Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15275<br />
(A)<br />
Joachim Poß<br />
(Dr. Birgit Reinemund [FDP]: Haben Sie es mens Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn sie bei (C)<br />
gelesen?)<br />
Schweizer Bankinstituten angelegt sind, genauso lü-<br />
und Ihre Verhandlungskünste waren es offenkundig auch<br />
nicht.<br />
ckenlos der Besteuerung unterworfen, wie wenn sie bei<br />
deutschen Instituten angelegt wären. Das ist der entscheidende<br />
Punkt. Das ist ein Meilenstein in der Zusam-<br />
Im Übrigen unterläuft das Abkommen die EU-Politik menarbeit mit der Schweiz.<br />
zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Steuerhinterziehung,<br />
den angestrebten automatischen Informationsaustausch,<br />
den wir und insbesondere die nationalen<br />
Finanzbehörden brauchen, um grenzüberschreitende<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –<br />
Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das<br />
ist ein großer Erfolg!)<br />
Steuerhinterziehung wirksam eindämmen zu können,<br />
wovon letztlich alle Staaten profitieren.<br />
Wir werden sogar einen Informationsaustausch haben,<br />
der über den OECD-Standard hinausgeht.<br />
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wer hat<br />
Ihnen so einen Unsinn aufgeschrieben?)<br />
Ich will jetzt die Verhandlungen zwischen der<br />
Schweiz und den USA gar nicht weiter belasten. Die<br />
Als Krönung des Ganzen sagen Sie auch noch – dass Sie Schweizer Kollegin hat bei der Unterzeichnung des Ab-<br />
dafür sind, Herr Michelbach, daran habe ich gar keinen kommens vor einer Woche hier in Berlin gesagt, dass die<br />
Zweifel –, Sie wollten in Zukunft auf den Ankauf von Schweiz den USA keinesfalls weiter gehende Rechte ge-<br />
Steuersünder-CDs verzichten. Was treibt Sie eigentlich währen könne. Deswegen nehmen Sie hier doch keine<br />
zu diesem Zugeständnis?<br />
mit der Wirklichkeit derartig in Widerspruch stehende<br />
Das alles können wir beim besten Willen nicht mittra-<br />
Verzerrung und Verleumdung vor.<br />
gen. Deswegen werden wir uns entsprechend verhalten<br />
und deutlich machen, dass Sie ein Abkommen ausgehandelt<br />
haben, das man sowohl vonseiten des <strong>Bundestag</strong>es<br />
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]:<br />
Popanz!)<br />
als auch vonseiten des Bundesrates ablehnen sollte. Wir haben für die Zukunft die absolut richtige Lösung<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Barbara<br />
Höll [DIE LINKE])<br />
gefunden. Wir haben in einer früheren Legislaturperiode<br />
dafür gesorgt, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen<br />
einer Abgeltungsteuer unterliegen – damit ist die Besteuerung<br />
definitiv – und dass die Finanzbehörden nur bei<br />
bestimmten Anhaltspunkten Nachfragen stellen dürfen;<br />
(B)<br />
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:<br />
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen,<br />
Dr. Wolfgang Schäuble.<br />
das gilt in Zukunft auch für Kapitalanlagen in der<br />
Schweiz. Zukünftig gilt die identische steuerliche Erfassung,<br />
egal ob ein Kapitalvermögen deutscher Steuer-<br />
(D)<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
pflichtiger in der Schweiz oder in Deutschland angelegt<br />
ist. Das ist ein wirklicher Durchbruch, ein großer Fortschritt.<br />
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finanzen:<br />
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und<br />
Herren! Herr Kollege Poß, ich will der Versuchung widerstehen,<br />
jetzt in der Tonart zu antworten, in der Sie geredet<br />
haben. Wir sprechen über einen Nachbarn, die<br />
Schweizer Eidgenossenschaft. Das ist ein zivilisiertes<br />
Land. Dort gelten gesetzliche Regeln zum Bankgeheimnis.<br />
(Joachim Poß [SPD]: Ich habe über das Geschäftsgebaren<br />
der Banken gesprochen!)<br />
– Lassen Sie mich doch ein paar Sätze sagen, Herrschaften<br />
noch mal! Schon nach dem ersten Satz unterbrechen<br />
Sie mich. Eine so schamlos demagogische Rede zu halten<br />
– gegen jede Vernunft – und dann den Redner nach<br />
dem ersten Satz zu unterbrechen, das ist doch ein Skandal.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Ich will Ihnen in aller Klarheit sagen: Mit diesem Abkommen<br />
schaffen wir einen Meilenstein in der Zusammenarbeit<br />
mit der Schweiz. Das war ein schwieriges<br />
Thema über viele Jahrzehnte, weil das Bankgeheimnis in<br />
der Schweiz einen ganz hohen Stellenwert hat. Für die<br />
Zukunft werden mit dem Inkrafttreten dieses Abkom-<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Sie sollten die Schweiz nicht aus der Gemeinschaft zivilisierter<br />
Länder ausschließen. So können wir in Europa<br />
nicht auftreten.<br />
Jetzt komme ich auf die in der Vergangenheit geltende<br />
Regelung zu sprechen, und zwar ganz freundlich; denn<br />
ich werbe um Ihre Zustimmung. Der Kollege Walter-<br />
Borjans hat mir liebenswürdigerweise gesagt, dass er<br />
hier sprechen wird. Er hat in der FAZ von heute ein Interview<br />
gegeben. Herr Kollege Walter-Borjans, was die<br />
Vergangenheit angeht, muss man zunächst einmal davon<br />
ausgehen: Das Bankgeheimnis ist in der Schweiz rechtlich<br />
geschützt. Auch wir hätten von unserem Rechtsstaatsverständnis<br />
her große Probleme, wenn wir Gesetze,<br />
die Bürger schützen, rückwirkend aufheben würden. Wir<br />
müssen davon ausgehen, dass die Schweiz ihre Gesetze<br />
nicht rückwirkend außer Kraft setzen wird; schließlich<br />
ist sie ein Rechtsstaat. Wir stimmen in der Frage des<br />
Bankgeheimnisses nicht überein; aber wir müssen die<br />
Haltung der Schweiz respektieren. Deswegen hat eine<br />
frühere Regierung im Jahr 2003 ein Amnestiegesetz erlassen<br />
mit Sätzen, die niedriger waren als – –<br />
(Nicolette Kressl [SPD]: Aber nicht anonym!)