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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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(B)<br />

15384 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />

(A)<br />

Anton Schaaf<br />

die unterschiedlichen Rehaträger der Sozialversiche- Tendenzen zur Verdichtung der Arbeit, insbesondere (C)<br />

rung seit jüngerer Zeit auch für präventive Maßnahmen in Berufen mit belastenden Arbeitsbedingungen, bringen<br />

verantwortlich.<br />

gesundheitliche Risiken mit sich. Längeres gesundes Arbeiten<br />

setzt daher einen alters- und alternsgerechten<br />

Umbau der Arbeitswelt voraus. Von zentraler Bedeutung<br />

zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit ist dabei das betriebliche<br />

Gesundheits- und Wiedereingliederungsmanagement,<br />

mit dem frühzeitig gegen drohende Leistungsminderung,<br />

Erkrankung, Behinderung und Erwerbsminderung<br />

vorgegangen werden kann.<br />

Führen wir uns vor Augen, in welchem Spannungsfeld<br />

wir uns bewegen: Wer als Arbeitnehmer schwer<br />

krank wird und in der Folge gemäß der Definition des<br />

SGB IX von Behinderung bedroht ist, hat die Möglichkeit,<br />

Rehaleistungen zu beantragen, um die Wiedereingliederung<br />

in das Arbeitsleben zu erreichen. Nur wenn<br />

die gesundheitliche Einschränkung nicht in absehbarer<br />

Zeit zu beseitigen ist, kommt eine Rente wegen Erwerbsminderung<br />

infrage. Grundsätzlich müssen aber die versicherungsrechtlichen<br />

und persönlichen Voraussetzungen<br />

erfüllt sein, um einen Anspruch auf Leistungen der<br />

gesetzlichen Rentenversicherung überhaupt geltend zu<br />

machen.<br />

Zurzeit werden circa 64 Prozent der Anträge auf Rehaleistungen<br />

bewilligt. In den Jahren zuvor lag die Bewilligungsquote<br />

konstant bei 67 Prozent. Eine Überprüfung<br />

ist daher, wie im Nationalen Aktionsplan der<br />

Bundesregierung zur Umsetzung des Übereinkommens<br />

der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen<br />

mit Behinderungen vorgesehen, unbedingt geboten.<br />

Zugleich wird rund die Hälfte der Anträge auf Erwerbsminderungsrente<br />

abgelehnt, zumeist weil die persönlichen<br />

Voraussetzungen nicht erfüllt werden. Dabei<br />

werden Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung<br />

häufiger gewährt als volle Erwerbsminderungsrenten.<br />

Was mit den Menschen geschieht, deren Anträge abgelehnt<br />

werden, können wir erahnen. Wer krank ist und aus<br />

diesem Grund seinen Arbeitsplatz verliert, wird irgendwann<br />

bei entsprechender Bedürftigkeit auf Leistungen<br />

des SGB II oder des SGB XII angewiesen sein. Dies kann<br />

aber auch für Personen gelten, die eine Erwerbsminderungsrente<br />

beziehen. Damit wird deutlich, dass wir mehrere<br />

Probleme stemmen müssen:<br />

– Zum einen muss die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt<br />

mehr Menschen ermöglicht werden. Dies<br />

darf nicht an einem zu engen Berechnungskorsett<br />

scheitern – zumal der gesamtgesellschaftliche Gewinn<br />

den Aufwand deutlich übersteigen wird.<br />

– Zum anderen muss es Verbesserungen in der Höhe<br />

der Erwerbsminderungsrenten geben. Zugleich müssen<br />

wir Menschen, die gesundheitlich eingeschränkt<br />

sind, neue Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt eröffnen.<br />

Wer wegen Krankheit nach einem langen Arbeitsleben<br />

früher in Rente geht, soll keinen mit Abschlägen<br />

verbundenen vorzeitigen Rentenbeginn<br />

akzeptieren müssen oder soll nicht vor dem Renteneintritt<br />

auf Arbeitslosengeld II verwiesen werden.<br />

– Darüber hinaus ist aber der enge Zugang zur Erwerbsminderungsrente<br />

gerade für ältere Arbeitnehmer<br />

einer Prüfung zu unterziehen. Dabei ist zu bedenken,<br />

dass zum einen diese Renten grundsätzlich<br />

nur befristet geleistet werden und zum anderen auch<br />

eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bei<br />

Inanspruchnahme von Rehaleistungen im Bereich<br />

des Möglichen liegt.<br />

Leider geschieht gegenwärtig in den Betrieben und<br />

Unternehmen zu wenig. Nur ein Fünftel der Betriebe<br />

führt spezifische Maßnahmen zur Gesundheitsförderung<br />

durch. Insbesondere kleine, aber auch mittlere Unternehmen<br />

müssen aber befähigt werden, ihren gesetzlichen<br />

Pflichten nachzukommen und externe Unterstützungsangebote<br />

zu nutzen. Sozialversicherungen und<br />

staatliche Aufsichtsämter müssen ihre Verantwortung<br />

stärker wahrnehmen. Dazu ist aber auch dort der Vorrang<br />

der Prävention nach § 3 SGB IX stärker zu verankern.<br />

Wollen wir mehr Menschen den Weg zurück ins Arbeitsleben<br />

ebnen, setzt dies einen stärkeren, zielgenaueren<br />

und flexibleren Einsatz der Instrumente zur beruflichen<br />

Rehabilitation durch die Rentenversicherung<br />

voraus. Auch Personen, die eine befristete Erwerbsminderungsrente<br />

beziehen, haben einen Anspruch auf Rehabilitation<br />

und Unterstützung bei der Wiedereingliederung.<br />

Dieser Anspruch muss künftig besser umgesetzt<br />

werden, um den Betroffenen neue Perspektiven zu eröffnen.<br />

Die demografische Entwicklung, die zurzeit gesetzlich<br />

geregelte Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalter,<br />

aber auch die Zunahme von psychischen und anderen<br />

chronischen Erkrankungen führen zu einem größeren<br />

Bedarf an Rehabilitationsmaßnahmen.<br />

Die Kommission Alterssicherung des SPD-Parteivorstands<br />

greift diese Themen auf und schlägt Lösungen<br />

vor, in Bezug auf Rehabilitationsleistungen die Erhöhung<br />

des jährlich verfügbaren Budgets für Leistungen<br />

zur Teilhabe. Dazu soll vor allem die demografische<br />

Entwicklung bei der Dynamisierung des Rehabudgets<br />

berücksichtigt werden. Zu diesem Vorschlag und weiteren<br />

Vorschlägen der Kommission – deren Arbeitsauftrag<br />

ist hauptsächlich darauf gerichtet, Maßnahmen gegen<br />

Altersarmut und für eine ausreichende Alterssicherung<br />

zu erörtern – wird die SPD-<strong>Bundestag</strong>sfraktion in<br />

nächster Zeit einen Antrag in den Deutschen <strong>Bundestag</strong><br />

einbringen.<br />

Darüber hinaus liegt eine Entschließung des Bundesrats<br />

auf Initiative von Mecklenburg-Vorpommern zum<br />

Thema vor. Hier heißt es:<br />

Zu Protokoll gegebene Reden<br />

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf,<br />

Vorschläge vorzulegen, wie die Regelung des § 220<br />

Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zur Ermittlung<br />

der jährlichen maximalen Ausgaben für<br />

Leistungen zur Teilhabe an Hand objektiver Kriterien<br />

und entsprechend dem tastsächlichen Bedarf<br />

an Teilhabeleistungen geändert werden kann.<br />

(D)

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