Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15366 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A)<br />
Daniela Kolbe (Leipzig)<br />
für den Einzelnen, den es betrifft, wie beispielsweise den nen zu helfen und den Fachkräftemangel in Deutschland (C)<br />
einen oder anderen Deutschen in der ehemaligen wirksam zu beseitigen noch ein schlüssiges Gesamtkon-<br />
Sowjetunion, eine sehr persönliche und sehr wesentliche zept vorzulegen. Ein mutiges und gutes Gesetz wäre aber<br />
Bedeutung haben. Für den einzelnen Betroffenen ist dringend nötig. Bereits heute können wegen des beste-<br />
diese Änderung mehr als nur überfällig und kann hofhenden Anerkennungschaos bis zu 500 000 Menschen<br />
fentlich jahrelange Trennungen und Leid heilen. mit im Ausland erworbenen Qualifikationen nicht in ih-<br />
Meine Kollegen aus dem Petitionsausschuss haben<br />
ren Berufen arbeiten.<br />
mir in etlichen intensiven Gesprächen berichtet, wie Das Gleiche gilt für die Diskussion um die Kosten von<br />
viele Petitionen allein hierzu beim Deutschen <strong>Bundestag</strong> Integrationskursen. Auch hier fehlt Ihnen jegliches Kon-<br />
anhängig sind, welche Schicksale einzelner Familien zept. Ihr Konzept lautet: Geld sparen bei denen, die sich<br />
dahinterstehen. Daher verbinde ich mit dem heute zu nicht wehren. Dass aber auch die Lehrkräfte darunter<br />
verabschiedenden Gesetzentwurf auch die Hoffnung, leiden, weil sie zu Dumpinglöhnen arbeiten müssen,<br />
dass einige von diesen Schicksalen positiv abgeschlos- scheint für Sie nur ein leidiger Kollateralschaden zu<br />
sen werden können.<br />
sein. Ich kann Sie nur vehement auffordern und an Sie<br />
Daher begrüßen wir auch als SPD die Bemühung der<br />
Bundesregierung, für die Betroffenen Abhilfe zu schaffen.<br />
appellieren, hier endlich nachzubessern. Bessern Sie<br />
hier bei den Honoraren nach, damit auch die Lehrkräfte<br />
entsprechend entlohnt werden.<br />
Dennoch, zwei kritische Anmerkungen muss ich machen;<br />
denn dies ist wieder so typisch für diese Bundesregierung.<br />
Zum Beispiel der Punkt Lebenspartnerschaften.<br />
Was ich nicht verstehe, meine Damen und Herren<br />
von CDU/CSU und FDP, ist die Tatsache, dass Sie wieder<br />
nur halbe Sachen machen. Warum werden Lebenspartner,<br />
so wie es ein Antrag der Grünen vorsieht, und<br />
Auch die unter diese Novellierung fallenden Spätaussiedler<br />
nehmen Integrationskurse in Anspruch. Das bedeutet,<br />
im Punkt Haushaltsmittel für Integrationskurse<br />
muss schleunigst nachgebessert werden, sehr geehrte<br />
Bundesregierung. Ich kann nur schlicht sagen: Ich bin<br />
überrascht, dass Sie hier keine weiteren Kosten erwarten.<br />
zwar zu Recht vorsieht, nicht mit einbezogen? Warum Ich kann mich nur wiederholen: Sie rechnen mit einer<br />
müssen Sie immer an der heutigen Lebensrealität und an Mindestzahl von 5 000 Härtefallanträgen. Das wirkt<br />
der der Menschen vorbeiregieren?<br />
sich auch auf Integrationskurse aus; die sind schon jetzt<br />
(B)<br />
Wir haben seit dem 1. August 2001 ein Lebenspartnerschaftsgesetz<br />
in Deutschland, das mehrfach von Entscheidungen<br />
des Bundesverfassungsgerichts gestützt<br />
wurde, gerade auch in der jüngsten Vergangenheit, in<br />
denen vielfach die Lebenspartnerschaft mit der Ehe<br />
gleichgesetzt wird. Darum frage ich mich: Warum lehnen<br />
Sie eine derartige Regelungen ab? Das ist realitätsfremd.<br />
Ich kann Sie nur auffordern, hier aufzuwachen<br />
unterfinanziert. Darum fordere ich Sie auf: Nehmen Sie<br />
mehr Geld für Integrationskurse und Sprachkurse in die<br />
Hand. Es lohnt sich für die Zukunft unseres Landes. Alles<br />
andere wäre blauäugig und fatal. Die Menschen, die<br />
lernen wollen, die sich integrieren wollen, müssen bei<br />
uns auch die Möglichkeit dazu erhalten. Machen Sie<br />
endlich Integrationspolitik mit Weitsicht und an der<br />
Realität orientiert.<br />
(D)<br />
und noch einmal nachzubessern.<br />
Ein anderer Punkt, der mir aufgestoßen ist, ist die<br />
Frage nach den Spracherfordernissen im Härtefall.<br />
Auch hier kann ich Sie nur auffordern, noch einmal<br />
nachzudenken; denn auch hier verkennen Sie die Realität<br />
der Betroffenen. Ich kann die Grünen nur unterstützen.<br />
Gerade ältere Menschen oder Menschen aus bildungsfernen<br />
Schichten ist der Spracherwerb im Ausland<br />
oftmals nicht möglich oder kostet sie Unsummen, was<br />
nicht heißt, sie sollen nicht Deutsch lernen. Im Gegenteil.<br />
Aber sie sollen es vernünftig können und qualifi-<br />
Serkan Tören (FDP):<br />
In zweiter und dritter Lesung beraten wir heute den<br />
Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des<br />
Bundesvertriebenengesetzes. Ziel ist die Einfügung einer<br />
Härtefallregelung in das Bundesvertriebenengesetz.<br />
Mit dieser Regelung ermöglichen wir die nachträgliche<br />
Aufnahme von im Aussiedlungsgebiet verbliebenen Eheleuten<br />
und Abkömmlingen von Spätaussiedlern in den<br />
Aufnahmebescheid. Diese neue Regelung hat ausdrücklich<br />
einen Ausnahmecharakter.<br />
ziert. Hierfür ist aber ein Deutschkurs in Deutschland Erfreulicherweise besteht grundsätzlich Einigkeit<br />
sinnvoller und effektiver als einer im Ausland.<br />
über die Notwendigkeit einer solchen Regelung unter al-<br />
Einen letzten Punkt, den ich noch für weiterhin dislen<br />
Fraktionen im Hohen Hause.<br />
kussionswürdig erachte, ist der Punkt Integration; denn Mit der nun zu verabschiedenden Regelung soll auf<br />
man kann nicht auf der einen Seite fordern, die Men- die schwierige Lage mancher Spätaussiedlerfamilien<br />
schen müssen und haben sich zu integrieren, wenn man eingegangen und Abhilfe geschaffen werden. Es geht um<br />
nicht auf der anderen Seite dafür Sorge trägt, dass die Familien, die nach einer bewussten Entscheidung, ge-<br />
Menschen das auch können. Allein wenn ich an das trennte Wege zu gehen, nun doch wieder zusammen le-<br />
heute verabschiedete Gesetz zur Anerkennung ausländiben möchten. Eine generelle Möglichkeit, eine einmal<br />
scher Bildungsabschlüsse denke, fehlt mir der Glaube. getroffene Entscheidung bezüglich der familiären Situa-<br />
Das gut gemeinte Gesetz allein zeigt: Von Ihnen sind nur tion zu ändern, ist allerdings ausgeschlossen. Es geht<br />
Babysteps, Babyschritte, zu erwarten. Mit diesem Gesetz einzig und allein um eine Lösung für Härtefälle in Spät-<br />
schaffen Sie es weder Hunderttausenden von Betroffeaussiedlerfamilien. Zu Protokoll gegebene Reden