31.12.2012 Aufrufe

Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15401<br />

(A)<br />

Martin Gerster<br />

schränkungen im E-Geld-Zahlungsverkehr diametral Und das sind unglaubliche Summen, um die es da (C)<br />

entgegenwirken.<br />

geht: Allein in Deutschland werden jährlich circa 30 bis<br />

Ähnlich schwierig erscheint mir die Idee der Bundesregierung,<br />

sämtlichen Unternehmen mit mehr als zehn<br />

Mitarbeitern regulär die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten<br />

vorzuschreiben. Zwar sollen großzügig<br />

ausgelegte Ausnahmeregelungen dafür sorgen, dass<br />

letzten Endes lediglich rund 1 000 Unternehmen tatsächlich<br />

aktiv werden müssen. Aber der Normenkontrollrat<br />

hat hier bereits Zweifel angemeldet, ob die faktischen<br />

Auswirkungen der Regelung nicht weit über die<br />

Schätzungen des Entwurfs hinausgehen.<br />

100 Milliarden Euro an kriminellen Geldern gewaschen.<br />

Weltweit geht es nach Schätzungen des IWF sogar um<br />

jährlich circa 590 bis 1 500 Milliarden Euro.<br />

Um dies international einzudämmen, wurde die Financial<br />

Action Task Force on Money Laundering, FATF,<br />

gegründet. Diese bei der OECD angesiedelte Organisation,<br />

deren Gründungsmitglied Deutschland ist, entwickelt<br />

Standards, überprüft deren Einhaltung und spricht<br />

dazu Empfehlungen aus, zu deren Einhaltung sich die<br />

36 Mitgliedsländer verpflichtet haben.<br />

Schließlich wird auch zu hinterfragen sein, wie praxistauglich<br />

die im Gesetzestext vorgesehenen erweiterten<br />

Pflichten im Umgang mit sogenannten politisch exponierten<br />

Personen – PEP – und zur Identifizierung von<br />

„Strohmannkonstruktionen“ zugunsten von „wirtschaftlich<br />

Berechtigten“ im Hintergrund sind. So wünschenswert<br />

es ist, hier kriminelle Strukturen aufzudecken, so<br />

schwierig könnte sich die Anwendung der Vorgaben im<br />

Geschäftsalltag der erweiterten Verpflichtetenkreise gestalten.<br />

Auch hier ist zu begrüßen, dass der Normenkontrollrat<br />

in seiner Stellungnahme eine rasche Evaluation<br />

der Gesetzespraxis anregt.<br />

Nun hat die FATF Deutschland Missstände bescheinigt,<br />

die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beseitigt<br />

werden. Es bestehen wohl Defizite in Bezug auf die Beaufsichtigung<br />

von Unternehmen wie Immobilienmaklern,<br />

Versicherungsvermittlern, Juwelieren, Finanzunternehmern,<br />

Spielbanken sowie Personen, die gewerblich<br />

mit Gütern handeln. Die Bundesregierung hat mit<br />

dem Gesetzentwurf einen Maßnahmenkatalog vorgelegt,<br />

um diese Defizite zu bekämpfen.<br />

Beim ersten Gedanken bin ich dann beruhigt über<br />

Schlupflöcher, die geschlossen werden. Dann kommen<br />

mir aber Zweifel, ob alle Maßnahmen wirklich praktikabel<br />

und zielführend sind. Wir dürfen nicht ein bürokrati-<br />

Grundsätzlich gilt: Wir müssen in Sachen Geldwäsches Monster schaffen, das nur Organisationsaufwand<br />

scheprävention klare Kante zeigen, und der vorliegende und Kosten produziert und bei weitem nicht im richtigen<br />

Gesetzentwurf geht in vielen Punkten in die richtige Verhältnis von Ertrag und Ergebnis steht.<br />

(B)<br />

Richtung. Hinter die Anforderungen, die uns die FATF<br />

ins Stammbuch geschrieben hat, dürfen wir nicht zurückfallen.<br />

Es drängt sich jedoch der Eindruck auf, dass<br />

der Entwurf in einzelnen Punkten ohne Not über die erforderlichen<br />

Grenzen hinausgeht.<br />

Auch bekomme ich als Liberaler Bauchschmerzen,<br />

wenn Datenmengen irgendwo angehäuft werden, deren<br />

Sinnhaftigkeit zu bezweifeln ist. Das betrifft zum einen<br />

neue Pflichten bei Bareinzahlungen und zum anderen<br />

auch Prepaid-Kreditkarten, die nicht von Banken ausge-<br />

(D)<br />

Insofern meinen wir, dass das geplante Gesetz zur<br />

Optimierung der Geldwäscheprävention noch optimierungsbedürftig<br />

ist. Wir werden uns nach der Anhörung<br />

ein genaueres Bild machen, wie die vorhandenen Spielräume<br />

für Verbesserungen am besten zu nutzen sind.<br />

geben werden. Bei Letzterem ist auch fraglich, ob das irgendwie<br />

realistisch funktionieren kann, dass zum Beispiel<br />

in einer Tankstelle oder in einem Supermarkt<br />

künftig die Daten seitens der Kassenmitarbeiter erhoben<br />

werden, wie es der Gesetzentwurf derzeit vorsieht. Hier<br />

wird man eine Modifizierung vornehmen müssen, wenn<br />

man vermeiden möchte, dass diese Produkte aus dem<br />

Björn Sänger (FDP):<br />

Markt gedrängt werden.<br />

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schließt die<br />

christlich-liberale Koalition Lücken in der Verfolgung<br />

von Geldwäsche. Als normaler rechtschaffener Bürger<br />

hat man gar keine Vorstellung, auf was für Ideen die<br />

Herrschaften, die Geldwäsche betreiben wollen, alles<br />

kommen. Das fängt schon mit der Definition an, was<br />

Geldwäsche eigentlich ist. Eine Legaldefinition im<br />

Strafgesetzbuch gibt es nicht, aber es sei wohl ein Vorgang,<br />

der darauf abziele, Vorhandensein, Herkunft oder<br />

Bestimmung von Vermögenswerten zu verschleiern, die<br />

aus illegalen Geschäften stammen, um sie dann als<br />

rechtmäßige Einkünfte erscheinen zu lassen. Da hat man<br />

als Laie grob eine Vorstellung, dass jemand unter dubiosen<br />

Umständen an eine Menge Bargeld gekommen ist,<br />

dieses zur Bank bringt und dort auf ein Konto einzahlt.<br />

Doch so simpel ist es bei Weitem nicht. Da es inzwischen<br />

entsprechende Monitoringsysteme gibt, haben diese Kri-<br />

Andererseits besteht schon die Pflicht zur Datenerfassung,<br />

wenn Banken diese Karten ausgeben. Diese<br />

Differenzierung erscheint dann auch nicht ganz sachgerecht,<br />

denn: same business, same rules. Das werden wir<br />

uns sehr genau anschauen. Eine Prämisse ist dabei: Das<br />

anonyme Bezahlen im Internet muss weiterhin möglich<br />

sein.<br />

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Geldwäschebeauftragte,<br />

den jedes Unternehmen, das mit Gütern handelt,<br />

ab einer gewissen Größe künftig haben soll, um den<br />

Empfehlungen der FATF zu folgen. Doch macht das<br />

Sinn? Jedes Unternehmen? Egal, welcher Branche? Hat<br />

der Geldwäschebeauftragte dann arbeitsrechtlich besonderen<br />

Schutz? An dieser Stelle müssen wir uns auch<br />

noch umfassend Gedanken machen, wie wir hier eine<br />

Lösung finden.<br />

minellen wirklich kreative Ideen, wie sie die Herkunft ih- Gedanken mache ich mir außerdem über den Termirer<br />

Gelder verschleiern.<br />

nus „hindeuten“. Also, im Falle des Vorliegens von Tat-<br />

Zu Protokoll gegebene Reden

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!