Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15265<br />
(A)<br />
Dr. Johann Wadephul<br />
der Tat Handwerksbetriebe und mittelständische Be- der Arbeit zu vergeben hat, niemanden einstellt, der (C)<br />
triebe; wir haben in Schleswig-Holstein nämlich fast diese Arbeit erledigen soll, wenn es nicht die Möglich-<br />
keine Großbetriebe.<br />
keit der Befristung gibt. Würde das nach dieser Logik<br />
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Dann ist ja klar, warum<br />
keiner kommt, wenn sie keine haben!)<br />
nicht bedeuten, dass die Arbeit dann einfach nicht gemacht<br />
wird, dass also der Arbeitgeber, obwohl er einen<br />
Auftrag hat, die Arbeit nicht erledigen lässt, weil er nie-<br />
– Ich will Ihnen das ganz nüchtern sagen. – Denen darf manden unbefristet einstellen will?<br />
man keinen bösen Willen unterstellen.<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Überstunden!)<br />
Sie dürfen aber nicht jedem Arbeitgeber und Betriebsinhaber<br />
– da sind Sie in Ihrer Gedankenwelt etwas<br />
verfangen, um es vornehm zu formulieren –,<br />
Das ist doch vollkommen an den Haaren herbeigezogen!<br />
Können Sie sich vorstellen, dass inzwischen gerade in<br />
größeren Betrieben Arbeitgeber mit Betriebsräten über<br />
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wenn es keine eine bestimmte Quote bei Befristungen verhandeln wol-<br />
Großbetriebe gibt, kann keiner zu Ihnen kommen!)<br />
der einen größeren Auftrag bekommt, absieht, dass er in<br />
den nächsten ein, zwei Jahren etwas mehr zu tun haben<br />
wird, sich fragt: „Wie kann ich mich für die Zeit danach<br />
absichern? Ich möchte ja nicht den Betrieb insgesamt<br />
und andere Arbeitsplätze in Gefahr bringen“, und sich<br />
entscheidet, zur Absicherung des Betriebes insgesamt<br />
zur Befristung zu greifen, unterstellen, dass er Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer ausnutzen möchte und<br />
len – bei Siemens zum Beispiel ist sie mit 5 oder 10 Prozent<br />
relativ hoch –, weil sie das Risiko der Beschäftigung<br />
ganz bewusst auf die einzelnen Mitarbeiter<br />
verlagern und es nicht mehr selbst als Arbeitgeber tragen<br />
wollen? Können Sie sich vorstellen, dass das ein Motiv<br />
der Arbeitgeber sein könnte und dass es sinnvoll wäre,<br />
dem als Gesetzgeber einen Riegel vorzuschieben?<br />
(Beifall bei der LINKEN – Anton Schaaf [SPD]:<br />
So sieht das der Laumann auch!)<br />
etwas Böses im Schilde führt. Das ist schlichtweg die Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU):<br />
Voraussetzung dafür, dass unser Mittelstand funktioniert.<br />
Wir müssen einem Arbeitgeber im Falle eines größeren<br />
Auftragsschubes die Möglichkeit zum Atmen und in der<br />
Zeit danach die Möglichkeit zur Schrumpfung geben.<br />
Herr Ernst, ich will den Versuch machen, Ihnen noch<br />
einmal das Beispiel – da haben Sie eingehakt – zu erklären,<br />
das für viele gilt. Ich habe insbesondere auf kleine<br />
und mittelständische Unternehmen abgehoben. Diese<br />
(Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE] meldet sich<br />
zu einer Zwischenfrage)<br />
bewerben sich auf eine Ausschreibung hin um einen bestimmten<br />
Auftrag, den sie bekommen können. Diese Bewerbungen<br />
müssen in einer Wettbewerbssituation natur-<br />
(B) Sonst wird man nicht dauerhaft Arbeitsplätze in gemäß knapp kalkuliert sein. Die Unternehmen sagen (D)<br />
Deutschland schaffen. Das ist schlicht und ergreifend die sich: Bewerbe ich mich um diesen Auftrag, gehe ich in<br />
Realität, mit der Sie sich insgesamt auseinandersetzen diese Auseinandersetzung hinein, dann brauche ich,<br />
sollten.<br />
wenn ich den Zuschlag erhalte, mehr Beschäftigte. Ich<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
kann nicht sicher sagen, dass ich dem Beschäftigten hinterher<br />
Lohn und Brot geben kann, dass das also eine dau-<br />
Das führt mich insgesamt dazu – –<br />
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE<br />
GRÜNEN]: Sie haben die Frage nicht beantwortet!)erhafte<br />
Anstellung sein wird. – Sie fragen sich, mich<br />
oder auch andere, die sie beraten: Wie kann ich so eine<br />
Situation handhaben? Ich möchte den Auftrag annehmen,<br />
wodurch der Wirtschaft insgesamt geholfen wird,<br />
weil eine Wertschöpfung stattfindet, gleichzeitig soll<br />
aber gewährleistet sein, dass ich mich hinterher von den<br />
Vizepräsident Eduard Oswald:<br />
Es gibt den Wunsch nach einer weiteren Zwischenfrage,<br />
diesmal vom Kollegen Ernst. Gestatten Sie sie?<br />
Arbeitnehmern trennen kann – leider. Das macht keinem<br />
einzigen Arbeitgeber Freude, sondern sie haben lieber<br />
mehr Beschäftigte, weil sie dann mehr Aufträge und<br />
Umsätze haben und größer werden. Nur wenige wollen<br />
Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU):<br />
Ja. Unter Geschlechtergesichtspunkten<br />
kleiner werden. Aber sie brauchen auch die Möglichkeit,<br />
sich hinterher von diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern<br />
wieder zu trennen.<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was?)<br />
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Gibt es doch: die<br />
muss ich bei der Linksfraktion eine Gleichbehandlung<br />
ermöglichen.<br />
Kündigung! Gab es früher doch auch! Betriebsbedingte<br />
Kündigung ist nichts Neues!)<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ach so, okay! –<br />
Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und<br />
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit<br />
bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
– Herr Ernst, dass es den deutschen Kündigungsschutz<br />
gibt, ist richtig und vollkommen in Ordnung, aber das ist<br />
nicht ganz einfach. Die Erfahrung eines Arbeitgebers in<br />
so einer Situation ist nämlich regelmäßig die, dass eine<br />
betriebsbedingte Kündigung nicht ganz einfach, sondern<br />
schwierig ist<br />
Klaus Ernst (DIE LINKE):<br />
Das ist ja ein ganz neuer Aspekt. – Ich habe den Eindruck,<br />
Sie haben gerade unterstellt, dass ein Arbeitgeber,<br />
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Es soll ja nicht<br />
einfach sein! Das ist gut!)