Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15430 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A) päische Finanztransaktionsteuer kann nur der erste Ansätze, die Ängste von Bürgerinnen und Bürgern schü- (C)<br />
Schritt sein.<br />
ren und nationalistisches Denken befördern können. Sie<br />
Ich stimme gegen den erweiterten Rettungsschirm,<br />
weil ich für Europa bin.<br />
stehen einer zukunftsfähigen Entwicklung Europas entgegen.<br />
Ein Europa der Menschen ist notwendiges Ziel<br />
und nicht ein Europa, das sich nach den Interessen der<br />
Statt Sparprogrammen ist ein europäisches Zukunftsprogramm<br />
zur Sicherung von Beschäftigung und sozia-<br />
Konzerne, Banken und Ratingagenturen entwickelt.<br />
ler Gerechtigkeit erforderlich.<br />
Cornelia Möhring (DIE LINKE): Ich stimme heute<br />
Nur mit gleichen und gerechten Bedingungen für<br />
Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik ist Europa vor<br />
den Banken und Hedgefonds noch zu retten.<br />
gegen die Ausweitung und Aufstockung des Euro-Rettungsschirms,<br />
weil ich Ja zu einem solidarischen Europa<br />
sage. Dieser Rettungsschirm, über den wir heute abstimmen,<br />
verhindert ein solches Europa. Er rettet weder den<br />
Euro noch die EU oder gar die Menschen in Griechenland<br />
– er rettet in Wahrheit nur die Banken und Spekulanten.<br />
Statt die Gewinner der Krise für die Folgen ihrer verantwortungslosen<br />
Gier zur Kasse zu bitten, soll die Bevölkerung<br />
in Europa zahlen: In der Bundesrepublik<br />
kommen die Milliarden Euro für den Rettungsschirm aus<br />
Steuergeldern. In Griechenland, Irland und Portugal bezahlen<br />
die Studierenden, Angestellten und Rentnerinnen<br />
und Rentner durch Massenentlassungen, Rentenkürzungen<br />
und andere sozial verheerende und volkswirtschaftlich<br />
völlig unsinnige Kürzungsprogramme.<br />
Zu einer solchen Politik der Entlastung von Banken<br />
und Spekulanten und der Belastung der Bevölkerung<br />
sage ich Nein. Ich will, dass die Verursacher und Profiteure<br />
der Krise zur Kasse gebeten werden. Wir brauchen<br />
eine Finanztransaktionsteuer, eine europaweite Vermögensabgabe<br />
und eine wirkliche Bankenabgabe.<br />
(B)<br />
Statt den Finanzjongleuren weitere Milliarden für ihre<br />
Spekulationen in den Rachen zu werfen, sollte die Bundesrepublik<br />
an den Ursachen der Krise ansetzen.<br />
Die Europäische Union kann nur gerettet werden,<br />
wenn sie endlich zu einer wirklichen Sozialunion wird,<br />
deren Ziel die Verbesserung der Lage der Beschäftigten<br />
und der Armen in allen Ländern der Gemeinschaft ist.<br />
Zusammen mit meiner Fraktion fordere ich deshalb:<br />
Weg mit Hartz IV und her mit dem flächendeckenden<br />
gesetzlichen Mindestlohn. Wir brauchen ein EU-weites<br />
Investitionsprogramm und eine stärkere, sozial ausgerichtete<br />
Politikkoordination, um den sozial-ökologischen<br />
Umbau in der EU voranzutreiben.<br />
Ich sage heute Nein zu einem Europa der Banken und<br />
Millionäre und Ja zu einem Europa der Millionen.<br />
(D)<br />
Dorothee Menzner (DIE LINKE): Ich stimme dem<br />
Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von<br />
Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus,<br />
EFSF, aus folgenden Gründen<br />
nicht zu:<br />
Eine weitere Aufstockung der Mittel des Euro-Rettungsschirmes<br />
ohne eine wirksame Regulierung der Finanzmärkte,<br />
die Heranziehung der Riesenvermögen zur<br />
Schuldentilgung sowie eine konstruktive Unterstützung<br />
für die wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland und<br />
anderen betroffenen Ländern ist ein Doktern am System<br />
ohne Bekämpfung der Ursachen. Es werden keine Konsequenzen<br />
aus der gescheiterten Politik gezogen.<br />
Die an die Hilfskredite aus dem Rettungsschirm geknüpften<br />
Auflagen radikaler Kürzungen würgen in den<br />
Krisenländern die Binnenkonjunktur weiter ab, verhindern<br />
eine nachhaltige Entwicklung und Erholung der<br />
Wirtschaft und verschärfen somit die Schuldenkrise. In<br />
den Krisenländern bezahlen die Arbeitnehmerinnen und<br />
Arbeitnehmer, die Rentnerinnen und Rentner, Studentinnen<br />
und Studenten und andere Gruppen der ganz normalen<br />
Bevölkerung mit Lohn- und Rentenkürzungen, Entlassungen<br />
und dem größten Sozialabbau der europäischen<br />
Nachkriegsgeschichte, während die Reichen und Superreichen,<br />
die Banken und Profiteure der ökonomischen<br />
Entwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte ein weiteres<br />
Mal ungeschoren davonkommen.<br />
In Deutschland werden im Haftungsfall ebenfalls die<br />
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und nicht die Profiteure<br />
des Kasinos die Zeche für eine Veranstaltung zahlen,<br />
an der sie nie teilgenommen haben. Die Risiken<br />
werden mittlerweile selbst von der Deutschen Bank auf<br />
über 400 Milliarden beziffert, die im Haftungsfall über<br />
lange Jahre die Bürgerinnen und Bürger immens belasten<br />
werden. Im Zusammenhang mit Bankenhilfe ohne<br />
Gegenleistung, Sozialkürzungen und Demokratieabbau<br />
ist dies für mich nicht zu verantworten.<br />
Die europäische Integration der letzten Jahrzehnte,<br />
die Voraussetzung für Frieden unter den Ländern Europas,<br />
wirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklung<br />
sozialstaatlicher Mechanismen in seinen Ländern war,<br />
wird mit dieser Art der vermeintlichen Stabilisierung<br />
aufs Spiel gesetzt. Europa ist mehr als eine gemeinsame<br />
Währung. Gerade in der Krise dürfen soziale Standards<br />
und Sicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger Europas,<br />
demokratische Mechanismen und Teilhabe aller nicht<br />
zur Disposition stehen. Ich verwahre mich gegen alle<br />
Niema Movassat (DIE LINKE): Ich stimme aus folgenden<br />
Gründen gegen den Gesetzentwurf zur Erweiterung<br />
der EFSF.<br />
Erstens. Die EFSF ist im Ergebnis eine Unterstützung<br />
der Banken, der Finanzinstitute, der Spekulanten, der<br />
Reichen und der Superreichen. Im Haftungsfall werden<br />
die entstehenden Lasten aber von der großen Mehrheit<br />
der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler getragen. Zu befürchten<br />
ist auch eine Kürzung von Renten und anderen<br />
Sozialleistungen. Die Bundesregierung ist auch nicht bereit,<br />
für die gegenwärtigen Sozialstandards eine Garantieerklärung<br />
abzugeben.