Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15359<br />
(A)<br />
Jürgen Klimke<br />
Die sri-lankische Regierung muss sich neben der In- zusammenzuarbeiten sowie die Genfer Konvention ein- (C)<br />
tegration der tamilischen Bevölkerung auch noch stärzuhalten.ker für den tatsächlichen Erhalt grundsätzlicher Menschenrechte<br />
einsetzen, um international wieder mehr<br />
Anerkennung zu finden. Zurzeit werden in Sri Lanka<br />
Menschenrechte noch immer massiv missachtet. Es wird<br />
ein organisiertes „Verschwindenlassen“ von Menschen<br />
betrieben und die Todesstrafe bleibt weiterhin legal.<br />
Bis zur konkreten Umsetzung dieser Forderungen<br />
wird Deutschland die Aufstockung seiner Entwicklungshilfe<br />
für Sri Lanka weiterhin nicht vornehmen und Sri<br />
Lanka den Status als vollständiges Partnerland nicht zuerkennen.<br />
Neben dieser direkten Sanktion von deutscher<br />
Seite hat auch die Europäische Union die Handelsvor-<br />
Ausgesprochen problematisch ist auch die Lage der teile für Sri Lanka suspendiert, um die Einhaltung der<br />
Witwen der ehemaligen LTTE-Kämpfer im Norden und Menschenrechte einzufordern. Ich unterstütze diese<br />
Osten des Landes. Diese leiden nicht nur unter grundle- Maßnahmen, bilden sie doch einen Hebel, um Verbessegenden<br />
Problemen wie dem Mangel an einer Unterkunft, rungen herbeizuführen. Vielleicht haben sie sogar Ein-<br />
sondern auch unter gesellschaftlicher Ausgrenzung. Dafluss auf die jetzt erfolgte Aufhebung der Notstandsgerüber<br />
hinaus ist es ihnen aufgrund ihrer katastrophalen setze gehabt.<br />
Situation unmöglich, ihr Leben in die eigenen Hände zu<br />
nehmen. In ihrer Verzweiflung sehen viele nur einen<br />
Ausweg in der Prostitution; die Selbstmordrate unter ihnen<br />
ist offenbar ebenfalls besorgniserregend hoch. Um<br />
die Lage dieser Witwen nachhaltig zu verbessern ist daher<br />
offensichtlich auch die Unterstützung durch psychologische<br />
Hilfe gefragt. Dies wird von der Regierung allerdings<br />
bislang nicht akzeptiert. Bisher hat die<br />
Trotzdem ist es wichtig, die Arbeit mit Sri Lanka auf<br />
anderer Ebene fortzusetzen. In diesem Zusammenhang<br />
möchte ich ausdrücklich die intensive Arbeit der deutschen<br />
Botschaft in Colombo loben und auf das Engagement<br />
der Helmut-Kohl-Stiftung für ein deutsches Krankenhaus<br />
verweisen, das wahrscheinlich von der KfW<br />
gefördert wird.<br />
Regierung auch keinerlei Vorkehrungen bezüglich der Uns ist bewusst, dass neben diesen unmittelbaren<br />
finanziellen Unterstützung der Witwen getroffen. Ledig- Maßnahmen zur Verbesserung der humanitären Situalich<br />
Nichtregierungsorganisationen und Kirchen helfen. tion auch die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage<br />
Ein weiteres Thema ist die unzureichende Gesundheitssituation<br />
in den tamilischen Gebieten. Das ist sie<br />
nicht nur, weil die Versorgung vor Ort insgesamt noch<br />
verbesserungswürdig wäre, sondern vor allem auch,<br />
weil die zuständigen Ärzte oft nicht die Sprache der Be-<br />
von großer Wichtigkeit ist. Nicht zu unterschätzen ist dabei<br />
der Einfluss Chinas und Indiens, zweier Länder, die<br />
unter anderem bei der Finanzierung von Behausungen<br />
eine große Rolle spielen. China unterstützt darüber hinaus<br />
auch die Infrastruktur des Landes.<br />
(B)<br />
völkerung sprechen können. Sie werden von der Regierung<br />
in die tamilischen Gebiete geschickt, ohne vorher<br />
Äußerst relevant ist dabei neben der schnellstmöglichen<br />
Schaffung von Erwerbsmöglichkeiten auch die Be-<br />
(D)<br />
deren Sprache zu erlernen.<br />
reitstellung von Wohnraum. Die Errichtung von dauer-<br />
Neben diesen Fragen der wirtschaftlichen und sozialen<br />
Rechte gibt es aber auch noch erhebliche Defizite bei<br />
Freiheits- und Bürgerrechten:<br />
haften Behausungen ist insbesondere angesichts der<br />
anstehenden Monsunzeit von elementarer Bedeutung.<br />
Bislang sind dies neben der schlechten Versorgungslage<br />
der rückgesiedelten Bevölkerung die größten Probleme.<br />
Menschenrechtsverteidiger und Journalisten, welche Darüber hinaus bekommen Familien, die keinen Land-<br />
die Situation kritisch beobachten und bewerten, werden besitz nachweisen können, bislang von der Regierung<br />
zunehmend bedroht und unter Druck gesetzt. Die Ver- nur wenig Unterstützung. Die Frage des Landbesitzes<br />
brechen der Kriegsparteien bleiben straflos und die Re- muss daher umgehend geklärt werden, damit die vergierung<br />
lehnt unabhängige Untersuchungen dieser Verbliebenen Menschen aus den Lagern entlassen und sich<br />
brechen durch UN-Experten ab. Wir wissen, dass zum nach der langen Zeit des Bürgerkriegs endlich wieder<br />
Beispiel die Bedingungen in den „Sonderlagern“, in de- eine Existenz aufbauen können. Eine mögliche Maßnen<br />
die mutmaßlichen LTTE-Kämpfer inhaftiert sind, nahme wäre auch hier die Einführung von Mikrokredi-<br />
katastrophal und unmenschlich sind und dringend huten, da der Regierung und der Bevölkerung das Geld<br />
manitäre Hilfe vonnöten wäre. Es ist uns aber schlicht- fehlt, die Situation der Menschen nachhaltig zu verbesweg<br />
unmöglich, diese Hilfe zu leisten, da die sri-lankisern.sche Regierung internationalen Hilfsorganisationen wie<br />
zum Beispiel dem Roten Kreuz den Zutritt noch immer<br />
verweigert.<br />
Eine Schlüsselrolle könnte bei der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung auch der Tourismus einnehmen. Sri Lanka<br />
ist eine bekannte Tourismusdestination, die unter ande-<br />
Vonseiten der UN und Deutschlands werden diese rem auch bei deutschen Urlaubern sehr beliebt ist. Der<br />
Menschenrechtsverletzungen scharf verurteilt. Ich for- Tourismus bietet die Möglichkeit, mit relativ geringen<br />
dere deshalb ausdrücklich, dass Menschenrechtsbeob- Voraussetzungen und überschaubaren Investitionen<br />
achter und Journalisten endlich Zugang zu den tamili- nachhaltig Arbeitsplätze zu schaffen und im Umfeld des<br />
schen Gebieten und den Lagern bekommen, damit die Tourismus Wertschöpfungsketten aufzubauen. Bisher<br />
internationale Gemeinschaft sich ein genaues Bild der wächst der Tourismus jedoch vor allem im Osten und so<br />
Lage machen und den Betroffenen in einem zweiten gut wie gar nicht im von vorwiegend von Tamilen be-<br />
Schritt dann auch endlich humanitäre Hilfe zukommen wohnten Norden, obwohl es auch hier gute Vorausset-<br />
lassen kann. Wir appellieren daher an die sri-lankische zungen für eine touristische Entwicklung gibt. Die<br />
Regierung, in Zukunft eng mit den Vereinten Nationen Chancen werden auch von Vertretern der Tamilen selbst<br />
Zu Protokoll gegebene Reden