Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15255<br />
(A)<br />
Ulrich Lange<br />
Gerade in diesem Punkt hat das Bundesarbeitsgericht Ich möchte noch einen anderen Punkt ansprechen, (C)<br />
im April dieses Jahres ein durchaus bemerkenswertes nämlich dass befristete Arbeitsverhältnisse ein Weniger<br />
Urteil gefällt, indem es auf die Klage einer studentischen an Rechten darstellen. Das ist definitiv nicht der Fall.<br />
Hilfskraft, die dann als Lehrerin eingestellt wurde, festgestellt<br />
hat, dass es sich nach mehr als drei Jahren Unter- (Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])<br />
brechung um kein Zuvor-Arbeitsverhältnis handelt. Das<br />
BAG hat also ganz klar den Dauerausschluss, von dem<br />
wir arbeitsrechtlich bisher ausgegangen sind, abgelehnt.<br />
Auch für befristet Beschäftigte gelten Tarifverträge und<br />
Urlaubsansprüche. Auch die Wahl in den Betriebsrat ist<br />
selbstverständlich möglich.<br />
(Klaus Barthel [SPD]: Aufgeweicht!)<br />
(Stefan Rebmann [SPD]: Theoretisch, ja!)<br />
Diese Entscheidung entspricht nicht nur den Bedürfnissen<br />
der Praxis, sondern sie hat in der Fachwelt durchaus<br />
große Zustimmung erfahren.<br />
(Klaus Barthel [SPD]: Was ist denn das für<br />
eine Fachwelt?)<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube nicht, dass<br />
hier die Befristung mit Sachgrund eine Lösung ist. Ich<br />
will jetzt nicht auf das Thema Probezeit eingehen; denn<br />
– ohne hier jetzt ins Detail zu gehen – die Probezeit in<br />
§ 622 BGB meint eine andere Erprobung als<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, ins-<br />
§14TzBfG.<br />
besondere der Gewerkschaften – Herr Kollege Barthel,<br />
Sie sind ja bei Verdi –, ich habe mir das Protokoll über<br />
die Anhörung angeschaut und dabei erfreut festgestellt,<br />
dass die Kollegin des DGB festgehalten hat – anders als<br />
in der Rede auf dem Verdi-Bezirkstag –, dass bei der Abschaffung<br />
der sachgrundlosen Befristung die Gefahr bestehe,<br />
dass andere atypische Beschäftigungsverhältnisse<br />
zunähmen. Das heißt im Ergebnis – so ist es im Wortprotokoll<br />
festgehalten –, dass dann mit einer Zunahme von<br />
Leiharbeit und sonstigen Dienstverhältnissen gerechnet<br />
Eines ist klar geworden: Was heute gesagt worden ist,<br />
nämlich dass die Generation Praktikum keine Anschlusschance<br />
im gleichen Betrieb hat, wurde durch die neue<br />
Rechtsprechung des BAG im April dieses Jahres korrigiert.<br />
Diejenigen, die in einem Unternehmen studentische<br />
Hilfskräfte waren, können nach dieser im Urteil genannten<br />
Dreijahresfrist in ebendiesem Betrieb Arbeit<br />
finden. Wir sollten uns auf den Weg machen, die Detailfragen<br />
im Lichte dieser Entscheidung zu klären.<br />
werden müsse.<br />
Ich halte fest: Die sachgrundlose Befristung hat eine<br />
(Klaus Barthel [SPD]: Deswegen müssen wir<br />
Brückenfunktion.<br />
die auch neu regeln!)<br />
(Zuruf der Abg. Katja Mast [SPD])<br />
(B) Genau deshalb sollten Sie sich sehr gut überlegen, wo<br />
Sie die Axt anlegen.<br />
Sie bietet Flexibilisierungsmöglichkeiten, die wir benötigen.<br />
Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen, dass wir<br />
(D)<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –<br />
Klaus Barthel [SPD]: Das geht nachher alles in<br />
einem Aufwasch!)<br />
– Nein, die Kollegin des DGB denkt nicht theoretisch<br />
wie Sie, sondern sie steht mit beiden Beinen in der Ar-<br />
nicht der Theorie folgen, die der Kollege Ernst präsentiert<br />
hat. Was er mit Blick auf das alte Rom gesagt hat,<br />
halte ich für unwürdig; denn unsere Arbeitsverhältnisse<br />
sind keine Sklavenarbeit.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
beitswelt und weiß, wie es in den Betrieben zugeht. Sie<br />
vertritt damit die Interessen der Menschen, die arbeiten<br />
und arbeiten wollen und die Hoffnung auf den Klebeef-<br />
Wir sind ein moderner Rechtsstaat, in dem Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer sehr wohl Rechte haben.<br />
fekt und auf eine Brücke hin zu unserem deutschen Arbeitsmarkt<br />
haben.<br />
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie lassen<br />
Stundenlöhne von 3,50 Euro zu!)<br />
(Klaus Barthel [SPD]: Das stimmt überhaupt<br />
nicht! Der DGB ist gegen die sachgrundlose<br />
Befristung!)<br />
Ich glaube auch nicht, dass wir mit einer billigen Neidkampagne<br />
weiterkommen. Wir sollten froh sein, dass<br />
wir statt 5 Millionen Arbeitslose weniger als 3 Millionen<br />
– Lesen Sie selbst! Sie waren wahrscheinlich bei der An- Arbeitslose haben.<br />
hörung nicht dabei.<br />
Aufgrund der sachgrundlosen Befristung ist ein Weg<br />
(Stefan Rebmann [SPD]: Ich bin Vorsitzender in die Unternehmen möglich. Natürlich wünschen wir<br />
des DGB-Bezirks Nordbaden!)<br />
uns unternehmerischen Erfolg sowie gute und fleißige<br />
– Dann lesen Sie nach, was Ihre Sachverständige gesagt<br />
hat. Schicken Sie doch das nächste Mal eine andere<br />
Sachverständige, wenn Ihnen das, was bei einer Anhörung<br />
herauskommt, nicht passt.<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen.<br />
Dann ist es möglich, Dauerarbeitsverhältnisse zu schaffen.<br />
Sie sind die Idealarbeitsverhältnisse. Die Politik<br />
sollte die Menschen aber nicht glauben machen, dass es<br />
eine arbeitsrechtliche Vollkaskogesellschaft geben kann,<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) indem die befristeten Arbeitsverhältnisse abgeschafft<br />
Wir erwarten von Sachverständigen in einer Anhörung,<br />
werden.<br />
dass sie offen und ehrlich antworten. Sonst könnten wir (Klaus Barthel [SPD]: Sie sind für Tage-<br />
uns das sparen.<br />
löhnerei!)