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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15397<br />

(A)<br />

Angelika Krüger-Leißner<br />

Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht Dem möchte ich folgendes Zitat gegenüberstellen: (C)<br />

lediglich bei dem leiblichen Kind und dem Partner, sondern<br />

auch bei dessen Kind, also dem nicht leiblichen,<br />

stattfinden soll. Ebendiese Regelung hat das BSG für<br />

Die zur Anwendung kommende Regelung ist verfassungsgemäß.<br />

…<br />

verfassungsgemäß erachtet. Es hat insbesondere – ent- Das Gebot zur Sicherung des Existenzminimums<br />

gegen Ihrer Ansicht, liebe Kolleginnen und Kollegen der aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozial-<br />

Linken – darin keine Verletzung des Gebots zur Sichestaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG wird durch die<br />

rung des Existenzminimums gesehen. Der Gesetzgeber zur Anwendung kommende Regelung nicht verletzt.<br />

darf danach im Rahmen eines ihm zuzubilligenden Gestaltungsspielraums<br />

– ich zitiere :<br />

Sie erkennen den offensichtlichen Widerspruch zwischen<br />

der Aussage aus dem Antrag der Linken und dem<br />

bei der Gewährung von Sozialleistungen unabhängig<br />

von bestehenden bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflichten<br />

die Annahme von Hilfebedürftigkeit<br />

davon abhängig machen, ob sich für den Einzelnen<br />

typisierend aus dem Zusammenleben mit anderen<br />

zweiten Zitat. Letzteres Zitat ist aus einem Urteil des<br />

Bundessozialgerichts vom 13. November 2008, in dem<br />

es um die Berücksichtigung des Einkommens des Partners<br />

in der Bedarfsgemeinschaft zugunsten der nicht<br />

leiblichen Kinder ab dem 1. August 2008 geht.<br />

Personen Vorteile ergeben, die die Gewährung<br />

staatlicher Hilfe nicht oder nur noch in eingeschränktem<br />

Umfang gerechtfertigt erscheinen lassen.<br />

Es geht also genau um den Sachverhalt, von dem der<br />

Antrag der Linken handelt. Die Einschätzung des höchsten<br />

deutschen Sozialgerichts ist eine vollkommen andere<br />

als die der Linken. Daher halte ich ihre Behauptungen<br />

Ich finde diese Argumentation des Gerichts schlüssig<br />

und nachvollziehbar. Wenn von einer Bedarfsgemeinschaft<br />

im Sinne des SGB II auszugehen ist, darf bei Kindern<br />

Einkommen und Vermögen des neuen Partners des<br />

für unredlich und schädigend. Ich bin froh, dass in<br />

Deutschland Gerichte über die Verfassungsmäßigkeit<br />

von Gesetzen entscheiden und nicht die Politik der Linken.<br />

leiblichen Elternteils angerechnet werden.<br />

Die bestehende Regelung, dass das Einkommen von<br />

in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenlebenden Er-<br />

(B)<br />

Wir können vor dem Hintergrund dieses Urteils des<br />

Bundessozialgerichts derzeit nicht von einer verfassungswidrigen<br />

Gesetzeslage ausgehen. Sollte das Bundesverfassungsgericht<br />

im Hinblick auf die anhängige<br />

Verfassungsbeschwerde eines betroffenen Kindes allerdings<br />

zu einer anderen Beurteilung als das Bundessozialgericht<br />

kommen und § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II für<br />

verfassungswidrig erklären, dann besteht für den Gesetzgeber<br />

tatsächlich Handlungsbedarf.<br />

wachsenen auch für nicht leibliche Kinder angerechnet<br />

wird, ist am 1. Juni 2006 im Deutschen <strong>Bundestag</strong> durch<br />

das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für<br />

Arbeitsuchende mit den Stimmen von SPD und CDU/<br />

CSU beschlossen worden. Die FDP hatte damals gegen<br />

das Gesetz gestimmt, was aber nicht an dieser Einzelbestimmung<br />

lag, sondern an der grundlegend falschen<br />

Ausrichtung des damaligen Gesetzes. Diese spezielle<br />

Einzelfalländerung des damaligen Gesetzes halte ich für<br />

(D)<br />

Einstweilen halten wir den nicht für gegeben. Ihr Antrag<br />

ist voreilig. Es gilt zunächst den Ausgang des Beschwerdeverfahrens<br />

abzuwarten. Dann erst haben wir<br />

endgültig Klarheit, ob die Regelung verfassungskonform<br />

ist oder nicht.<br />

durchaus nachvollziehbar und sinnvoll.<br />

Die Kolleginnen und Kollegen der Linken stellen die<br />

Behauptung auf, dass „die derzeitigen sozialrechtlichen<br />

Regelungen massive Hürden für neue Partnerschaften<br />

und Familiengründungen darstellen.“ Sie müssen aber<br />

auch einmal weiterdenken: Eine Regelung, die erst dann<br />

Pascal Kober (FDP):<br />

das Einkommen des neuen Elternteils zur Anrechnung<br />

brächte, wenn die beiden Partner verheiratet wären,<br />

Der Antrag der Linken zur Existenzsicherung von würde massive Hürden für die Schließung einer Ehe<br />

Stiefkindern im Leistungsbezug des SGB II und SGB XII schaffen. Nun mag in Ihrem Weltbild die Ehe keine be-<br />

zeigt sehr deutlich, wie die Kolleginnen und Kollegen sondere Bedeutung haben; ich halte sie aber weiterhin<br />

der Linken arbeiten. Sie stellen Behauptungen auf, die für schützenswert.<br />

die Bevölkerung bewusst verunsichern, die bewusst<br />

skandalisieren und die bewusst die Politik in Verruf<br />

bringen sollen. All dies tun sie wider besseres Wissen.<br />

Dieses Muster ihres Verständnisses von parlamentarischer<br />

Arbeit wiederholt sich immer wieder bei den unterschiedlichsten<br />

Themen, im Sozialbereich allerdings<br />

mit einem besonderen Schwerpunkt.<br />

Es geht doch vielmehr um die Frage, ab wann Menschen<br />

sozialrechtlich füreinander einstehen und welche<br />

Rolle dabei die Kinder spielen. Wer mit einem Partner<br />

und dessen Kindern zusammenzieht, übernimmt Verantwortung<br />

für diese. Daher ist es nur folgerichtig, dass<br />

dies auch sozialrechtlich so bewertet wird.<br />

Ich möchte dies belegen, indem ich erst einmal aus<br />

dem Antrag zitiere. Dort heißt es auf Seite 2:<br />

Maßgeblich ist für uns immer das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft.<br />

Ganz unabhängig davon, welcher<br />

Teil der Bedarfsgemeinschaft welches Einkommen ein-<br />

Damit wird gegen das Grundrecht des Kindes auf<br />

ein menschenwürdiges Existenzminimum verstoßen.<br />

bringt, wird dann geprüft, ob die Bedarfsgemeinschaft<br />

leistungsberechtigt im Sinne des SGB II ist.<br />

Diese verfassungswidrige Gesetzeslage ist schnellst- Die Konsequenz des Antrags der Linken wäre, dass<br />

möglich zu korrigieren.<br />

wir die Bedarfsgemeinschaft wieder auseinanderneh-<br />

Zu Protokoll gegebene Reden

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