Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15313<br />
(A)<br />
Christoph Strässer<br />
ergreifen – Teil des Engagements nicht nur Europas, waffen in zivilen Händen. Das bedeutet im Klartext, um- (C)<br />
sondern auch der gesamten internationalen Staatengegerechnet auf die Bevölkerung: Von 100 Menschen in<br />
meinschaft zur Sicherung der Staatlichkeit, der Men- Sudan haben 8 eine Kleinwaffe. Zum Verhältnis: Die<br />
schenrechte und der Zukunft der Menschen in Sudan ins- Zahl der offiziellen Polizeiwaffen liegt bei 200 000. Man<br />
gesamt. Deshalb finde ich, dass man diesem Mandat muss sich vor Augen halten, was das bedeutet.<br />
heute zustimmen muss, um die Sache voranzubringen.<br />
Ich tue das mit Überzeugung und nicht mit Bauchschmerzen<br />
wie an anderen Stellen.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP<br />
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)<br />
Deshalb stellt sich für mich die Frage: Wenn man es<br />
mit diesem Programm der Entmilitarisierung, der Demobilisierung,<br />
der Entwaffnung und der Reintegration ernst<br />
meint, was ich für richtig halte, dann muss man dafür<br />
auch Instrumente bereithalten. Wenn wir beklagen, dass<br />
Lassen Sie mich aus einem Papier der Friedrich-<br />
Ebert-Stiftung vom Juli 2011 zitieren. Lassen Sie mich<br />
Folgendes zur Erläuterung sagen: Ich beziehe mich in<br />
diesem Zusammenhang gerne auf die Friedrich-Ebert-<br />
Stiftung, weil sie seit vielen Jahren in beiden Teilen des<br />
Sudan aktiv ist. Die Kollegin Anja Dargatz, die dieses<br />
Papier verfasst hat, arbeitet seit 2008 mit einem Büro<br />
und vielen Ortskräften in Khartoum und einem Büro in<br />
Juba zusammen. Sie versuchen, die Menschen, die ver-<br />
dort bewaffnete Milizen aktiv sind, dann frage ich mich:<br />
Welche Institution, welcher Akteur sammelt diese Waffen<br />
ein und führt sie ihrem letzten Zweck zu, nämlich sie<br />
auf den Müllhaufen zu werfen? Ich sage: Das macht<br />
keine lokale Polizei. Das macht keine lokale Nichtregierungsorganisation.<br />
Dafür braucht man eine entsprechende<br />
Ausbildung. Dafür braucht man geschulte Leute.<br />
Daher ist das UNMISS-Mandat in der jetzigen Phase für<br />
mich wirklich unverzichtbar.<br />
feindet sind, die gegeneinander gekämpft haben, zusammenzuführen.<br />
Ich finde, das ist ein ganz wichtiger und<br />
richtiger Ansatz, den es außerhalb dieser Institution nur<br />
ganz selten gibt.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der<br />
CDU/CSU und der FDP)<br />
(B)<br />
In diesem Papier wird Folgendes ausgeführt – ich zitiere<br />
jetzt –:<br />
Die Internationale Gemeinschaft wird auch in absehbarer<br />
Zeit nicht aus dem Südsudan wegzudenken<br />
sein, sei es als privatwirtschaftlicher Investitionsgeber,<br />
als humanitärer Helfer und bei der<br />
Entwicklungszusammenarbeit, als Weltbankkreditgeber<br />
oder als UNMIS-Truppensteller. Vergleicht<br />
man die humanitäre Situation im Südsudan mit anderen<br />
Ländern in der Region, die trotz Entwicklungsvorsprungs<br />
ebenfalls noch beträchtliche Unterstützung<br />
erfahren, so ist die Unterstützung mehr<br />
als gerechtfertigt.<br />
Wenn man sich diese Frage wirklich ernsthaft stellt,<br />
dann muss man sich auch einmal überlegen, wie die internationale<br />
Staatengemeinschaft aufgestellt ist. Das<br />
CPA, das umfassende Friedensabkommen, ist erwähnt<br />
worden. Es ist nicht in allen Punkten umgesetzt worden,<br />
in ganz wesentlichen nicht. Der Ehrlichkeit und der<br />
Wahrheit halber muss man aber auch feststellen – viele<br />
von uns haben den Entstehungsprozess bis zum Jahr<br />
2005 begleitet; wir waren mit dem Menschenrechtsausschuss<br />
in Arusha, als es nicht geklappt hat –: Dieses umfassende<br />
Friedensabkommen, das CPA, wäre nicht zustande<br />
gekommen und auch die darauffolgende Entwicklung<br />
– die nicht gut verläuft – wäre überhaupt nicht<br />
in Gang gekommen, wenn das UNMIS-Mandat damals<br />
(D)<br />
Ich glaube, besser kann man die Situation und das,<br />
was zu tun ist, nicht auf den Punkt bringen.<br />
nicht im CPA verankert worden wäre. UNMIS ist nicht<br />
deshalb verankert worden, weil die Vereinten Nationen<br />
das wollten, sondern weil beide Parteien, der Norden wie<br />
Deshalb möchte ich auf die Frage eingehen, was der Süden, gesagt haben: Jawohl, wir wollen eine solche<br />
UNMISS angesichts der desolaten ökonomischen und Komponente, wir brauchen die internationale Staatenge-<br />
sozialen Situation in Südsudan tun kann. Ich habe mir meinschaft in diesem Umfang. Deshalb war das, glaube<br />
die Reden angeschaut, die im Rahmen der ersten Lesung ich, damals eine richtige Entscheidung. Jetzt müssen wir<br />
hier gehalten worden sind, insbesondere von denjenigen, uns angesichts der neuen Aufgaben für UNMISS im Sü-<br />
die gegen eine Fortsetzung des Mandats plädiert haben. den überlegen, was zu tun ist.<br />
Ich möchte zwei Dinge herausgreifen.<br />
Der für mich wichtigste Aspekt sind die Sicherheitsstrukturen.<br />
Es geht um die Möglichkeiten der Entwaffnung.<br />
Dazu ist gesagt worden, dass eines der wesentlichen<br />
Probleme ist, dass Gruppen, Milizen, auch Milizen,<br />
die der SPLA nahestehen und mit ihr zusammenarbeiten,<br />
bewaffnet sind, dass diese Waffen nicht abgegeben wor-<br />
Ich sage noch einmal: Die erste wichtige Aufgabe ist<br />
die Entwaffnung, dieses DDRR-Programm. DDRR<br />
heißt: Demobilisierung, Entwaffnung und Reintegration.<br />
Das hat also nichts mit deutschen historischen Reminiszenzen<br />
zu tun. Dafür brauchen wir die UNMISS-Soldaten.den<br />
sind. Es ist gesagt worden, dass dies die größte Ge- Wir brauchen sie zweitens, aber auch – da möchte ich<br />
fahr für die Zivilbevölkerung ist. Ich füge hinzu: Die ein Beispiel nennen, das mir selber passiert ist – für die<br />
Kollegin von den Grünen hat das Problem der Kleinwaf- Sicherung von Transportkapazitäten. Die Mitarbeiter des<br />
fen angesprochen. Ich möchte eine Zahl nennen, um die World Food Programme sagen: Die Transportmöglich-<br />
Dimension dessen, worüber wir reden, deutlich zu makeiten in den Südsudan sind deshalb so schwierig und<br />
chen. Nach Schätzungen einer international anerkannten kompliziert, weil beispielsweise private Organisationen,<br />
Organisation, die sich mit Rüstungsexport bzw. Klein- die in diesem Bereich aktiv sind, ihre Autos nicht mehr<br />
waffenexport befasst, gibt es in Sudan 720 000 Klein- zur Verfügung stellen, weil sie abgefangen werden, weil