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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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(B)<br />

15436 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />

(A) Garantien nur. Dieses Vorgehen verhindert das notwenschafts- und Sozialpolitik setzt, die diesen Namen ver- (C)<br />

dige Umdenken in der gesamten Euro-Zone. Der Kapidient und den Ursachen der Krise grundlegend entgegentalmarkt<br />

wird sich nicht disziplinieren, wenn er weiß, wirkt. Die Vorschläge der Bundesregierung sind dazu<br />

dass jedes Land stets gerettet wird. Ein Rettungsschirm<br />

darf daher nur zwei Auswege kennen: erfolgreiche Sa-<br />

gänzlich ungeeignet.<br />

nierung oder Insolvenz. Die Insolvenz Griechenlands ist<br />

faktisch sogar schon im Gange.<br />

Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Der Euro ist unsere<br />

gemeinsame Währung. Seine Stabilität zu sichern,<br />

Sollte für eine erfolgreiche Sanierung Griechenlands liegt im deutschen und europäischen Interesse. Gerade<br />

ein Schuldenschnitt unvermeidlich sein, muss ein Ret- unser Land als Exportnation profitiert von einem stabitungsschirm<br />

die Kapitalisierung der Banken sicherstellen Euro. Die Europäische Union gewinnt durch die Gelen,<br />

um Ansteckungsgefahren zu minimieren. Um diese meinschaftswährung an internationalem Gewicht. Die<br />

Kapitalisierung zu gewährleisten, ist allerdings heute<br />

schon absehbar, dass der Umfang des EFSF zu klein ist.<br />

Für meine heutige Abstimmung ist aber maßgeblich,<br />

dass wir besser einen Rettungsschirm haben, der<br />

440 Milliarden Euro aktivieren kann, als gar keinen Ret-<br />

gegenwärtige Schuldenkrise einzelner Euro-Staaten<br />

muss daher so bekämpft werden, dass die Europäische<br />

Wirtschafts- und Währungsunion als Ganzes gestärkt daraus<br />

hervorgehen kann.<br />

tungsschirm; denn nach meiner Meinung wird die grie- Vor diesem Hintergrund ist es nicht gegen die eurochische<br />

Umschuldung sehr zeitnah kommen.<br />

päische Integration gerichtet, wenn ich der Aufstockung<br />

Mit meiner Zustimmung zur Ertüchtigung des EFSF<br />

möchte ich den Weg eröffnen, dass wir zügig über die<br />

richtige Konstruktion des ESM nachdenken. Nur durch<br />

ein geschlossenes Auftreten des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es<br />

haben wir die nötige Durchsetzungskraft, in Europa für<br />

unsere Position der Stabilität zu werben. Aus diesem<br />

Grund stimme ich der Ertüchtigung des EFSF trotz der<br />

aufgeführten Bedenken und großer Sorge um Europa zu.<br />

und Erweiterung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität<br />

nicht zustimmen kann. Im Gegenteil: Eine<br />

Gefährdung des Integrationsprojekts ist dann zu befürchten,<br />

wenn die Bemühungen zur Stabilisierung des Euro<br />

nicht den erhofften Erfolg zeitigen, weil dadurch das<br />

Vertrauen in die Staaten der Euro-Zone geschwächt<br />

würde. Schon heute ist absehbar, dass die Europäische<br />

Finanzstabilisierungsfazilität auch nach der Änderung<br />

des Rahmenvertrags nicht ausreichend wirksam sein<br />

kann, um die Euro-Zone zu stabilisieren. Es muss daher<br />

alles daran gesetzt werden, dauerhaft tragfähige Lösungen<br />

für die europäische Staatsschuldenkrise zu entwickeln.<br />

Raju Sharma (DIE LINKE): Ich habe dem Euro-Rettungsschirm<br />

EFSF heute meine Zustimmung verweigert,<br />

denn er stellt keine sinnvolle Lösung zur dauerhaften<br />

Beseitigung der Euro-Krise dar. Stattdessen ist der Euro-<br />

Schutzschirm eine Maßnahme, die dem privaten Bankensektor<br />

einseitig Vorteile zulasten aller Bürgerinnen<br />

und Bürger zukommen lässt.<br />

Deutsche Banken gehören zu den größten Gläubigern<br />

der Mitgliedstaaten der Union, bei denen Zahlungsschwierigkeiten<br />

bestehen oder erwartet werden. Im Falle<br />

Griechenlands sind es 23 Milliarden Euro, die deutsche<br />

Banken an Forderungen in den Büchern stehen haben.<br />

Im Falle Portugals sind es 34 Milliarden Euro. Nachdem<br />

diese Banken jahrzehntelang gute Gewinne mit Staatsanleihen<br />

gemacht haben, sollen nun – geht es nach der<br />

Bundesregierung – die Bürgerinnen und Bürger für das<br />

Kreditrisiko der Banken haften. Dabei haben die Banken<br />

ihre Praxis weder nach dem Platzen der Dotcom-Blase<br />

vor zehn Jahren noch nach der Erfahrung Finanzkrise<br />

des Jahres 2009 geändert. Sie zocken an den Börsen und<br />

belohnen kurzfristige Profite mit hohen Boni. Den Steuerzahlerinnen<br />

und Steuerzahlern darf diese Haftung<br />

nicht aufgebürdet werden.<br />

Die Bundesregierung setzte unabhängig davon, ob sie<br />

von Union, FDP, SPD oder Grünen gebildet wurde, darauf,<br />

Märkte radikal zu deregulieren und nahm die Risiken<br />

billigend in Kauf. Während die Gewinne in privater<br />

Hand blieben, mussten und müssen Verluste von der Allgemeinheit<br />

getragen werden. Wir müssen dieses Schema<br />

endlich durchbrechen und für eine Stärkung der Europäischen<br />

Idee streiten, die ein gemeinsames Europa nicht<br />

als Spielplatz ohne Regeln für die Finanzwirtschaft<br />

sieht, sondern vielmehr auf eine gemeinsame Wirt-<br />

Mit der Errichtung der Wirtschafts- und Währungsunion<br />

wurden die Grundlagen für die Geldwertstabilität<br />

des Euro gelegt: der Stabilitäts- und Wachstumspakt, die<br />

Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank und das<br />

Verbot der Schuldenübernahme. Doch wie vielfache,<br />

stets sanktionslose Verstöße gegen den Stabilitäts- und<br />

Wachstumspakt zeigen, haben die Euro-Staaten die vorhandenen<br />

Instrumente zur Koordinierung der Wirtschaftsund<br />

Finanzpolitik – unter deutscher Mitwirkung – ausgehöhlt.<br />

Im Zuge der Schuldenkrise hat die Europäische<br />

Zentralbank durch den Ankauf von Staatsanleihen auf<br />

dem Sekundärmarkt ihre geldpolitischen Kompetenzen<br />

weit überdehnt und den Weg zur Vergemeinschaftung<br />

nationaler Schulden beschritten. Mit der Übernahme von<br />

Gewährleistungen für verschuldete Staaten haben die<br />

Euro-Mitglieder die Sozialisierung privater Verluste in<br />

Kauf genommen und das Verbot der Schuldenübernahme<br />

de facto ausgehebelt.<br />

Dennoch wende ich mich nicht generell gegen Finanzhilfen.<br />

Dem ersten Hilfsprogramm für Griechenland habe<br />

ich ebenso zugestimmt wie der Errichtung der Europäischen<br />

Finanzstabilisierungsfazilität als befristetem Rettungsschirm.<br />

In Notfällen können Finanzhilfen durchaus<br />

dazu beitragen, die Stabilität der Euro-Zone als Ganzes zu<br />

wahren, sofern sie als letztes Mittel – Ultima Ratio – unter<br />

strikten Auflagen und zeitlich befristet gewährt werden.<br />

Der dadurch erkaufte Zeitgewinn muss jedoch genutzt<br />

werden – können –, um die Ursachen der Schuldenkrise<br />

zu beheben, also um die Staatsverschuldung abzubauen<br />

(D)

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