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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15443<br />

(A) geben kann. Die Euro-Stabilisierung darf nicht auf Kossches Europa untergräbt und die Krise verschärft. Auch (C)<br />

ten von Löhnen, Renten und Sozialleistungen gehen. Die dieses Rettungspaket wird die Krise nicht lösen, sondern<br />

Aufstockung der Mittel des Stabilisierungsfonds ist im verlängern. Bereits jetzt ist ersichtlich, dass die Mittel<br />

Ergebnis eine Unterstützung der Banken, der Finanzinsti- der EFSF nicht ausreichen werden und das nächste Rettute,<br />

der Reichen und der Superreichen.<br />

tungspaket benötigt wird.<br />

Den Menschen in den Ländern, die Mittel vom EFSF Die Griechenland aufgezwungene Schocktherapie hat<br />

erhalten, wird nicht wirklich geholfen: Die diesen Län- die Finanzsituation des Landes wesentlich verbessert.<br />

dern aufgegebenen strengen Auflagen treffen dort vor al- Sie bedeutet für die Masse der Bevölkerung jedoch eine<br />

lem die Geringverdiener, die Rentnerinnen und Rentner. Katastrophe. Die strukturellen Probleme des Landes<br />

Die Binnennachfrage bricht ein. Wirtschaftswachstum können nicht in kürzester Zeit behoben werden. Die<br />

und Steuereinnahmen sinken. Die Fähigkeit zur Rück- drastischen Kürzungen haben die griechische Wirtschaft<br />

zahlung der gewährten Kredite wird immer weiter einge- stranguliert und das Land in eine Rezession gestürzt.<br />

schränkt. Das zeigt die Entwicklung in Griechenland. Das neue Rettungspaket stellt zwar eine Verbesserung<br />

Auch deshalb sage ich. Nein zu dem Gesetz.<br />

gegenüber bisherigen Maßnahmen dar, weil es auf eine<br />

Ich stimme gegen den erweiterten Euro-Rettungsschirm,<br />

denn ein Ja zu diesem erneuten Geschenk an die<br />

Banken und Spekulanten würde ein Nein zu Europa bedeuten.<br />

Es ist mehr als bedenklich, dass hier im Bundes-<br />

längere Frist angelegt ist und auf Strafzinsen verzichtet.<br />

Durch das späte Handeln, die fehlende Entschlossenheit<br />

und die unzureichenden Maßnahmen konnte die Krise<br />

aber endgültig auf Spanien und Italien übergreifen.<br />

tag alle Fraktionen bis auf Die Linke eine Politik gegen<br />

die große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland und<br />

in Europa machen. Die Entscheidung von CDU/CSU,<br />

FDP, Grünen und SPD hilft weder Griechenland, noch<br />

rettet sie den Euro. Im Gegenteil: Diese Entscheidung ist<br />

das Todesurteil für die griechische Ökonomie. Und solange<br />

man sich nicht entschließen kann, die Verursacher<br />

und Profiteure der Krise zur Kasse zu bitten, wird auch<br />

der Euro weiter gefährdet bleiben.<br />

Durch Euro-Anleihen hätte die Spekulation gegen<br />

einzelne Staaten der Währungsunion wirkungsvoll unterbunden<br />

werden können. Staaten würden nicht länger<br />

zum Spielball von Spekulanten und Ratingagenturen.<br />

Sie hätten auch eine Umschuldung mit einer substanziellen<br />

und nicht bloß symbolischen Beteiligung der privaten<br />

Gläubiger ermöglicht, welche die drückende griechische<br />

Schuldenlast gemindert und Risiken von den<br />

Steuerzahlern abgewendet hätte.<br />

(B)<br />

Auch die große Mehrheit der Beschäftigten und Gewerkschaftsmitglieder<br />

lehnt diese erneute Sozialisierung<br />

der Verluste der Banken und Spekulanten ab. Ich begrüße<br />

in diesem Sinne auch die Erklärung zur Euro-<br />

Krise des letzten Verdi-Bundeskongresses, bei dem auch<br />

ich gewesen bin, in der zu Recht kritisiert wird „dass Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und<br />

Rentner sowie Arbeitslose die Zeche der großen Finanzmarkt-<br />

und Wirtschaftskrise zahlen“. Banken, die es wie<br />

die Deutsche Bank lediglich gut verstehen, Gewinne zu<br />

privatisieren, aber dann der Öffentlichkeit ihre Unternehmensrisiken<br />

überhelfen wollen, sollten vergesellschaftet<br />

werden. Auch hier heißt es ganz richtig in der<br />

Verdi-Erklärung: „Wir kritisieren, dass Rettungshilfen<br />

für Banken, Investmentfonds und Versicherungen nicht<br />

nach dem Prinzip ,Leistung nur für Gegenleistung‘ organisiert<br />

wurden.“<br />

Wir möchten auch ausdrücklich festhalten: Die Euro-<br />

Krise kann nicht ausschließlich auf Versäumnisse einzelner<br />

Staaten zurückgeführt werden. Die Währungsunion<br />

ist in der jetzigen Form eine Fehlkonstruktion, bei der<br />

Krisen wie die jetzige vorprogrammiert sind.<br />

Eine wesentliche Ursache für die Krise ist die völlig<br />

unzureichende makroökonomische Koordinierung. Die<br />

Euro-Mitgliedstaaten haben sich nicht über wesentliche<br />

Eckpunkte eines gemeinsamen Währungsraums wie<br />

Lohnentwicklung, Wirtschaftssteuerung und eine Politik<br />

des sozialen Fortschritts verständigt. Stattdessen haben<br />

sie mit der Währungs- und Freihandelsunion eine Staatenkonkurrenz<br />

festgeschrieben, von der vor allem das<br />

wirtschaftlich übermächtige Deutschland profitiert. Immer<br />

mehr Mitgliedstaaten können dem Unterbietungswettlauf<br />

um die niedrigsten Sozial-, Lohn- und Steuerkosten<br />

nichts mehr entgegensetzen, seit Wechselkurse<br />

als Ausgleichsmechanismus wegfallen.<br />

(D)<br />

Anlage 3<br />

Eine Folge sind die gewaltigen außenwirtschaftlichen<br />

Erklärung nach § 31 GO<br />

Ungleichgewichte. Die Leistungsbilanzdefizite von<br />

der Abgeordneten Dr. Axel Troost und<br />

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): zur namentlichen<br />

Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes<br />

zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme<br />

von Gewährleistungen im Rahmen eines<br />

europäischen Stabilisierungsmechanismus (Tagesordnungspunkt<br />

3 a)<br />

Staaten wie Griechenland sind nur die Kehrseite der gewaltigen<br />

Überschüsse von Staaten wie Deutschland. Sie<br />

konnten nur aufgebaut werden, weil Regierungen wie<br />

die deutsche sich keinen Deut um eine koordinierte Lohnentwicklung<br />

geschert haben. Stattdessen wurden durch<br />

Lohndumping Vorteile zu Lasten anderer Staaten und<br />

der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verschafft.<br />

Um die Verwerfungen abzubauen, bedarf es zwingend<br />

Anpassungsmaßnahmen auch in Deutschland, etwa<br />

Wir stimmen gegen den Euro-Rettungsschirm. durch höhere Löhne und öffentliche Investitionen.<br />

Das Stolpern von Rettungspaket zu Rettungspaket ist Die Politik der Staatenkonkurrenz führt dazu, dass<br />

hochgefährlich, weil es die Akzeptanz für ein solidari- seit Jahren die Wohlstandszugewinne nur noch bei Rei-

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