentwurf zurück, er macht den 2009 war beileibe nicht der große Wurf. Im Vergleich zu (C)<br />
Skandal legal.<br />
dem, was Sie heute hier abliefern, muss allerdings sogar<br />
Lassen Sie uns die Regierung auffordern, ein Gesetz<br />
vorzulegen, das die Arbeitnehmer wirklich vor Daten-<br />
dieser missglückte Entwurf als Sternstunde Ihrer Fachpolitiker<br />
eingestuft werden.<br />
missbrauch und exzessiver Überwachung schützt. Die Die <strong>Bericht</strong>erstatter der Koalitionsfraktionen hatten<br />
Eckpunkte dazu haben wir in unserem Antrag beschrie- bereits im Rahmen der ersten Lesung zum Gesetzentben.<br />
Stimmen Sie ihm zu.<br />
wurf der Bundesregierung deutlich gemacht, dass auch<br />
dieses Gesetz den Deutschen <strong>Bundestag</strong> nicht so verlassen<br />
würde, wie es hineingekommen ist. Dieser Maßgabe<br />
entsprechend haben wir bereits im Vorfeld der öffentlichen<br />
Anhörung im Mai dieses Jahres Vorschläge gemacht,<br />
wie der Gesetzentwurf im Detail verbessert werden<br />
könnte. Vorschläge, die im Übrigen von zahlreichen<br />
Sachverständigen der öffentlichen Anhörung ausdrücklich<br />
begrüßt wurden.<br />
Hierzu zählt unter anderem, dass die Zulässigkeit von<br />
Gesundheitsuntersuchungen im Beschäftigungsverhältnis<br />
an engere Voraussetzungen geknüpft werden muss.<br />
Hierzu zählt auch, dass es dem Arbeitnehmer weiterhin<br />
möglich sein muss, selbstbestimmt in für ihn vorteilhafte<br />
Datenerhebungen und -verarbeitungen einzuwilligen.<br />
Hierzu zählt schließlich auch, dass es den Betriebsparteien<br />
weiterhin möglich sein soll, im Bedarfsfall auch datenschutzrechtlich<br />
relevante Sachverhalte eigenverantwortlich<br />
zu regeln. Ich sage bewusst „weiterhin“. Sie tun<br />
ja gerade so, als würden wir mit dieser Regelung eine<br />
neue Rechtslage einführen. Dass es seit dem Urteil des<br />
Bundesarbeitsgerichts im Jahr 1986 allerdings nunmehr<br />
ein Vierteljahrhundert lang anerkannt ist, datenschutzrechtliche<br />
Belange auch und gerade durch die Betriebs-<br />
(B)<br />
parteien selbstständig regeln zu lassen, verschweigen Sie<br />
dabei nur allzu gern.<br />
Sie müssen mir schon einmal erklären, meine Damen<br />
und Herren von der SPD, warum Sie auf der einen Seite<br />
regelmäßig die Rechte der Betriebsräte nie hoch genug<br />
ansetzen können, bei Fragen des betrieblichen Datenschutzes<br />
der Betriebsrat jedoch schön seinen Mund zu<br />
halten hat. Im Gegensatz zu Ihnen sprechen wir den Betriebsräten<br />
die Kompetenz im Bereich des Datenschutzes<br />
nicht ab. Ihre Bevormundungspolitik wird in diesem<br />
Hause keine Chance haben.<br />
Das parlamentarische Verfahren zum Gesetzentwurf<br />
der Bundesregierung ist nahezu abgeschlossen. Ich bin<br />
zuversichtlich, dass wir das Gesetz noch in diesem Jahr<br />
verabschieden werden. Der heute vorgelegte Antrag<br />
wird sich damit in Kürze schlicht durch Zeitablauf erledigen.<br />
(D)<br />
Gisela Piltz (FDP): Grundsätzlich finde ich es ja immer<br />
erfreulich, wenn man sich an die eigenen guten Vorsätze<br />
von einst erinnert; denn auch Sie, werte Kolleginnen<br />
und Kollegen von der SPD, hatten einmal den<br />
wenigstens gut gemeinten Vorsatz, den Datenschutz am<br />
Arbeitsplatz reformieren zu wollen.<br />
In der Zeit von 1998 bis 2009 blieb es dann auch bei<br />
diesem Vorsatz, und der Arbeitnehmerdatenschutz geriet<br />
bei Ihnen in Vergessenheit. Über ein Jahrzehnt haben Sie<br />
es nicht auf die Reihe bekommen, Ihrer Ankündigungspolitik<br />
auch Taten folgen zu lassen. Jetzt kommen Sie<br />
mit Anträgen und werfen sich quasi hinter den fahrenden<br />
Zug. Im Gegensatz zu Ihnen halten wir unsere Versprechen<br />
und räumen endlich auf mit Ihren Versäumnissen<br />
der zurückliegenden elf Jahre, in denen Sie immerhin<br />
den zuständigen Minister gestellt haben.<br />
Dass es diese schwarz-gelbe Bundesregierung ist, die<br />
den lang angemahnten Reformbedarf beim Beschäftigtendatenschutz<br />
endlich anpackt, muss Ihnen nicht gefallen.<br />
Hätten Sie allerdings ein echtes Interesse an einem<br />
praxisgerechten Beschäftigtendatenschutz, der die Belange<br />
aller Beteiligten angemessen berücksichtigt, würden<br />
Sie endlich anfangen, sich konstruktiv in die Diskussion<br />
einzubringen, anstatt hier eine Nebelkerze nach der<br />
anderen zu zünden.<br />
Besonders interessant wird es allerdings, wenn man<br />
Ihren Gesetzentwurf aus dem Jahr 2009 mit dem jetzigen<br />
Antrag vergleicht. Erstes Bespiel: Datenerhebung im Bewerbungsverhältnis.<br />
Was in Ihrem Gesetzentwurf noch<br />
ausdrücklich für zulässig erachtet wurde, soll durch Ihren<br />
Antrag nun generell – das heißt ohne Ausnahme –<br />
verboten sein.<br />
Zweites Beispiel: Gesundheitsuntersuchungen im laufenden<br />
Beschäftigungsverhältnis; im Gesetzentwurf erlaubt,<br />
im Antrag nunmehr grundsätzlich verboten.<br />
Drittes Beispiel: internationaler Transfer von Beschäftigtendaten.<br />
Was im heute vorgelegten Antrag rundweg<br />
abgelehnt wird, sollte über den Gesetzentwurf noch ohne<br />
große Hürden – anders formuliert: unter Absenkung des<br />
geltenden Schutzniveaus – legitimiert werden.<br />
Diese Aufzählung ließe sich weiter fortführen. So<br />
geht man nicht mit diesem sensiblen Thema um und<br />
auch nicht mit den Betroffenen. Das ist nicht verlässlich.<br />
Sämtliche Forderungen, die Sie eigens aufgestellt hatten<br />
und von denen Sie jetzt nichts mehr wissen wollen, finden<br />
sich nahezu eins zu eins im Gesetzentwurf der Bundesregierung.<br />
Was Sie heute hier tun, ist nichts anderes<br />
als ein oppositionelles Spielchen. Werte Kolleginnen<br />
und Kollegen von der SPD, nur damit Sie mich nicht<br />
falsch verstehen: Ihr Gesetzentwurf vom November<br />
Petra Pau (DIE LINKE): Es ist höchste Zeit!<br />
Erstens. Wir reden wieder einmal über Datenschutz<br />
für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die erste Forderung<br />
nach einem expliziten Gesetz stammt übrigens<br />
aus dem Jahr 1984. Ein entsprechendes Gesetz aber gibt<br />
es immer noch nicht. Keine Partei, die seither regierte,<br />
hat sich besonders hervorgetan: nicht die CDU/CSU,<br />
nicht die SPD, nicht die FDP, nicht Bündnis 90/Die Grünen.<br />
Zweitens. Erst die gravierenden Datenschutzpannen<br />
und Überwachungsskandale der zurückliegenden Jahre