Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15343<br />
(A)<br />
Dr. Peter Tauber<br />
Man darf Sie in diesem Zusammenhang fragen, wa- Dr. Peter Tauber (CDU/CSU):<br />
(C)<br />
rum Sie das, wenn das alles so ist, in sieben Regierungsjahren<br />
nicht geändert haben; denn Sie hatten mehrfach<br />
Gelegenheit dazu.<br />
(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE<br />
Nein, ich möchte keine Zwischenfrage zulassen.<br />
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Haben Sie<br />
Angst?)<br />
GRÜNEN]: Denken Sie mal an den Bundesrat!<br />
– Rüdiger Veit [SPD]: Ist Ihnen die Zusammensetzung<br />
des Bundesrates bekannt?)<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Sie wollen es nicht; gut.<br />
Aber geschehen ist an dieser Stelle nichts.<br />
Dr. Peter Tauber (CDU/CSU):<br />
Ich kann für unsere Fraktion sehr deutlich sagen: Wir<br />
sind der Auffassung, dass es die Aufgabe der Gesellschaft<br />
und des Rechtsstaats ist, den ungesteuerten Zuzug<br />
und den Aufenthalt von Ausländern, die keinen Aufenthaltstitel<br />
und keine Duldung besitzen und weder im Ausländerzentralregister<br />
noch sonst wie behördlich registriert<br />
sind, nicht zu akzeptieren.<br />
Nein, ich habe keine Angst. Ich will mich trotzdem an<br />
den Kollegen wenden, weil er vorhin mit tiefer Inbrunst<br />
an christliche Werte appelliert hat. Ich muss schon sagen:<br />
Was Sie da machen, ist ganz schön scheinheilig.<br />
Die CDU/CSU braucht von Menschen, die Kirchen nur<br />
in ihrer Funktion als Kulturdenkmäler besuchen, die<br />
aber ansonsten, wenn es um Christenverfolgung geht,<br />
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in<br />
Nürnberg hat sich in seinem Arbeitspapier „Illegalität<br />
nicht hörbar sind, keine Exegese der christlichen Lehre.<br />
Das sage ich Ihnen ganz deutlich an dieser Stelle.<br />
von Migranten in Deutschland“ mit den zentralen Problemen<br />
und Herausforderungen befasst, denen sich Migranten<br />
ausgesetzt sehen. Auf einen Punkt möchte ich<br />
ein bisschen näher eingehen, weil er in der Debatte eine<br />
Rolle gespielt hat und weil Sie auch hier ein verzerrtes<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –<br />
Aydan Özoğuz [SPD]: Aber die Leute für<br />
2 Euro arbeiten lassen! Das ist wohl christlich!)<br />
Bild der Wirklichkeit zeichnen. Es geht um diejenigen, – Von denjenigen, die das Christentum noch nicht ein-<br />
die für ihre Situation selbst wahrlich nichts können, mal aus dem Lehrbuch kennen, geschweige denn es le-<br />
nämlich um die Kinder und Jugendlichen, die sich illegal ben, brauchen wir keine Exegese der christlichen Lehre.<br />
in diesem Land aufhalten.<br />
Sie können gerne an Humanität und andere Dinge appel-<br />
Ein ganz wichtiger Punkt, wenn wir über die Verbeslieren;<br />
darüber können wir trefflich streiten.<br />
(B)<br />
serung der Lebenssituation dieser Kinder reden, ist natürlich<br />
der Zugang zu Bildung. Deswegen haben wir<br />
(René Röspel [SPD]: Lesen Sie mal Matthäus 7<br />
Vers 12!)<br />
(D)<br />
dafür gesorgt, dass Schulen sowie Bildungs- und Erziehungseinrichtungen<br />
von den bisher uneingeschränkt bestehenden<br />
aufenthaltsrechtlichen Übermittlungspflichten<br />
gegenüber den Ausländerbehörden ausgenommen wor-<br />
Aber diesen billigen Reflex lassen wir Ihnen nicht<br />
durchgehen. Da haben Sie noch eine Menge zu lernen,<br />
liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.<br />
den sind. Das heißt, die Kinder können zur Schule gehen<br />
und die Betreuungseinrichtungen in Anspruch nehmen.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der FDP – Michael Hartmann [Wackern-<br />
(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Wenn sie es bezahlen können!)<br />
heim] [SPD]: Lesen Sie mal, was die Bischofskonferenz<br />
zu dem Thema sagt!)<br />
Das entspricht der UN-Kinderrechtskonvention. Das haben<br />
wir klar geregelt. Aber Sie verneinen es, was nicht in<br />
Ordnung ist.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Kommen wir zum Problem zurück. Worum geht es im<br />
Kern des von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurfes? Der<br />
Vorschlag der Grünen ist letztendlich ein weiterer Versuch,<br />
im Sozial- und Arbeitsrecht einen unerlaubten<br />
Aufenthalt materiell abzusichern und damit zu verfesti-<br />
In der Tat ist es richtig: Die Kinder können nichts für<br />
gen.<br />
den Aufenthaltsrechtsverstoß ihrer Eltern. Auch da müssen<br />
Sie sich fragen lassen, warum Sie keine entsprechende<br />
Änderung in Ihrer Regierungszeit durchgeführt<br />
(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Quatsch!)<br />
haben.<br />
An dieser Stelle besteht ein großes Problem. Wenn Sie<br />
(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Weil der Bundesrat dagegen war!)<br />
die Forschung bemühen – wir reden da nicht über eine<br />
kleinere Gruppe, sondern über bis zu 1 Million Menschen,<br />
die sich illegal in Deutschland aufhalten –, dann<br />
Es bedurfte erst der schwarz-gelben Koalition und der<br />
von ihr getragenen Bundesregierung, um diesen Sachverhalt<br />
geradezurücken.<br />
können Sie erkennen, dass es für diese illegale Zuwanderung<br />
verschiedene Gründe gibt. Vor allem gibt es<br />
– das kann man menschlich vielleicht nachvollziehen –<br />
eine ökonomische Motivation, also den Wunsch, am<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Wohlstand teilzuhaben, und den Wunsch, frei zu leben.<br />
Herr Kollege Tauber, lassen Sie eine Zwischenfrage (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:<br />
des Kollegen Veit zu?<br />
Auch humanitär!)