Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15253<br />
(A)<br />
Vizepräsident Eduard Oswald<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LIN- Ich erteile nun das Wort unserer Kollegin Frau Beate (C)<br />
KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Müller-Gemmeke für die Fraktion Bündnis 90/Die Grü-<br />
NEN)<br />
nen. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.<br />
Jede Fraktion hat sich geäußert; so sieht es die Geschäftsordnung<br />
vor. Wer für den Antrag der Fraktion der Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
SPD ist, den bitte ich um das Handzeichen. –<br />
NEN):<br />
(Petra Ernstberger [SPD]: Eindeutig!)<br />
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen<br />
und Kollegen! Die Zahlen sprechen eine klare Spra-<br />
Gegenprobe! –<br />
che. Zwischen 1996 und 2010 hat sich die Zahl der<br />
(Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Das ist die<br />
Mehrheit! – Beate Müller-Gemmeke [BÜND-<br />
NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war die Minderheit!)<br />
befristeten Beschäftigungsverhältnisse auf über 2,5 Millionen<br />
nahezu verdoppelt. Entscheidend ist aber: Mittlerweile<br />
hat jede zweite neue Stelle ein Verfallsdatum, ist<br />
also befristet. Wir Grüne sehen diese Entwicklung mit<br />
Sorge<br />
Im Präsidium besteht Uneinigkeit.<br />
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Das ist der<br />
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE<br />
Erfolg eurer Politik!)<br />
GRÜNEN]: Oh nein! – Petra Ernstberger<br />
[SPD]: Unglaublich!)<br />
und kritisieren die Tendenz hin zu immer mehr atypischer<br />
und prekärer Beschäftigung.<br />
Deshalb kommen wir nun zu dem bewährten Verfahren<br />
des Hammelsprungs. – Ich bitte Sie, den Saal zu verlassen.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD)<br />
Ich unterbreche die <strong>Sitzung</strong>, bis dieses Verfahren eröffnet<br />
wird.<br />
Auch Rot-Grün trägt hierfür Verantwortung; das wissen<br />
wir. Das haben wir schon häufig gesagt. Wir hatten<br />
damals die Hoffnung, dass die sachgrundlose Befristung<br />
(Unterbrechung von 13.25 bis 13.35 Uhr) eine Brücke in Dauerbeschäftigung insbesondere für Ältere<br />
ist und zu mehr Arbeitsplätzen insgesamt führt.<br />
(B)<br />
Vizepräsident Eduard Oswald:<br />
Es haben alle den Saal verlassen. Ich bitte, die Türen<br />
zu schließen.<br />
Die Abstimmung ist eröffnet.<br />
Aber es funktioniert nicht. Herr Kollege Kolb, Politik<br />
muss hin und wieder lernen und sollte nicht krampfhaft<br />
an Positionen festhalten.<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Zahlen spre-<br />
(D)<br />
Ich frage die Schriftführer, ob sich noch jemand in der<br />
chen eine klare Sprache!)<br />
Lobby befindet. – Ich höre und sehe, dass das nicht der<br />
Fall ist. Dann können wir die Türen schließen. Ich bitte<br />
die Schriftführer, mir das Ergebnis bekannt zu geben.<br />
Das schafft übrigens auch Vertrauen. Das kann gerade<br />
die FDP momentan gut gebrauchen.<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie Platz nehmen<br />
wollen, dann haben Sie dazu die Möglichkeit. Sie<br />
können das Ergebnis aber auch stehend zur Kenntnis<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN-<br />
KEN)<br />
nehmen.<br />
Zu viele Arbeitgeber nutzen nur den vorhandenen ge-<br />
Ich gebe das Ergebnis des Hammelsprungs bekannt:<br />
Mit Ja haben gestimmt 176 Kolleginnen und Kollegen.<br />
Mit Nein haben gestimmt 260 Kolleginnen und<br />
Kollegen.<br />
setzlichen Rahmen und stellen ohne Not befristet ein,<br />
statt reguläre, unbefristete Beschäftigungsverhältnisse zu<br />
schaffen. Sie, die Regierungsfraktionen, behaupten immer<br />
noch, dass sachgrundlose Befristung arbeitsmarktpolitisch<br />
Sinn macht. Unkritisch setzen Sie auf Flexibili-<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – tät für die Arbeitgeber und ignorieren, dass der Preis für<br />
Volker Kauder [CDU/CSU], an die SPD ge- die Beschäftigten zu hoch ist. Befristete Jobs werden<br />
wandt: Schämt euch!)<br />
deutlich schlechter vergütet. Befristet Beschäftigte haben<br />
Enthalten hat sich niemand. Damit ist der Antrag der<br />
Fraktion der Sozialdemokraten auf Herbeizitierung der<br />
Frau Bundesministerin abgelehnt.<br />
ein größeres Armutsrisiko, sie werden schneller arbeitslos.<br />
Eine Familien- und Lebensplanung gestaltet sich<br />
schwierig.<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben selbstverständlich<br />
die Gelegenheit, bei der laufenden Debatte anwesend<br />
zu sein und sie zu verfolgen.<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das wussten Sie<br />
doch alles, als Sie das Gesetz damals geändert<br />
haben!)<br />
(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE<br />
LINKE])<br />
Wer befristet angestellt ist, macht sich auch mehr Sorgen<br />
über Arbeitslosigkeit, Krankheit und Armut im Alter.<br />
Die Flexibilität der Arbeitgeber geht voll und ganz zu-<br />
Wenn Ruhe eingekehrt ist, gebe ich das Wort der lasten der Beschäftigten. Diese Fehlentwicklung ist für<br />
nächsten Rednerin in unserer Debatte.<br />
uns nicht mehr akzeptabel.