Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15427<br />
(A) gen sich auf etwa 10 Billionen Dollar beläuft, nicht zur raum einengenden Urteils des Bundesverfassungsgerich- (C)<br />
Kasse bittet, um den Schaden, den sie mit angerichtet hates als auch durch den Widerstand im Deutschen<br />
ben, zu beheben, vergibt die Chance auf Veränderung. <strong>Bundestag</strong> verbessert. Vor Ort ist es wichtig, dass die<br />
Ich kann im „Euro-Rettungsschirm“, so wie er ist, kei- Bürgerinnen und Bürger sehen, dass die CDU zwar solinen<br />
Sinn erkennen, der mehr als der Egoismus derer darisch hilft, aber klare Gegenleistungen fordert und<br />
wäre, die diese Zustände herbeigeführt haben. Deshalb<br />
stimme ich dagegen – für ein gerechtes, friedliches und<br />
eine uferlose Verschuldung nicht zulässt.<br />
solidarisches Europa!<br />
Gunther Krichbaum (CDU/CSU): Durch die heutige<br />
Änderung des StabMechG werden die Beteiligungs-<br />
Harald Koch (DIE LINKE): Ich habe heute gegen rechte des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es bei den Maßnahmen<br />
den erweiterten Rettungsschirm gestimmt, weil ich Ja zu zur Euro-Stabilisierung deutlich ausgeweitet. Dies ist<br />
einem sozialen und solidarischen Europa sage.<br />
uneingeschränkt zu begrüßen. Insbesondere ist hervor-<br />
Die Euro-Krise ist nur zu lösen, wenn man das<br />
Zockerkasino schließt, wenn man die Spekulanten und<br />
die staatlich gedeckte Finanzmafia an die Kette legt. Die<br />
Staaten müssen sich unabhängig von den Kapitalmärkzuheben,<br />
dass die Bundesregierung Beschlüssen, durch<br />
die die haushaltspolitische Gesamtverantwortung berührt<br />
wird, nur nach einem positiven Votum des Deutschen<br />
<strong>Bundestag</strong>es zustimmen darf.<br />
ten finanzieren können, über eine Bank für öffentliche<br />
Anleihen. Die Finanzmärkte müssen endlich streng reguliert<br />
werden, schädliche Finanzprodukte sind zu verbieten,<br />
und Banken gehören unter öffentliche Kontrolle.<br />
Verursacher und Profiteure der Krise muss man stattdessen<br />
zur Kasse bitten: durch eine EU-weite Vermögensabgabe<br />
für Reiche und Superreiche, durch eine Finanztransaktionsteuer<br />
und durch eine Beteiligung großer<br />
privater Gläubiger. Den Ländern, die Gelder aus dem<br />
Rettungsfonds erhalten, wird in Wirklichkeit ein Rettungsring<br />
aus Blei zugeworfen. Die ökonomisch unsinnigen<br />
und sozial ungerechten Kürzungsprogramme treiben<br />
diese Länder in die Rezession.<br />
Die Struktur der gefundenen Beteiligung kann allerdings<br />
nicht zufriedenstellen. Zum einen ist es unbefriedigend,<br />
dass sich das nach § 3 Abs. 3 StabMechG zu bildende<br />
Gremium zur Beschlussfassung in eilbedürftigen<br />
oder vertraulichen Fällen ausschließlich aus Mitgliedern<br />
des Haushaltsausschusses zusammensetzt. Hier wäre ein<br />
breiter aufgestelltes Gremium wünschenswert gewesen.<br />
Zum anderen hätte eine Aufnahme des bewährten Instruments<br />
der Mitberatung durch weitere Ausschüsse des<br />
Deutschen <strong>Bundestag</strong>es in § 4 StabMechG die Möglichkeit<br />
geboten, die fachliche Expertise des gesamten Hauses<br />
einzubinden.<br />
(B)<br />
Fest steht: Die Krise kann und darf nicht auf dem Rücken<br />
der Beschäftigten und sozial Benachteiligten Europas<br />
gelöst werden.<br />
Daher darf die jetzt gefundene Regelung kein Präjudiz<br />
für die Beteiligungsstruktur des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es<br />
im Zustimmungsgesetz für den dauerhaften Stabilisierungsmechanismus<br />
ESM sein.<br />
(D)<br />
Manfred Kolbe (CDU/CSU): Ich stimme heute gegen<br />
das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme<br />
von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen<br />
Stabilisierungsmechanismus auf <strong>Bundestag</strong>sdrucksache<br />
17/6916, weil die bisherige Rettungsschirmpolitik nicht<br />
funktioniert hat. Im Monatsrhythmus beschließen wir<br />
neue Rettungsschirme, garantieren Hunderte von Milliarden,<br />
und Griechenland geht es dennoch immer<br />
schlechter. Tatsächlich finanzieren wir mit den Rettungsschirmen<br />
die hohen Zinsen an Banken und Hedgefonds,<br />
nicht aber Griechenland. Für Griechenland brauchen wir<br />
eine Umschuldung, das heißt, die Gläubigerbanken müssen<br />
auf mindestens 50 Prozent ihrer Forderungen verzichten,<br />
damit das Land wieder eine echte Chance hat.<br />
Wir brauchen in Europa eine Politik der finanziellen<br />
Eigenverantwortung und keine Anleiheankäufe durch<br />
die EZB oder gar Euro-Bonds, für die alle gesamtschuldnerisch<br />
haften. Das einziger wirksame Druckmittel,<br />
überschuldete Staaten zur Konsolidierung zu zwingen,<br />
sind steigende Marktzinsen, wie bei Berlusconi jüngst<br />
erlebt. Eine gesamtschuldnerische Schuldenhaftung gibt<br />
es nicht einmal unter den Bundesländern, den Kommunen<br />
eines Landkreises oder Geschwistern. Nur ein finanziell<br />
solides Europa kann in der Welt mitreden.<br />
Meiner Meinung nach stärken Neinstimmen aus der<br />
CDU die Bundeskanzlerin. Ihre internationale Verhandlungsposition<br />
hat sich, sowohl aufgrund des ihren Spiel-<br />
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Die Ausmaße<br />
der Schuldenkrise sind immens. Der Euro-Raum ist<br />
durch einige Mitgliedstaaten in eine bedrohliche Schieflage<br />
geraten. Daran hat Deutschland unter der damaligen<br />
Regierung aus SPD und Grünen erheblichen Anteil,<br />
wenn sie nicht gar eine wesentliche Ursache für die Probleme<br />
sind. Es rächt sich bitterböse, dass die Regierung<br />
Schröder/Fischer in unverantwortlicher Weise den<br />
Maastricht-Vertrag aufweichte und Griechenland den<br />
Weg in den Euro frei machte.<br />
Es ist erschütternd, dass erst 2010, ein halbes Jahr<br />
nach dem Regierungswechsel, das dramatische Ausmaß<br />
in Griechenland bekannt wurde. Die Frage stellt sich,<br />
warum frühere Bundesfinanzminister über die Vorgänge<br />
und Zustände nicht informiert waren oder – viel wahrscheinlicher<br />
– die Öffentlichkeit bzw. das Parlament<br />
nicht informiert haben. Es ist schwer nachvollziehbar,<br />
warum die Bundesfinanzminister Hans Eichel und Peer<br />
Steinbrück entweder kein Wissen über die Zahlungsschwierigkeiten<br />
hatten oder vielmehr ihr Wissen der Öffentlichkeit<br />
vorenthielten.<br />
Nicht nur die Ursachen der jetzigen Krise gehen zu<br />
einem gehörigen Teil auf das Konto von SPD und Grünen,<br />
sondern auch die verschleppte und vernachlässigte<br />
Prüfung seit der Griechenland-Aufnahme in den Euro-<br />
Raum. Es ist unerhört, dass die Schuld, die die damals