Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15368 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A)<br />
Volker Beck (Köln)<br />
der Ehe gemäß Art. 6 Abs. 1 GG eine Benachteiligung kömmlinge, die nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben (C)<br />
der eingetragenen Lebenspartnerschaft gegenüber der sind, zur Bezugsperson in Deutschland nachziehen kön-<br />
Ehe nicht rechtfertigen könne. Demnach stellt die Rechtnen; denn in einem Härtefall soll es nicht erheblich sein,<br />
fertigung der Privilegierung der Ehe auf die auch recht- an welchem Ort das Familienmitglied sich befindet. Dalich<br />
verbindliche Verantwortung für den Partner ab. mit werden auch diejenigen Familienmitglieder von der<br />
Das Bundesverfassungsgericht stellt damit aber klar, nachträglichen Einbeziehung erfasst, die ohne einen<br />
dass sich in diesem Punkt Ehen nicht von eingetragenen Einbeziehungsbescheid das Herkunftsland verlassen ha-<br />
Lebenspartnerschaften unterscheiden: Beide sind auf ben oder hier weder vertriebenenrechtlich Aufnahme<br />
Dauer angelegt und begründen eine gegenseitige Ein- gefunden noch ausländerrechtlich einen gesicherten<br />
standspflicht.<br />
Aufenthalt erlangt haben.<br />
Auch in seinem Beschluss vom 21. Juli 2010 zum Erb- Die Änderung wird ebenfalls vom Land Hessen im<br />
schaftsteuerrecht bestätigte das Bundesverfassungsge- Antrag zum Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Ändericht<br />
seine Auffassung über die Verfassungswidrigkeit rung des Bundesvertriebenengesetzes gefordert. Des-<br />
der Ungleichbehandlung von Lebenspartnern gegenhalb bitte ich Sie um die Zustimmung zu unseren beiden<br />
über Ehegatten. Es betonte, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft<br />
sowie die Ehe auf Dauer angelegt sei<br />
Änderungsanträgen.<br />
und eine gegenseitige Unterhalts- und Einstandspflicht<br />
begründe.<br />
Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär beim<br />
Bundesminister des Innern:<br />
Eine Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften<br />
im Bundesvertriebenengesetz entspricht<br />
daher nicht mehr den Grundsätzen der Rechtsprechung<br />
des Bundesverfassungsgerichts. Mit dem<br />
vorliegenden Änderungsantrag wird diese ungerechte<br />
und grundrechtswidrige Behandlung beseitigt.<br />
Seit 20 Jahren ist es Spätaussiedlern im sogenannten<br />
vertriebenenrechtlichen Aufnahmeverfahren möglich,<br />
unter Wahrung ihrer Familienbindungen gemeinsam mit<br />
ihren nächsten Angehörigen nach Deutschland auszusiedeln.<br />
Entschlossen sich allerdings Ehegatten und Abkömmlinge<br />
von Spätaussiedlern, bei deren Aussiedlung<br />
(B)<br />
Falls es doch nicht das Ziel der Koalition sein sollte,<br />
hier den Rekord der meisten kassierten Gesetze in Karlsruhe<br />
aufzustellen, stimmen Sie dem Änderungsantrag zu.<br />
Weder Sie noch irgendein Mensch sonst wird davon einen<br />
Nachteil haben. Es würde aber eine Minderheit in<br />
unserem Land der Mehrheit gleichstellen.<br />
Laut der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung<br />
ist auch das Ziel der Neuregelung, Härtefälle<br />
zu vermeiden, die durch dauerhafte Familientrennungen<br />
entstehen, und dadurch die Integration von<br />
Spätaussiedlern in Deutschland weiter zu fördern. Diesem<br />
begrüßenswerten Ziel wird die Neuregelung jedoch<br />
im Aussiedlungsgebiet zu verbleiben, so kam es in der<br />
Praxis auch zu tragischen Fällen der Trennung von Familien<br />
von Spätaussiedlern. Hierher gehört zum Beispiel<br />
der Fall, dass sich Kinder des Spätaussiedlers zunächst<br />
entschieden haben, im Herkunftsgebiet zu bleiben, um<br />
dort noch einen Angehörigen zu betreuen, dann aber<br />
– selbst nach schweren Schicksalsschlägen – nicht mehr<br />
nachträglich aussiedeln konnten. Weitere Ursachen für<br />
derartige tragische Familientrennungen habe ich im<br />
Rahmen der ersten Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs<br />
bereits dargestellt. Auch der Petitionsausschuss<br />
des <strong>Bundestag</strong>es hat sich mit dieser Problematik<br />
schon mehrfach beschäftigt.<br />
(D)<br />
nicht uneingeschränkt gerecht.<br />
Eine befriedigende Lösung solcher Fälle ermöglicht<br />
Außerdem wollen wir unnötige Härten vermeiden. das geltende Vertriebenenrecht nicht, selbst in Härtefäl-<br />
Unser Änderungsantrag sieht nicht nur die Streichung len erlaubt das Bundesvertriebenengesetz keine nach-<br />
des Spracherfordernisses im Härtefall nach dem neuen trägliche Einbeziehung. So ist Abkömmlingen von Spät-<br />
Abs. 3 vor, sondern auch bei der Einbeziehung in den aussiedlern nicht einmal dann der Nachzug zu ihren<br />
Aufnahmebescheid nach Abs. 1. Damit steht die Ände- Eltern in Deutschland möglich, wenn diese pflegeberung<br />
im Einklang mit dem Gesetzentwurf zum Ehegatdürftig werden oder aufgrund ihres fortgeschrittenen Altennachzug<br />
– Drucksache 17/1626 –, mit dem die Streiters gravierend unter der Trennung von ihren engsten<br />
chung des Spracherfordernisses beim Ehegattennachzug Familienangehörigen leiden. In solchen und ähnlichen<br />
nach dem Aufenthaltsgesetz verfolgt wird. Insbesondere Härtefällen will die Bundesregierung nun durch den<br />
älteren Menschen und Personen aus bildungsfernen vorliegenden Gesetzentwurf den betroffenen Familien<br />
Schichten ist der Spracherwerb im Ausland oft nicht helfen. Im Härtefall soll Ehegatten und Abkömmlingen<br />
möglich. Es steht außer Frage, dass es für das Zusam- von in Deutschland lebenden Spätaussiedlern der Nachmenleben<br />
in Deutschland wichtig ist, dass die Familienzug ermöglicht werden, auch falls sie damals die Aufangehörigen<br />
Deutsch sprechen. Dafür ist aber ein nahmevoraussetzungen noch nicht erfüllten, diese aber<br />
Deutschkurs im Ausland weder notwendig noch geeig- jetzt erfüllen, zum Beispiel weil sie zwischenzeitlich<br />
net. Den nachgezogenen Familienangehörigen steht in Grundkenntnisse der deutschen Sprache erworben ha-<br />
Deutschland ein umfangreiches Angebot an Integraben.tionskursen zur Verfügung. Der Spracherwerb in<br />
Deutschland ist viel leichter, schneller, günstiger und<br />
weniger belastend für die Betroffenen als im Ausland.<br />
Die geschilderten Beispiele zeigen: Die Ihnen vorliegende<br />
Härtefallregelung ist geboten, wenn wir den historisch-moralischen<br />
Verpflichtungen des deutschen<br />
Mit dem Änderungsantrag wird der Gesetzentwurf Staates gegenüber den Spätaussiedlerfamilien angemes-<br />
dahin gehend geändert, dass auch Ehegatten und Absen Rechnung tragen wollen. Umso mehr freue ich mich<br />
Zu Protokoll gegebene Reden