Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15222 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A)<br />
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble<br />
natürlich den Wettbewerb für etwas Negatives. Wenn Mittwoch im Straßburger Europaparlament nicht zu (C)<br />
man aber an den Wettbewerb glaubt, dann heißt das, dass erwähnen, sagte ein hochrangiger Vertreter der<br />
derjenige, der erfolgreicher ist, von den anderen natür- Euro-Zone. … Dabei ist der Hebel längst beschloslich<br />
etwas beneidet wird. Es ist leicht, zu sagen: Wärt ihr sene Sache. Frankreichs Premier François Fillon<br />
nicht so erfolgreich, würde unsere Schwäche nicht so hat ihn vorgestern im französischen Parlament be-<br />
auffallen. – Aber Europa hängt an der Stärke der deutreits angekündigt: „Wir werden Vorschläge maschen<br />
Wirtschaft.<br />
chen, um den Kampf gegen die spekulativen An-<br />
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten<br />
der FDP)<br />
griffe auszuweiten.“ Dabei sprach er ausdrücklich<br />
von einer „Hebelung der Mittel“ des Fonds.<br />
Deswegen, liebe Freunde: Die Solidarität der Deutschen<br />
ist klar. Sie muss sich auch darin zeigen, dass wir<br />
weiterhin eine Finanz- und Wirtschaftspolitik betreiben,<br />
die dafür sorgt, dass Deutschland ein Anker der Stabilität<br />
in Europa und ein Motor des europäischen Wachstums<br />
bleibt. Die Bundesregierung wird auf diesem erfolgrei-<br />
Herr Minister, ich finde, Sie wären Ihrer Verantwortung<br />
als Bundesfinanzminister vor dem deutschen Volk,<br />
aber auch vor den Kollegen, die hier im <strong>Bundestag</strong> abstimmen,<br />
dann gerecht geworden, wenn Sie Auskunft<br />
darüber gegeben hätten, was Sie beim Internationalen<br />
Währungsfonds beraten und bereits zugesagt haben.<br />
chen Weg weiter vorangehen.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)<br />
Es ist nicht so, dass der Deutsche <strong>Bundestag</strong> darüber<br />
Präsident Dr. Norbert Lammert:<br />
entscheiden wird, ob es diesen Hebel geben wird. Es ist<br />
Das Wort erhält nun der Kollege Carsten Schneider so, dass der Haushaltsausschuss darüber entscheiden<br />
für die SPD-Fraktion.<br />
wird. Jeder, der heute diesem Gesetzentwurf seine<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Stimme gibt, muss wissen, dass er diese Entscheidung an<br />
die Mitglieder des Haushaltsausschusses delegiert. Das<br />
muss man wissen, bevor man abstimmt! Sie wollen das<br />
Carsten Schneider (Erfurt) (SPD):<br />
aber nicht transparent machen, weil Sie Angst um die ei-<br />
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eugene Mehrheit in Ihrer Koalition haben. Das ist der<br />
ropa ist in einer kritischen Situation. Aber noch viel kri- Grund.<br />
tischer als die Situation an den Finanzmärkten in Europa<br />
ist die Situation dieser Koalition; denn nicht anders kann<br />
ich die Büttenrede interpretieren, die Sie, Herr Brüderle,<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)<br />
(B) heute an die Adresse Ihrer Koalition gerichtet gehalten<br />
haben.<br />
Diese Angst und Unsicherheit ziehen sich ebenso wie Ihr<br />
permanenter Zickzackkurs, wenn überhaupt von einem<br />
(D)<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Sie war weder angemessen noch in der Sache irgendwie<br />
berechtigt.<br />
Herr Minister Schäuble, Sie haben eben gesagt, wir<br />
hätten darauf verzichtet, Sie gestern im Haushaltsausschuss<br />
zu hören. Das Gegenteil ist richtig: Ich habe beantragt,<br />
dass Sie uns im Haushaltsausschuss, bevor wir<br />
hier im <strong>Bundestag</strong> über diesen Gesetzentwurf abstimmen<br />
– das auch nach Ihren Aussagen das wichtigste Gesetz<br />
dieser Legislaturperiode ist –, Klarheit darüber verschaffen,<br />
ob weitere Maßnahmen geplant sind oder<br />
nicht, ob wir in Richtung einer weiteren Verschuldung<br />
gehen oder nicht. Sie sind diese Antwort, auch im Rahmen<br />
der Frage des Kollegen Schick, schuldig geblieben.<br />
Ich finde das nicht hinnehmbar!<br />
Ich habe den Eindruck, dass wir, insbesondere vor<br />
dem Hintergrund der wackligen Koalitionsmehrheit, hinter<br />
die Fichte geführt werden sollen. Worum geht es in<br />
Kurs die Rede sein kann, durch die gesamte Griechenland-Krise.<br />
Ich will kurz daran erinnern, wie das Ganze abgelaufen<br />
ist. Im Februar 2010 haben Sie gesagt: Griechenland<br />
ist kein Problem. Es wird kein deutsches Geld geben. –<br />
Im Mai haben wir ein Hilfspaket in Höhe von 22 Milliarden<br />
Euro beschlossen. Der Kollege Fricke sagte hier<br />
noch: 22 Milliarden Euro und keinen Cent mehr. Dem<br />
hat keiner von Ihnen widersprochen. Am selben Tag, an<br />
einem Freitag, ist die Bundeskanzlerin nach Brüssel gefahren<br />
und hat dort ein Paket über 123 Milliarden Euro<br />
vereinbart.<br />
Meine Damen und Herren, Sie sind in Europa Getriebene<br />
der Märkte. Sie führen nicht. Sie haben Deutschland<br />
isoliert, und Sie haben mit Ihrem fehlerhaften<br />
Krisenmanagement die Krise verschärft, statt zu deeskalieren.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
diesem Paket? Es wird nicht nur um die 750 Milliarden<br />
Euro gehen. Es wird auch um die Frage gehen, ob das<br />
Risiko eventuell noch höher ist. Das wird mit dem Begriff<br />
„Hebel“ beschrieben.<br />
Dass Sie Angst um Ihre eigene Mehrheit haben, kann<br />
ich nachvollziehen. Denn bei allem, was Sie bisher beschlossen<br />
haben, ist das Gegenteil eingetreten; denn Sie<br />
sind von den Märkten und der Notwendigkeit, die ande-<br />
Ich will zitieren, was in der heutigen Ausgabe des ren europäischen Länder zu überzeugen, überholt wor-<br />
Handelsblatts steht:<br />
den.<br />
Berlin habe Barroso „dringend gebeten“, das heikle Ich habe einen Entschließungsantrag herausgesucht,<br />
Thema in seiner Grundsatzrede zur Lage der EU am den die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP am