Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15248 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A)<br />
Klaus Barthel<br />
Niedriglöhner, der Rentner und in den öffentlichen sagen: ein dunkeldunkelrotes – Bild des deutschen Ar- (C)<br />
Haushalten besser aufgehoben gewesen.<br />
beitsmarktes gezeichnet.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Es gibt<br />
DIE GRÜNEN)<br />
keinen Übergang von dunkelrot zu tief-<br />
All das hat erhebliche Auswirkungen auf die Tarifabschlüsse<br />
und auf die Kampfkraft der Gewerkschaften.<br />
schwarz!)<br />
Gott sei Dank sieht die Realität anders aus.<br />
Erst wenn wieder Recht, Ordnung, Anstand und Würde<br />
durchgesetzt sind, erst wenn endlich die sachgrundlose<br />
Befristung abgeschafft, Leiharbeit neu geregelt und der<br />
Mindestlohn gesetzlich durchgesetzt ist, kann es mit den<br />
Löhnen wieder bergauf gehen. Erst wenn es mit den<br />
Die Bundesagentur hat heute die Zahlen für den Monat<br />
September bekannt gegeben. Das ist wirklich eine<br />
einzigartige Erfolgsstory, die auch in diesem Monat fortgeschrieben<br />
worden ist.<br />
Löhnen wieder bergauf geht, wird auch die Binnennach- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU –<br />
frage wieder steigen. Dann werden die Ursachen der Fi- Klaus Barthel [SPD]: Und das alles wegen der<br />
nanz- und Wirtschaftskrise bekämpft, und erst dann kön- Befristungen, oder?)<br />
nen wir die Schuldenberge abbauen. So herum wird ein<br />
Schuh draus.<br />
Wir haben jetzt weniger als 2,8 Millionen Arbeitslose. Das<br />
sind 141 000 weniger als im Vormonat und 231 000 weni-<br />
(Beifall bei der SPD – Dr. Matthias Zimmer ger als noch vor einem Jahr. Das heißt, 231 000 Menschen<br />
[CDU/CSU]: Erst produziert ihr was, dann weniger sind arbeitslos. Das sind 231 000 Menschen mehr,<br />
muss es wieder abgeschafft werden!)<br />
die einen Arbeitsplatz haben, denen die Teilhabe am Er-<br />
Allen, die heute das Lied von Flexibilisierung und<br />
Wettbewerbsfähigkeit singen – auch Sie haben das ja gewerbsleben<br />
ermöglicht wird, und zwar dank der Politik<br />
dieser schwarz-gelben Bundesregierung.<br />
tan –,<br />
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der<br />
(B)<br />
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Das haben<br />
wir von euch gelernt!)<br />
möchte ich Folgendes sagen: Sie verwehren den Menschen<br />
nicht nur einen sicheren Arbeitsplatz, sondern Sie<br />
erweisen auch der Wirtschaft einen Bärendienst. Die<br />
Zahl der psychischen Erkrankungen nimmt zu, und die<br />
Arbeitswelt wird, so sagt die IG Metall jetzt, immer<br />
mehr zu einer „Gefahrenzone“ für die Beschäftigten.<br />
Herr Zimmer, Sie haben es doch eben selber am<br />
Schluss zugegeben. Das sind genau die Sonntagsreden,<br />
in denen beklagt wird, dass die jungen Leute nicht mehr<br />
verwurzelt sind, keine Familie mehr gründen und nicht<br />
mehr ehrenamtlich tätig sind. Dann müssen Sie aber<br />
auch endlich die Konsequenzen daraus ziehen und auf<br />
dem Arbeitsmarkt wieder Recht und Ordnung schaffen.<br />
Sie würden einen guten Anfang machen, wenn Sie Ihren<br />
Koalitionsvertrag, zumindest in diesem Punkt, in die<br />
CDU/CSU – Klaus Barthel [SPD]: Durch befristete<br />
Arbeitsverhältnisse!)<br />
Wir haben 41,3 Millionen Erwerbstätige. Das sind<br />
515 000 mehr als im August des Vorjahres. Wir haben<br />
28,36 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.<br />
Das sind 672 000 mehr als noch vor<br />
einem Jahr. Das ist ein unglaublicher Anstieg, den wir zu<br />
verzeichnen haben.<br />
Das führt übrigens nicht nur dazu, dass sich die Steuerkassen<br />
füllen, sondern auch dazu, dass sich die Lage<br />
der Sozialversicherungen stabilisiert, Herr Kollege<br />
Barthel. Das gilt zum Beispiel für die Kasse der Bundesagentur<br />
für Arbeit in Nürnberg. Deswegen vergießen Sie<br />
sicherlich keine Krokodilstränen, was im Übrigen das<br />
Leitmotiv Ihrer Rede war.<br />
(Klaus Barthel [SPD]: Und dann braucht sie 12 Milliarden<br />
Subventionen für Aufstocker!)<br />
(D)<br />
Tonne schmeißen und die sachgrundlose Befristung endlich<br />
wieder abschaffen würden, anstatt zuzuschauen, wie<br />
das Bundesarbeitsgericht die Möglichkeiten dafür immer<br />
mehr erweitert.<br />
Warum sind diese Erfolge möglich? Weil wir nicht<br />
wie Sie unsere Meinung geändert haben. Als Sie regiert<br />
haben, haben Sie das noch anders gesehen. Man muss<br />
das ja hier einmal laut sagen: Das Teilzeit- und Befris-<br />
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
tungsgesetz ist in der heutigen Fassung von Rot-Grün<br />
verabschiedet worden. Damals haben Sie das Hohelied<br />
der Flexibilität gesungen, und heute wollen Sie mit alldem<br />
nichts mehr zu tun haben. So geht das nicht. Wir<br />
stehen weiter für Flexibilität.<br />
(Beifall der Abg. Gitta Connemann [CDU/<br />
CSU])<br />
Vizepräsident Eduard Oswald:<br />
Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner in unserer<br />
Debatte ist für die Fraktion der FDP unser Kollege<br />
Dr. Heinrich Kolb. Bitte schön, Kollege Heinrich Kolb.<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):<br />
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der<br />
Kollege Barthel hat ein tiefschwarzes – man könnte auch<br />
Wir halten das für richtig, und der Erfolg gibt uns recht.<br />
Die Hälfte der entstandenen Stellen sind unbefristete<br />
Vollzeitstellen; die Hälfte der Beschäftigungsverhältnisse<br />
sind befristet. Ein Viertel, also die Hälfte der<br />
Hälfte, ist sachgrundlos befristet. Die SPD sagt: Wir<br />
wollen auf die sachgrundlose Befristung verzichten. Die<br />
Linken sagen: Wir wollen überhaupt keine Befristung