Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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(B)<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15419<br />
(A) Das Resultat ist die Akzeptanz minderwertiger Sicherschaft konterkarieren. Das Verbot von Leerverkäufen (C)<br />
heiten durch die EZB und für mich die Frage, wie be- war ein erster Schritt, dem weitere folgen müssten. Priherrschbar<br />
die Risiken sind, die die EZB im Rahmen ihmat der Politik heißt folglich: Die Politik regelt den<br />
rer geldpolitischen Maßnahmen eingegangen ist. Markt und nicht umgekehrt!<br />
Bonität Deutschlands: Wir müssen zur Kenntnis nehmen,<br />
dass die Preise für die Kreditausfallversicherungen<br />
deutscher Staatsanleihen deutlich gestiegen sind. Darin<br />
sehe ich zumindest ein Anzeichen, dass sich Deutschland<br />
mit weiteren Garantieübernahmen überfordern<br />
könnte, der Garantieansatz insgesamt an seine Grenzen<br />
stößt. Das Vertrauen in die deutsche Zahlungsfähigkeit<br />
ist jedoch in der gegenwärtigen Situation von zentraler<br />
Bedeutung, weil Deutschland einen Großteil der Unterstützungsleistungen<br />
für die Euro-Krisenländer aufbringt.<br />
Darauf hat auch jüngst Bundesbankpräsident Weidmann<br />
hingewiesen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland<br />
für die Kreditzusagen auch tatsächlich in Haftung genommen<br />
wird, ist zumindest gegeben. Wir dürfen unsere<br />
Wirtschaftskraft auch nicht überschätzen.<br />
Finalität: Die Erweiterung des deutschen Bürgschaftsrahmens<br />
für die EFSF steht in einer Reihe von zahlreichen<br />
Hilfsmaßnahmen für verschuldete Staaten, dessen<br />
Ende nicht absehbar ist. Bislang sind diese Maßnahmen<br />
ohne nachhaltige Wirkung geblieben, die angekündigten<br />
Ziele wurden nicht erreicht, insbesondere wurde das<br />
Vertrauen der Kapitalmärkte in Griechenland nicht gestärkt.<br />
Ich gehe weiterhin davon aus, dass an einer Umschuldung<br />
Griechenlands kein Weg vorbeiführt. Dem<br />
Argument, mit einer EFSF plus würden Ansteckungsgefahren<br />
vermieden, halte ich entgegen, dass neben Griechenland<br />
weitere Staaten in Bedrängnis gekommen<br />
sind – trotz des Rettungsschirms. Lediglich der formale<br />
Zahlungsausfall Griechenlands konnte bislang verhindert<br />
werden, das allerdings um den Preis einer europäischen<br />
Haftungsgemeinschaft, exorbitanter Garantieleistungen<br />
und eines Glaubwürdigkeitsverlustes der EZB.<br />
Dagegen wäre der – für mich ohnehin nicht zu vermeidende<br />
– Haircut Griechenlands eine Alternative, die<br />
auf dieses Land beschränkt bliebe. Irland und Portugal<br />
haben nicht die strukturellen Probleme wie Griechenland<br />
und können mit dem bisherigen Rettungsschirm stabilisiert<br />
werden. Richtig ist, dass Ansteckungseffekte unvermeidlich<br />
sind. Jedoch können die tatsächlichen Kosten<br />
für beide Szenarien nicht berechnet werden, bei einer Insolvenz<br />
Griechenlands gäbe es – das ist der große<br />
Vorteil – aber immerhin einen Schlusspunkt.<br />
Politisches Signal an die Märkte: Letztlich ist ebenso<br />
entscheidend, welches politische Signal an die Märkte<br />
gesandt wird. Die Installation von EFSF und ESM ist<br />
dem Grunde nach lediglich reaktiv. Der Gesetzentwurf<br />
versucht, künftige Risiken zu minimieren oder beherrschbar<br />
zu machen. Notwendig wäre ein deutliches<br />
proaktives Signal, das einerseits den Willen der Politik<br />
kenntlich macht, sowohl durch eine nachhaltige Etatpolitik<br />
in den EU-Mitgliedstaaten die Ursachen der Krise anzugehen<br />
als auch weitergehende Maßnahmen zur Regulierung<br />
der Märkte umzusetzen, zu denen eine<br />
Zulassungsprüfung von Finanzprodukten ebenso gehören<br />
muss wie das Verbot von Produkten, die die dienende<br />
Funktion des Bank- und Finanzsektors für die Realwirt-<br />
Werner Dreibus (DIE LINKE): Ich stimme aus folgenden<br />
Gründen gegen diesen Gesetzentwurf der Bundesregierung:<br />
Erstens. Die Maßnahmen greifen nicht die Krisenursachen<br />
an. Von der Ausweitung des Euro-Rettungsfonds<br />
profitiert ausschließlich der Finanzmarkt. Banken und<br />
Spekulanten werden aus Steuergeldern bedient. Die Ursachen<br />
der Krise bleiben gleichzeitig unangetastet. Die<br />
Krisenländer werden nicht unterstützt, sondern durch<br />
falsches Sparen weiter ausgeblutet. So wird die Krise<br />
nicht bewältigt, sondern nur weiter befeuert.<br />
Zweitens. Die Falschen müssen zahlen. Statt aus<br />
Steuergeldern die Banken zu bedienen, sollten die Krisenfolgen<br />
primär von denen getragen werden, die zuvor<br />
von dem System profitierten. Ohne eine Börsenumsatzsteuer,<br />
eine EU-weite Vermögensabgabe für Superreiche<br />
und eine Beteiligung großer privater Gläubiger sind die<br />
Belastungen und Risiken für diese Erweiterung des<br />
Euro-Rettungsschirms zutiefst ungerecht verteilt.<br />
Drittens. Die möglicherweise enormen Aufwendungen<br />
sind demokratisch nicht ausreichend legitimiert.<br />
Nach dem vorliegenden Entwurf kann die Bundesregierung<br />
unter bestimmten Umständen die Parlamentsbeteiligung<br />
praktisch völlig umgehen. Die Unterrichtungspflichten<br />
sind nicht ausreichend. Vielmehr müssen die<br />
Finanzmärkte streng reguliert werden, die Banken müssen<br />
unter demokratische Kontrolle gestellt werden. Nur<br />
durch diese Maßnahmen ist sichergestellt, dass die Steuergelder<br />
im Sinne der Steuerzahler verwendet werden.<br />
Viertens. Der Schutz der großen Mehrheit der Bürgerinnen<br />
und Bürger ist nicht ausreichend. Rentnerinnen<br />
und Rentner, Transferleistungsbeziehende und Menschen<br />
mit kleinen oder mittleren Einkommen sind auf einen<br />
handlungsfähigen Staat angewiesen. Durch die möglichen<br />
immensen Ausgaben im Haftungsfall drohen<br />
europaweit ein weiterer drastischer Sozialabbau und<br />
Steuererhöhungen für niedrige und mittlere Einkommen.<br />
Heute schon verheerend sind die Auswirkungen für die<br />
Menschen in den sogenannten Krisenländern: Massenentlassungen,<br />
Sozialabbau, Einkommensverluste und<br />
Steuererhöhungen greifen in Griechenland bereits um<br />
sich und verstärken die Krisenfolgen noch.<br />
Alexander Funk (CDU/CSU): Das Gesetz zur Erweiterung<br />
der EFSF setzt den aus meiner Sicht falschen<br />
Weg der Schuldenkrisenbewältigung durch Bürgschaftsübernahmen<br />
fort. Der weiteren Erhöhung der Risiken für<br />
unseren Haushalt, die sich durch die Anhebung des Garantierahmens<br />
auf 779,8 Milliarden Euro ergeben, sowie<br />
der Abschwächung der strikten Konditionalität bei der<br />
Gewährung von Kredittransfers kann ich nicht zustimmen<br />
und lehne das vorliegende Gesetz ab.<br />
In dreifacher Weise ist die Intention der Einrichtung<br />
eines temporären Rettungsmechanismus vom 7. Mai<br />
(D)