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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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Serkan Tören<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15367<br />

(A) Im Rahmen der Beratungen haben Bündnis 90/Die Uns lagen während der Beratung im Innenausschuss (C)<br />

Grünen zwei Änderungsanträge eingebracht. Im ersten einige diesbezügliche Petitionen vor. Die Probleme der<br />

Änderungsantrag geht es um die Streichung von notwen- meisten Petenten können durch die vorgeschlagenen Gedigen<br />

Grundkenntnissen der deutschen Sprache vor der setzesänderungen gelöst werden. Aber insgesamt ist die<br />

Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland. Im Regelung nicht weitgehend genug. Schon in der Geset-<br />

gleichen Antrag wird die Berücksichtigung von Familizesbegründung ist davon die Rede, dass wohl nur die<br />

enangehörigen von Spätaussiedlern gefordert, die nicht Hälfte aller Härtefälle so gelöst werden kann. Denn<br />

mehr im Aussiedlungsgebiet wohnhaft sind. Die gefor- selbst bei der Härtefallregelung hält die Bundesregiederte<br />

Streichung der Grundkenntnisse der deutschen rung daran fest, dass die potenziellen Nachzügler<br />

Sprache wird die Integration von Spätaussiedlern sehr Deutschkenntnisse nachweisen müssen. Das steht dem<br />

erschweren und ist somit abzulehnen. Genauso ist die Gedanken einer Härtefallregelung diametral entgegen:<br />

von Bündnis 90/Die Grünen geforderte Ausweitung der Ein Härtefall ist ja von der Definition her ein Fall, in<br />

Härtefallregelung auf Familienangehörige abzulehnen, dem die betroffenen Menschen in einer humanitären<br />

die nicht mehr im Aussiedlungsgebiet wohnhaft sind. oder wirtschaftlichen Notlage sind. Da kann man nicht<br />

Eine solche Ausweitung ist aus meiner Sicht mit dem einfach Dienst nach Vorschrift machen und an sämtli-<br />

Charakter einer Härtefallregelung bzw. Ausnahmeregechen Ausschlusstatbeständen des Bundesvertriebenenlung<br />

nicht vereinbar.<br />

gesetzes festhalten. Richtig wäre es, diesen Menschen<br />

Was den zweiten Antrag von Bündnis 90/Die Grünen<br />

im Hinblick auf Lebenspartnerschaften angeht, möchte<br />

ich Folgendes erwidern. Leider ist von Ihrer Seite kein<br />

nach ihrer Ankunft umfassende Angebote zum Spracherwerb<br />

zu machen, falsch ist es aber, Deutschkenntnisse<br />

zur Vorbedingung ihrer Einreise zu machen.<br />

einziger Fall vorgetragen worden, bei dem sich diesbe- Ganz grundsätzlich gelten unsere Bedenken gegen<br />

züglich ein Problem ergeben hat. Dies wäre hilfreich ge- die fortbestehende aufenthaltsrechtliche Privilegierung<br />

wesen, um zu sehen, inwieweit hier tatsächlich ein der sogenannten Spätaussiedler weiter. Wir können kei-<br />

Handlungsbedarf besteht. Meiner Ansicht nach ist dienen triftigen Grund dafür erkennen, dass Menschen, deser<br />

zweite Änderungsantrag ein reiner Symbolantrag. Er ren Vorfahren zum Teil vor Jahrhunderten aus Deutsch-<br />

bringt uns und die Spätaussiedler keinen einzigen land nach Russland ausgewandert sind, bessergestellt<br />

Schritt weiter. Er ist daher ebenso wie der erste Ände- sein sollen als die Nachfolger nichtdeutscher Migranrungsantrag<br />

abzulehnen.<br />

ten, die in der zweiten oder dritten Generation in<br />

(B)<br />

Lassen Sie uns die wahren Probleme der Spätaussiedler<br />

anpacken, und stimmen Sie für den Antrag der Bundesregierung.<br />

Deutschland leben. Die Linke setzt auf soziale Aspekte,<br />

nicht auf völkische. Wir halten daher an unserer schon<br />

in früheren Debatten erhobenen Forderung fest, endlich<br />

die spezialgesetzlichen Regelungen für die Nachkommen<br />

der Deutschen in den Ländern Osteuropas aufzugeben<br />

und sie in den Geltungsbereich des normalen Aufenthalts-<br />

und Staatsangehörigkeitsrechts zu überführen.<br />

(D)<br />

Ulla Jelpke (DIE LINKE):<br />

Die Absicht der Bundesregierung, Härtefallregelungen<br />

für die Familien von Spätaussiedlern einzuführen,<br />

ist im Grundsatz richtig – die Regierung selbst will sie<br />

allerdings nur halbherzig umsetzen.<br />

Wer als Spätaussiedler in die Bundesrepublik übersiedelte,<br />

der musste bislang seine engsten Verwandten in<br />

den sogenannten Aussiedlungsgebieten, also in Russland,<br />

vor die Wahl stellen: Entweder ihr kommt mit mir,<br />

und zwar jetzt sofort, oder die Familie bleibt für immer<br />

getrennt. – Denn es war nicht möglich, Familienangehörige,<br />

die selbst nicht als Deutsche im Sinne des Grundgesetzes<br />

galten, nachträglich in den Aufnahmebescheid<br />

für die Spätaussiedler aufzunehmen. Das hat, wie man<br />

vorausahnen konnte, eine Reihe von Härtefällen produziert:<br />

Kinder, die nun ihre pflegebedürftigen Eltern oder<br />

Schwiegereltern unterstützen wollen, oder Eltern, die<br />

selbst auf Pflege ihrer Nachkommen angewiesen sind,<br />

genauso wie Geschwister usw., die nun doch zu ihren<br />

Verwandten in die Bundesrepublik ziehen wollen, denen<br />

eine Familienzusammenführung aber nicht mehr möglich<br />

ist. Das produziert im Einzelfall – die Bundesregierung<br />

erwartet rund 5 000 Härtefallanträge – humanitäre<br />

Probleme.<br />

Dem Lösungsansatz der Bundesregierung werden wir<br />

aber nicht unsere Stimme geben. Ich will kurz erläutern,<br />

warum sich die Linke bei der Abstimmung enthalten<br />

wird:<br />

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />

Es ist mir unverständlich, warum sich die Koalitionsfraktionen<br />

dauerhaft verweigern, homosexuellen Paaren<br />

jene Rechte einzuräumen, die sie sonst auf dem Umweg<br />

über Karlsruhe erhalten. Heute geht es bei der Änderung<br />

des Bundesvertriebenengesetzes nur um die Änderung<br />

von Art. 1, in den die eingetragene Lebenspartnerschaft<br />

aufgenommen werden soll.<br />

Mit dem am 1. August 2001 in Kraft getretenen Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

schufen wir für gleichgeschlechtliche<br />

Paare das neue familienrechtliche Institut<br />

der Eingetragenen Lebenspartnerschaft. Allerdings<br />

wurden eingetragene Lebenspartnerinnen beziehungsweise<br />

Lebenspartner in das Bundesvertriebenengesetz<br />

bislang nicht einbezogen.<br />

Diese Benachteiligung der eingetragenen Lebenspartnerschaften<br />

gegenüber Ehen wurde bisweilen damit<br />

gerechtfertigt, dass es dem Gesetzgeber wegen des verfassungsrechtlichen<br />

Schutzes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1<br />

GG nicht verwehrt sei, diese gegenüber anderen Lebensformen<br />

zu begünstigen.<br />

In seinem Beschluss vom 7. September 2009 hat das<br />

Bundesverfassungsgericht hingegen grundlegend entschieden,<br />

dass der bloße Verweis auf das Schutzgebot<br />

Zu Protokoll gegebene Reden

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