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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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15422 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />

(A) die Profitmaximierung, sondern das Allgemeinwohl cher Partner erwiesen haben. Diesen Weg sollte (C)<br />

Maßstab wirtschaftlicher Entscheidungen ist.<br />

Deutschland auch in der jetzigen Krisensituation fortsetzen.<br />

Josef Göppel (CDU/CSU): Das Gesetz zur Änderung<br />

des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen<br />

im Rahmen eines Europäischen Stabilisierungsmechanismus<br />

beinhaltet den dritten Rettungsschirm seit<br />

2008: Deutschland erhöht seine Garantieverpflichtung<br />

von 123 auf 211 Milliarden Euro, ohne dass damit eine<br />

Regulierung spekulativer Finanzgeschäfte verbunden ist.<br />

Zur Einführung des Euro wurden im Maastricht-Vertrag<br />

Konvergenzkriterien vereinbart wie die Begrenzung<br />

der jährlichen Nettoneuverschuldung auf 3 Prozent und<br />

ein Gesamtschuldenstand von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.<br />

Diese Kriterien sind nicht von allen Staaten<br />

eingehalten worden, auch von Deutschland nicht. In<br />

der Folge haben sich verschiedene Länder in einer Höhe<br />

Das Marktversagen auf dem Finanzsektor ist neben der verschuldet, die jetzt die Stabilität unserer Währung ge-<br />

erhöhten Staatsverschuldung aber eine wesentliche Ursafährdet.che der gegenwärtigen Krise. Der deregulierte Finanzmarkt<br />

ist der politischen Gestaltung entglitten. Täglich wird an<br />

den Börsen der Welt das 80-Fache des Produktionswerts<br />

aller Güter und Dienstleistungen gehandelt. Solche Summen<br />

können mit Steuererträgen aus der Realwirtschaft<br />

nicht mehr aufgefangen werden. Neue Anleihen für zusätzliche<br />

Rettungsschirme treiben vielmehr die Schuldenspirale<br />

weiter an und bieten Ansatzpunkte für neue<br />

spekulative Angriffe.<br />

Die jetzige Situation zeigt die Notwendigkeit, die<br />

Einhaltung der Konvergenzkriterien der Länder der<br />

Euro-Zone stärker zu überwachen als bisher und gegebenenfalls<br />

Möglichkeiten zur Verfügung zu haben, die Einhaltung<br />

der Kriterien auch durchzusetzen. Gestern hat<br />

das Europaparlament bei Enthaltung von Grünen und<br />

Linken eine Verschärfung des Stabilitätspaktes beschlossen.<br />

Deshalb sind weitere Rettungsschirme ohne rechtli- Deutschlands Volkswirtschaft ist sehr eng mit seinen<br />

che Regulierung des Finanzsektors nutzlos und nicht Nachbarn verzahnt. Eine durch die Insolvenz Griechen-<br />

verantwortbar. Wir brauchen eine Finanzmarktordnung, lands ausgelöste Bankenkrise würde den deutschen Ex-<br />

die spekulative Überhitzungen eingrenzt, hochriskante port und die durch ihn getragenen Arbeitsplätze hart tref-<br />

Geschäfte verbietet und Finanzakteure zur persönlichen fen. Daraus ergibt sich, dass Deutschland ein starkes<br />

Haftung heranzieht. Der Finanzsektor muss seine Ret- Eigeninteresse daran hat, eine Insolvenz Griechenlands<br />

tungsschirme in Zukunft selbst finanzieren. Die Banken- zu vermeiden. Außerdem ist es wichtig, die derzeitige<br />

abgabe in Deutschland ist dafür ein Anfang. Der wirk- Verschuldenskrise auf die tatsächlich notleidenden Staasamste<br />

Schritt zur Stabilisierung des Finanzsektors ist ten zu begrenzen. Dies ist nach meiner Einschätzung ge-<br />

(B) international die Finanztransaktionsteuer. Sie muss für<br />

die Euro-Zone vor weiteren Bürgschaften beschlossen<br />

werden, damit Rettungsaktionen nicht immer wieder<br />

verpuffen.<br />

lungen.<br />

Ich werde dem Rettungsschirm zustimmen. Instrumente<br />

wie Euro-Bonds, die Schuldnern neue Kredite zu<br />

niedrigen Zinsen verschaffen, lehne ich ab. Es dürfen<br />

(D)<br />

Ich bin entschieden für unsere Gemeinschaftswäh- verschuldeten Staaten keine Anreize für eine höhere Verrung<br />

und deren Stützung. Das muss aber im Rahmen eischuldung gegeben werden. Gemeinsame Staatsanleihen<br />

ner gerechten und nachhaltigen Finanzordnung gesche- sind nur im Rahmen einer gemeinschaftlichen Finanzhen,<br />

die den Grundwerten der Sozialen Marktwirtschaft und Wirtschaftspolitik denkbar, die es in der EU nicht<br />

entspricht. Das Konzept des europäischen Stabilisie- gibt und auf weite Sicht nicht geben wird. Es muss gerungsfonds<br />

bindet in großem Umfang allgemeine Steuerrade in den südeuropäischen Ländern das Verständnis<br />

mittel, die für andere öffentliche Aufgaben fehlen, und dafür gestärkt werden, dass jedes Land die Mittel zu er-<br />

konzentriert den Ertrag bei anonymen Finanzakteuren. wirtschaften hat, die es für die Finanzierung des eigenen<br />

Dieser ordnungspolitischen Fehlsteuerung kann ich nicht Staatswesens braucht. Dafür sind dort grundlegende Re-<br />

zustimmen. Die Politik muss ihre demokratische Gestalformen notwendig. Dabei sind wir in den letzten Monatungshoheit<br />

zurückholen, weil Machtlosigkeit gegenüber ten vorangekommen. Spanien wird zum Beispiel nach<br />

dem Markt und die Duldung einer faktischen Nebenre- deutschem Vorbild eine Schuldenbremse in seiner Vergierung<br />

letztlich das Vertrauen in die repräsentative Defassung verankern. Auch Griechenland hat bereits Remokratie<br />

zerstört.<br />

formen auf den Weg gebracht.<br />

Aus diesen Gründen lehne ich den Gesetzentwurf zur<br />

Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen<br />

im Rahmen eines Europäischen Stabilisierungsmechanismus<br />

ab.<br />

Ich werde dem Gesetz auch deswegen zustimmen,<br />

weil es in den letzten Monaten gelungen ist, einen starken<br />

Parlamentsvorbehalt einzuziehen. In den 90er-Jahren<br />

hat die FDP darauf hingewirkt, dass Auslandseinsätze<br />

der Bundeswehr außerhalb des Bündnisgebietes<br />

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Für die Ent- der Zustimmung des <strong>Bundestag</strong>s bedürfen. Darüber wird<br />

wicklung der Bundesrepublik Deutschland in den ver- in namentlicher Abstimmung entschieden. Ebenso hat<br />

gangenen 60 Jahren ist die Einbindung in die westliche jetzt die FDP-Fraktion darauf hingewirkt und durchge-<br />

Welt und nach dem Zusammenbruch des Warschauer setzt, dass die Regierung bei allen wesentlichen den<br />

Paktes in ein starkes Europa entscheidend gewesen. Wir Bundeshaushalt betreffenden Fragen der Euro-Stabilisie-<br />

haben wirtschaftliche Prosperität, Wohlstand und auch rung das Parlament vorab beteiligt. Das ist kein formaler<br />

die deutsche Einheit erreicht, weil wir uns als verlässli- Akt. Der Parlamentsvorbehalt bindet die Regierung.

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