Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15288 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A)<br />
Lothar Binding (Heidelberg)<br />
von der FDP: Arbeitslosenzahlen sinken! fassung zwischen der Schweiz und Deutschland. Es soll (C)<br />
Ganz genau!)<br />
durch eine anonyme Abgeltungsteuer auf Erträge aus<br />
Die Dynamik der Wirtschaft lässt nach.<br />
Vermögen jede weitere Zahlungspflicht abgegolten werden.<br />
Genau hier besteht der Konnex zur Vergangenheit:<br />
Ein anderes Verhandlungsergebnis wäre auf einer ande-<br />
(Dr. Volker Wissing [FDP]: Was bitte? Wo?)<br />
ren Grundlage möglich gewesen. Ich erinnere Sie nur an Damit wird Steuerhinterziehung verschleiert und als De-<br />
das Engagement von Frankreich, den USA, der OECD likt endgültig beendet. Das ist das eigentliche Problem.<br />
und Deutschlands zur Zeit der Großen Koalition. Der damalige<br />
Finanzminister Peer Steinbrück hat, aufbauend (Zuruf des Abg. Dr. Volker Wissing [FDP])<br />
auf der Zinsrichtlinie sowie einer schwarzen und einer<br />
grauen Liste, überhaupt erst die Basis für Überlegungen<br />
gelegt, die Sie jetzt für sich reklamieren.<br />
Das politische Desaster besteht aber in etwas ganz anderem.<br />
Die Österreicher sagen jetzt zu Recht: Das ist ein<br />
wunderbarer Präzedenzfall; so etwas wollen wir auch<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Aber mit dieser Basis sind Sie so schlecht umgegangen,<br />
dass einem angst und bange werden muss. Es war nämlich<br />
die FDP, die die betreffenden Länder permanent<br />
durch Leisetreterei hofiert hat und allergrößtes Verständnis<br />
für das Bankgeheimnis<br />
haben. Die Luxemburger sagen: Toll, so ein schönes Abkommen<br />
wie das mit der Schweiz schließen wir auch ab. –<br />
Sie merken, was nun passiert: Wir haben eine moralische<br />
Abwärtsspirale in Europa, und Sie haben den ersten<br />
Schritt zur Errichtung dieser Spirale getan. Wenn wir<br />
diesen Vertrag nicht stoppen, wird das zu einem ganz<br />
großen Problem führen; denn die öffentlichen Aufgaben<br />
(Nicolette Kressl [SPD]: Genau!)<br />
müssen steuerfinanziert sein.<br />
und alles andere, das Steuerhinterziehern das Leben international<br />
erleichtert, aufgebracht hat.<br />
(Dr. Volker Wissing [FDP]: Wenn Sie ihn stoppen,<br />
kriegen Sie gar nichts!)<br />
(B)<br />
(Beifall bei der SPD – Joachim Poß [SPD]:<br />
Genau, Spezialisten!)<br />
Wir erkennen, dass sich die Führungsschwäche in den<br />
Verhandlungen auf europäischer Ebene – das zeichnet<br />
sich an ganz vielen Fronten ab – in dem nun vorliegenden<br />
Abkommen widerspiegelt. Das zwischenstaatliche<br />
Abkommen zu bisher unversteuerten Kapitalerträgen<br />
zeitigt nicht das Ergebnis, das Sie hier vortragen. Frau<br />
Reinemund hat gesagt, die Schweiz zeige doch an, was<br />
passiert. Ich frage Sie: Zeigt die Schweiz uns an, wer<br />
Die fairen Steuerzahler – deshalb ist die Aktuelle<br />
Stunde so wichtig – bekommen das Signal, dass es sich<br />
auch künftig lohnt, fair und korrekt Steuern zu bezahlen.<br />
Wir zumindest reden der Steuerhinterziehung nicht das<br />
Wort, auch nicht in internationalen Verträgen.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der<br />
LINKEN – Dr. Volker Wissing [FDP]: Das ist<br />
alles falsch, Herr Binding!)<br />
(D)<br />
welchen Betrag anlegt?<br />
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:<br />
(Dr. Birgit Reinemund [FDP]: Und die Schuhgröße!)<br />
Bettina Kudla hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.<br />
– Sie sagen „die Schuhgröße“. Daran sehe ich genau,<br />
dass Sie überhaupt nicht kapieren, warum wir nicht er-<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
fahren, was dort passiert. – Das Problem ist, dass an- Bettina Kudla (CDU/CSU):<br />
onym bleibt, wer was zu welcher Zeit in welcher Höhe<br />
nachzuversteuern hat. Das wäre genauso, als wenn ein<br />
Arbeitnehmer morgens zum Finanzamt geht und sagt:<br />
Ich versichere Ihnen, dass ich diesen Monat nur 97 Euro<br />
zu versteuern habe. Jetzt glauben Sie es mir doch endlich!<br />
– Nein, wir machen den Bock zum Gärtner. Das ist<br />
ein riesengroßes Problem.<br />
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen<br />
und Herren! Zunächst möchte ich ein Wort an die<br />
Adresse des Finanzministers von Nordrhein-Westfalen<br />
richten, der uns gründlich belehrt hat.<br />
(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Zu Recht! Das<br />
war nötig!)<br />
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
In der Schweiz gibt es Geschäftsmodelle, die ausweislich<br />
der entsprechenden Prospekte auf Vertrauen,<br />
Vertraulichkeit, Seriosität und Schutz der Privatsphäre<br />
beruhen. Genau das bleibt erhalten. Der Kollege, der<br />
vorhin aus der NZZ zitiert hat, hat es auf den Punkt ge-<br />
Herr Minister, wer Milliarden von Steuereinnahmen als<br />
„Feder“ bezeichnet, der braucht sich nicht zu wundern,<br />
wenn er einen nicht verfassungskonformen Landeshaushalt<br />
hat.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und<br />
der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD<br />
– Nicolette Kressl [SPD]: So billig!)<br />
bracht: Die Schweizer jubilieren, weil Vertraulichkeit<br />
gegenüber allen weiterhin erhalten werden kann. Niemand<br />
fühlt sich erwischt. Steuerhinterziehung bleibt<br />
Das Abkommen mit der Schweiz ist sehr gut, und es<br />
ist im Interesse der Bürger.<br />
weiterhin möglich und ist nur eine Ordnungswidrigkeit. (Nicolette Kressl [SPD]: Das ist ja unglaub-<br />
Hier gibt es einen großen Unterschied in der Rechtsauflich!)