31.12.2012 Aufrufe

Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15415<br />

(A) Mittel- und langfristig geht es um die Stabilität unse- Insgesamt komme ich so in der Gesamtabwägung al- (C)<br />

res Kontinentes in einer sich dramatisch verändernden ler mir zur Verfügung stehenden Argumente, also des<br />

Welt. Es geht für uns, auch für unsere Kinder, um die Wissens zu diesem komplexen Thema zur Entscheidung,<br />

Möglichkeit, unsere Rolle in der Welt auch in Zukunft dass ich diese Ausweitung des europäischen Rettungs-<br />

aktiv gestalten zu können.<br />

schirms dieses Mal mittragen kann.<br />

Es ist viel von Vertrauen die Rede in diesen Wochen Das ist kein Freibrief für künftige Entscheidungen. Es<br />

und Monaten. Und es geht um viel, und vor allem um hat die Entscheidung mitbeeinflusst, dass dank unseres<br />

viel Vertrauen in diejenigen, die handeln und entschei- deutlichen Auftretens als Parlament gegenüber unserer<br />

den können, und müssen. Wir alle sollten ein gesundes, Regierung, auch des Präsidenten des Deutschen Bundes-<br />

ja tiefes Misstrauen haben gegenüber solchen, die ertages, unseres Kollegen Professor Dr. Lammert, die<br />

kennbar alles genau wissen und in keiner Weise nach- Rechte des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es bei der Stabilisiedenklich<br />

zu sein scheinen: Wer bei dieser Dimension rung der Euro-Zone nochmals deutlich gestärkt wurden.<br />

nicht nachdenklich auftritt, lässt auch Zweifel aufkom- Es wird keinen Automatismus zu weiteren Ausweitunmen,<br />

dass genug nachgedacht wurde.<br />

gen der Garantien der Bundesrepublik Deutschland ge-<br />

Viele Bürgerinnen und Bürger haben sich mit Sorgen<br />

um den Euro, um ihr Erspartes, auch um die Alterssicherung<br />

und die Zukunft ihrer Kinder oder Enkel an mich<br />

gewandt. Für mich sind das ernste Sorgen, die ich selbstverständlich<br />

sehr ernst zu nehmen habe.<br />

ben, weil es diesen Automatismus nicht geben darf. Im<br />

Gegenteil: Jeder nächste Schritt wird vom Deutschen<br />

<strong>Bundestag</strong> geprüft, der Deutsche <strong>Bundestag</strong> muss entscheiden<br />

über Ja oder Nein – und erst dann wird, wiederum<br />

im <strong>Bundestag</strong>, im Haushaltsausschuss unter diesen<br />

Vorgaben über die Einzelheiten entschieden.<br />

Bislang hat die Realwirtschaft in Deutschland keinen<br />

Schaden genommen, Deutschland stabilisiert mit seiner<br />

starken Wirtschaft, auch mit dem Export weltweit und in<br />

die EU den Euro-Raum mit. Die Sorgen der Menschen<br />

werden ernst genommen, und auch das schafft Vertrauen,<br />

wie die letzten Zahlen zum Konsumklima als ei-<br />

Das ist ein wichtiges Signal auch dafür, dass Demokratien<br />

diese nationalen und internationalen Herausforderungen<br />

besser bestehen als Länder wie China und andere,<br />

die keine Rücksichten auf die Sorgen ihrer<br />

Bevölkerung nehmen.<br />

nem der wesentlichen Indikatoren für das Vertrauen der Der Deutsche <strong>Bundestag</strong> vertritt den Souverän, das<br />

Bevölkerung in die wirtschaftliche Zukunft unterfüttern. deutsche Volk, auch in diesen Fragen, auch gegenüber<br />

Keine Lösung ist die Haltung der Opposition, den europäischen<br />

Rettungsmechanismus in einen Automatis-<br />

und manches Mal gar gegen die Forderungen der EU<br />

oder der Euro-Partner.<br />

(B) mus auszudehnen, der keine effiziente Kontrolle für<br />

Schuldensünder vorsieht. Schon bei der ersten notwendi-<br />

Unter diesen, auch vom Parlament erreichten Rahmenbedingungen<br />

fällt es mir nicht leicht, ist aber den-<br />

(D)<br />

gen Hilfe gegen den Zusammenbruch Griechenlands noch die nach Abwägung aller Positionen richtige Ent-<br />

hatte sich die SPD enthalten, die Lehman-Pleite hatte der scheidung, heute dem Gesetzentwurf zum europäischen<br />

damalige Finanzminister Steinbrück in der Wirkung fatal Rettungsschirm zuzustimmen.<br />

falsch eingeschätzt. Das ist wenig vertrauenswürdig für<br />

die Position der Opposition, die zudem mit ihrer damaligen<br />

rot-grünen Regierung die fiskalischen Todsünden<br />

gegen den Euro-Stabilitätspakt begangen hat: Schröder-<br />

Fischer-Eichel waren die ersten, die den von Kohl und<br />

Waigel ausgehandelten Stabilitätspakt gebrochen und<br />

Bei den weiteren Beratungen bleibe ich kritischer<br />

Teilnehmer als Vertreter der Menschen, die mich mit<br />

dem Vertrauen ausgestattet haben, ihre Interessen nach<br />

bestem Wissen und Gewissen zu vertreten.<br />

Kritiker an diesem Bruch verhöhnt haben. Zum anderen Marco Bülow (SPD): Zu meinem Abstimmungsver-<br />

wurde ausgerechnet Griechenland in die Euro-Zone gehalten am heutigen Tage erkläre ich Folgendes: Ich<br />

holt, obwohl das Vertrauen in die offiziellen griechi- stimme dem Gesetzentwurf zu, möchte aber folgende<br />

schen Zahlen schon damals bei Kennern erschüttert war. Bedenken zu Protokoll geben:<br />

Wer so gehandelt hat, kann nicht auf großes Vertrauen<br />

zählen, wenn es um die Zukunft des Euro geht.<br />

Das vorliegende Gesetz hat eine Dimension und eine<br />

Tragweite, die selbst Fachleute nicht überblicken können.<br />

Dass die Bundesregierung sich mit ihrer Forderung Ich bin kein Finanzexperte und muss eingestehen, dass<br />

nach einer strengeren Regulierung endlich bei der EU- ich mich auf die Vorgaben der Fachleute verlassen muss.<br />

Kommission durchgesetzt hat, ist ein später Erfolg der Ich sehe keine inhaltliche Alternative, die ich für unpro-<br />

Bundesregierung. Ebenso klar muss jeder wissen, dass blematischer halte, und folge deshalb der SPD-Fraktion<br />

sich SPD und Grüne im Europäischen Parlament in die- und stimme dem Gesetz zu.<br />

sen Tagen genau gegen diese Stabilitätskriterien geäußert<br />

und gegen diese Vorschläge gestimmt haben.<br />

Zur Darlegung meiner inhaltlichen Kritikpunkte. Eine<br />

Politik, die darauf abzielt, Sozialleistungen und Löhne<br />

Es ist also kein polemisches, populistisches Theater, abzubauen und Löhne zu senken, wie das jetzt in Grie-<br />

das uns hier weiterhilft. Im Gegenteil: Das schafft kein chenland und teilweise in Südeuropa – auch durch Druck<br />

Vertrauen. Wir wollen, ich will für unsere Zukunft, für der Bundesregierung – geschieht und wohl weiterhin ge-<br />

meine und unsere Kinder, dass wir ein durch die Krise geschehen wird, ist zweifelhaft. Dies ist eine neoliberale<br />

steuertes, erstarktes Europa haben und kein geschwächtes Politik, die ganz sicher zu keiner Stabilisierung der Ver-<br />

oder gar wirtschaftlich abgeschafftes Europa.<br />

hältnisse in Griechenland führen wird.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!