Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15242 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A)<br />
Michael Schlecht<br />
für herrscht, wo die eigentlichen Ursachen der Krise lie- ich Mitglied der Deutsch-Niederländischen Parlamen- (C)<br />
gen. Hier wird nur von der Verschuldung der tariergruppe, weil es mir wichtig ist, die Beziehungen zu<br />
Krisenländer wie Griechenland und Portugal geredet und vertiefen und zu pflegen.<br />
so getan, als ob das deren eigene Schuld sei. Es gibt<br />
überhaupt keinen Anhaltspunkt, dass verstanden würde,<br />
dass die eigentlichen Ursachen dieser sogenannten Euro-<br />
Krise in Deutschland liegen. Von den anderen vier Frak-<br />
Dieser sogenannte Rettungsschirm ist aber nicht proeuropäisch.<br />
Er ist unsozial, ökonomisch unsinnig und ein<br />
weiterer Schritt zur Spaltung Europas.<br />
tionen in diesem Haus ist in den letzten zehn Jahren insbesondere<br />
mit der Agenda 2010 über Befristungen,<br />
Leiharbeit, die Einführung von Minijobs und Hartz IV<br />
ein Repressionssystem am Arbeitsmarkt eingeführt worden,<br />
das dazu geführt hat, dass die Tariferosion deutlich<br />
zugenommen hat und die Löhne in Deutschland gesunken<br />
sind.<br />
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Ist Arbeitslosigkeit<br />
besser als Arbeit? – Dr. Johann<br />
Wadephul [CDU/CSU]: Das ist doch keine Erklärung<br />
mehr!)<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
Die Auflagen, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
dem griechischen Volk heute verordnen wollen,<br />
sind absolut kontraproduktiv. Statt die griechische Wirtschaft<br />
anzukurbeln, werden Löhne und Gehälter gekürzt.<br />
Das Ergebnis dieser falschen Politik ist absehbar: Es<br />
wird einen weiteren Rückgang der Wirtschaftsleistung<br />
mit der Folge eines massiven Anstiegs der Arbeitslosigkeit<br />
geben. Gewerkschaften rechnen schon mit 26 Prozent<br />
Arbeitslosigkeit in Griechenland. In Spanien steht<br />
eine Generation gut ausgebildeter junger Leute bereit,<br />
Ich habe gegen den Gesetzentwurf gestimmt, weil<br />
nicht erkennbar ist, dass auf dieser Grundlage irgendwelche<br />
Verbesserungen erreicht werden. Denn die Ursachen<br />
denen der Einstieg in den Arbeitsmarkt vollständig verschlossen<br />
ist. Das ist eine soziale Katastrophe. Daran<br />
kann ich mich nicht beteiligen.<br />
des Problems bestehen darin, dass die deutschen Exporte<br />
durch das Lohndumping immer stärker und der Binnen-<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
markt immer schwächer geworden sind. Dadurch konn- Hinzu kommt: Die Wählerinnen und Wähler in meiten<br />
die anderen Länder immer weniger importieren. Der nem Wahlkreis und auch in den benachbarten Niederlan-<br />
Außenhandelsüberschuss ist dramatisch auseinandergeden verstehen überhaupt nicht, dass die Europäische Zengangen,<br />
und die deutschen Unternehmer haben andere tralbank Geld für 1,5 Prozent an Privatbanken verleiht,<br />
Märkte erobert. Das hat dazu geführt, dass die Verschul- die dieses Geld dann für Wucherzinsen zum Beispiel an<br />
dung in den anderen Ländern dramatisch angestiegen ist. Griechenland weitergeben. Dabei haben die Privatbanken<br />
Das deutsche Lohndumping ist also die Ursache für die überhaupt kein Risiko; denn wenn Griechenland nicht<br />
(B)<br />
Verschuldung dieser Länder.<br />
Ich habe gegen den Gesetzentwurf gestimmt, weil er<br />
überhaupt keine Elemente enthält, mit denen diesem<br />
Problem begegnet und das Ganze wieder rückgängig gemacht<br />
werden kann.<br />
zahlen kann, müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler<br />
in Europa, also die Verkäuferin bei Lidl und der<br />
niederländische Tulpenzüchter, dieses Risiko tragen.<br />
Deshalb ist dieser Euro-Rettungsschirm aus meiner Sicht<br />
ein Rettungsschirm für die Banken und nicht für die Menschen.<br />
(D)<br />
Ich danke Ihnen.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
(Beifall bei der LINKEN – Max Straubinger<br />
[CDU/CSU]: Das war wirklich schlecht!)<br />
Ich hätte zugestimmt, wenn wir die Banken mit einem<br />
entsprechenden Programm unter öffentliche Kontrolle<br />
bekommen hätten, wenn das Finanzsystem reguliert<br />
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: worden wäre, damit Ratingagenturen und Hedgefonds<br />
Nun Kathrin Vogler.<br />
künftig nicht genauso weitermachen können wie bisher,<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
und wenn die Sozialleistungen und Löhne in Europa erhöht<br />
worden wären. Dann könnte nämlich nicht nur der<br />
Euro gerettet werden, sondern dann könnte das Projekt<br />
Europa als soziales Friedensprojekt wieder von mehr<br />
Menschen akzeptiert werden.<br />
Deshalb ist es mir gerade als Europäerin wichtig, dass<br />
dieses erfolgreiche Friedensprojekt – und das ist die Europäische<br />
Union – nicht einer falschen Wirtschaftspolitik<br />
und den Profiten der Banken sowie ihrer Aktionäre<br />
geopfert wird. Dafür kann ich meine Stimme nicht abgeben.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
Kathrin Vogler (DIE LINKE):<br />
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen<br />
und Kollegen! Ich habe gegen die Erweiterung des sogenannten<br />
Euro-Rettungsschirms gestimmt. Dies habe ich<br />
als überzeugte Europäerin getan.<br />
(Lachen des Abg. Max Straubinger [CDU/<br />
CSU])<br />
Ich sage ganz klar Ja zu Europa; denn ich komme aus<br />
der deutsch-niederländischen Grenzregion und weiß,<br />
was Europa für uns, die wir dort leben, bedeutet. Ich<br />
sehe, wie wir uns unseren niederländischen Nachbarinnen<br />
und Nachbarn annähern, wie wir den Austausch verbessert<br />
haben und welche Erleichterung es für uns ist,<br />
den Euro als gemeinsame Währung zu haben. Auch bin<br />
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:<br />
Nun Annette Groth.<br />
(Beifall bei der LINKEN)