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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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(B)<br />

Jens Petermann<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15381<br />

(A) Die Initiatoren dieses Gesetzes gehen davon aus, dass Handelssachen sind nicht nur mit Berufsrichtern, son- (C)<br />

es durch die angeblich steigende Attraktivität des Gedern mit einem Richter und zwei ehrenamtlichen Richrichtsstandortes<br />

Deutschland zu einer Zunahme an Vertern aus dem Kaufmannsstand besetzt. Durch die Mifahren<br />

mit hohen Streitwerten kommen wird. Dabei werschung aus Fach- und Sachkompetenz erreichen wir<br />

den Gebühreneinnahmen erwartet, die die Kosten der eine hohe Qualität in der Entscheidungsfindung.<br />

Umstellung auf die englische Sprache bei weitem übersteigen.<br />

Das freut die Finanzminister der Länder. Aufgrund<br />

ihrer verfassungsmäßigen Verankerung im<br />

Grundgesetz darf die Justiz als dritte Gewalt des Staates<br />

nicht an finanziellen Interessen und Kostendeckung gemessen<br />

werden.<br />

Es wäre kein Novum, wenn in Deutschland in fremder<br />

Sprache nach deutschem Recht verhandelt würde. Vor<br />

Schiedsgerichten können die Parteien bereits die Sprache,<br />

in der das Verfahren geführt werden soll, vereinbaren.<br />

So werden vor Schiedsgerichten Verfahren in englischer<br />

Sprache geführt, die nach deutschem Recht<br />

entschieden werden. Die Freiheit der Sprachwahl trägt<br />

sicher zu der „Abwanderung“ von den Handelskammern<br />

an die Schiedsgerichte bei.<br />

Auch die Bundesregierung bemerkt in ihrer Stellungnahme<br />

zum vorliegenden Gesetzentwurf, dass sich im<br />

praktischen Vollzug erst noch erweisen müsse, ob für gerichtliche<br />

Verfahren dieser Art überhaupt ein tatsächlicher<br />

Bedarf bestehe. Diese Experimentierfreudigkeit ist<br />

völlig fehl am Platze. Letztlich bleibt festzuhalten, dass<br />

man die ohnehin äußerst begrenzten Mittel, die der Justiz<br />

zur Verfügung stehen, nicht durch solch unnötige und<br />

verfassungsrechtlich bedenkliche Maßnahmen weiter<br />

strapazieren sollte. Viel wichtiger wäre es, endlich die<br />

bestehenden Probleme anzupacken und das den Gerichten<br />

zur Verfügung stehende Personal deutlich aufzustocken.<br />

Nur so kann eine effektive Arbeit an den Gerichten<br />

weiterhin gewährleistet werden, und nur dann bleibt<br />

auch die in diesem Gesetzentwurf angeführte hohe internationale<br />

Anerkennung der deutschen Justiz erhalten.<br />

Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />

Mit der Zunahme des globalen Wirtschaftsverkehrs<br />

stellen sich auch im Handelsrecht neue Herausforderungen.<br />

Viele internationale Handelsverträge werden heute<br />

in englischer Sprache verfasst. Diese Vertragssprache<br />

ist ein Grund dafür, dass für Verträge häufig das angloamerikanische<br />

Recht gewählt und der Gerichtsstand im<br />

angloamerikanischen Raum begründet wird. So bewegen<br />

sich deutsche Unternehmen oft nicht mehr im deutschen<br />

Recht bzw. in der deutschen Gerichtsbarkeit,<br />

wenn sie ihre Ansprüche durchsetzen wollen. Dies<br />

schwächt den Gerichtsstandort Deutschland und die<br />

Stellung des deutschen Rechts im Weltmarkt.<br />

Der Bundesrat möchte mit seiner Gesetzesinitiative<br />

für bestimmte Rechtsstreitigkeiten die englische Sprache<br />

als Gerichtssprache in Deutschland einführen. Ermöglicht<br />

werden soll die Einrichtung von Kammern für internationale<br />

Handelssachen, die Handelssachen mit internationalem<br />

Bezug in englischer Sprache verhandeln<br />

können. Hierdurch will der Bundesrat die Attraktivität<br />

des Rechtsstandortes Deutschland und des deutschen<br />

materiellen Rechts steigern.<br />

In der Praxis wird es sich vermutlich um eine überschaubare<br />

Anzahl von Fällen handeln, die vor den Handelskammern<br />

für internationale Handelssachen ausgetragen<br />

werden. Diese Fälle können jedoch von hoher<br />

Bedeutsamkeit sein und so die Bedeutung deutschen<br />

Rechts fördern. Deshalb lohnt es sich, dass wir diese<br />

Gesetzesinitiative sorgfältig prüfen.<br />

Im deutschen Recht berücksichtigen wir bereits die<br />

Besonderheiten von Handelssachen. Die Kammern für<br />

Auch die deutsche Rechtswissenschaft hat sich schon<br />

lange auf einen internationalen Wettbewerb eingestellt.<br />

Es gibt englischsprachige Vorlesungen, Seminare und<br />

Studiengänge. Zahlreiche Studentinnen und Studenten<br />

verbringen einen Teil ihres Studiums im Ausland. Wir<br />

sollten nun auch unser deutsches Rechtssystem und unsere<br />

deutsche Rechtsordnung am internationalen Wettbewerb<br />

teilhaben lassen und als interessante Alternative<br />

zum angloamerikanischen Recht fördern.<br />

Uns Grünen ist neben der internationalen „Wettbewerbsfähigkeit“<br />

deutscher Gerichte aber auch wichtig,<br />

dass Deutsch als Gerichtssprache seine Bedeutung beibehält.<br />

Englisch soll nicht als generelle weitere Gerichtssprache<br />

eingeführt werden. Es soll auch keine<br />

Vermischung der Sprachen geben. Die Anwendung englischer<br />

Sprache soll auf die Fälle beschränkt werden, die<br />

vor den Kammern für internationale Handelssachen verhandelt<br />

werden. In den Verfahren muss es sich um eine<br />

Handelssache mit internationalem Bezug handeln, und<br />

die Parteien müssen zugestimmt haben, das Verfahren in<br />

englischer Sprache durchführen zu wollen. Niemandem<br />

soll aufgedrängt werden, in einer Fremdsprache zu verhandeln.<br />

Sollten alle Parteien des Rechtsstreits ausdrücklich<br />

erklären, dass sie eine Verhandlung in englischer<br />

Sprache bevorzugen, so soll ihnen dieser Weg nicht<br />

versperrt sein. In der Praxis wird sich dann noch erweisen<br />

müssen, wie sich in diesen Verfahren der Instanzenzug<br />

bis zum Bundesgerichtshof bewährt.<br />

Zusammenfassend begrüßen wir Grüne, dass der vorliegende<br />

Gesetzentwurf die Stärkung des deutschen<br />

Rechtssystems im globalen Wettbewerb zum Thema<br />

macht. Das ist auch uns ein wichtiges Anliegen. Der Gesetzentwurf<br />

geht daher in die richtige Richtung.<br />

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs<br />

auf Drucksache 17/2163 an die in der Tagesordnung<br />

aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Findet<br />

das Ihr Einverständnis? – Dann ist das so beschlossen.<br />

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:<br />

Beratung des Antrags der Abgeordneten Matthias<br />

W. Birkwald, Diana Golze, Dr. Martina Bunge,<br />

weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE<br />

LINKE<br />

(D)

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