Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15370 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A)<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms<br />
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:<br />
noch weiter erhöhen oder sogar viele Werke einfach (C)<br />
Beratung des Antrags der Abgeordneten<br />
Dr. Konstantin von Notz, Krista Sager, Volker<br />
nicht mehr verlegen. Dies führt letztendlich zu weniger<br />
Veröffentlichungen und weniger Qualität.<br />
Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Weder die Verlage, die nicht jedes Werk verlegen wol-<br />
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
len, noch die Urheber, die ja gerade in einschlägigen<br />
Förderung von Open Access im Wissenschaftsbereich<br />
und freier Zugang zu den Resultaten<br />
öffentlich geförderter Forschung<br />
Journalen veröffentlichen wollen, werden sich zwingen<br />
lassen. Dies zeigt das große Missverständnis bei Open<br />
Access.<br />
– Drucksache 17/7031 –<br />
Überweisungsvorschlag:<br />
Rechtsausschuss (f)<br />
Innenausschuss<br />
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie<br />
In dieser Diskussion gerät das eigentliche Prinzip des<br />
kontinentalen Urheberrechts oft aus dem Blick: die Einheit<br />
der Persönlichkeits- und Verwertungsrechte. Die<br />
Open-Access-Bewegung diskutiert immer nur aus dem<br />
ökonomischen Blickwinkel und betont die Interessen der<br />
Ausschuss für Bildung, Forschung und<br />
Nutzer und der Allgemeinheit.<br />
Technikfolgenabschätzung<br />
Ausschuss für Kultur und Medien<br />
Letztendlich wollen Sie mit Ihrem Antrag nur eine<br />
Kostenverlagerung vom Nutzer auf den Kreativen errei-<br />
Ansgar Heveling (CDU/CSU):<br />
chen. Es geht also nicht um freien Zugang, sondern um<br />
Frei ist nicht umsonst, liebe Kolleginnen und Kollegen<br />
von den Grünen. Sie behaupten in Ihrem Antrag,<br />
Open Access fördern zu wollen, aber in Wahrheit geht es<br />
Ihnen darum, Urheber und deren Verleger um ihre<br />
Rechte zu bringen. Sie diskreditieren damit die Idee des<br />
Open Access.<br />
Open Access ist grundsätzlich eine gute Idee, die es<br />
zu fördern gilt. Schon heute stehen den Wissenschaftlern<br />
mit dem grünen und dem goldenen Weg zwei Open-<br />
Access-Publikationswege zur Verfügung. Wissenschaftler<br />
wollen aber immer im Verlag mit dem höchsten Re-<br />
kostenlosen Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen<br />
– ähnlich wie auch bei der Einführung der Schranke<br />
zugunsten von Wissenschaft und Forschung. Dabei<br />
bleibt der Urheber auf der Strecke. Ich bin jedoch davon<br />
überzeugt, dass stets der Kreative und sein Schaffen im<br />
Vordergrund stehen muss, denn ohne ihn gibt es keine<br />
Inhalte, die von der Allgemeinheit genutzt werden können.<br />
Damit also weiterhin qualitativ wertvolle Inhalte für<br />
jeden zugänglich und auch bezahlbar veröffentlicht werden,<br />
müssen die richtigen Anreize gesetzt werden:<br />
(B)<br />
nommee veröffentlichen, weswegen viele von Open<br />
Access keinen Gebrauch machen.<br />
Erstens. Bessere finanzielle Ausstattung der Bibliotheken.<br />
Die Digitalisierung hat dazu geführt, dass es (D)<br />
Deswegen wollen Sie die Verlage und die Wissen- eine Explosion an Veröffentlichungen gab – digital wie<br />
schaftler jetzt dazu zwingen. Das halte ich für einen ge- auch analog. Die öffentlichen Etats für den Erwerb wisfährlichen<br />
Weg, der weder nachhaltig noch zu Ende gesenschaftlicher Veröffentlichungen sind jedoch nicht in<br />
dacht ist.<br />
gleichem Maße gewachsen – sie sind sogar zurückge-<br />
Mir ist bewusst, dass es einige Wissenschaftsbereiche<br />
gibt – vor allem den Bereich Science, Technics und Medicine,<br />
STM –, in denen wissenschaftliche Literatur<br />
überteuert angeboten wird. Manche Verlage nutzen<br />
diese Monopolbildung aus und verlangen daher immer<br />
höhere Preise und erreichen dadurch Margen von bis zu<br />
70 Prozent. So müssen teilweise öffentliche Hochschulen<br />
oder auch öffentliche Bibliotheken öffentlich geförderte<br />
Forschungsarbeit wiederum mit öffentlichen Geldern<br />
einkaufen. Der Staat bezahlt folglich einmal für die Veröffentlichung<br />
und anschließend noch einmal für die weitere<br />
Nutzung.<br />
gangen. Je mehr Menschen von ihren Veröffentlichungen<br />
leben wollen, desto mehr Geld muss auch ins System<br />
fließen, sonst kann das nicht funktionieren.<br />
Zweitens. Auflagen für geförderte Veröffentlichungen.<br />
Wenn die öffentliche Hand für staatlich geförderte<br />
Veröffentlichungen nicht zweimal bezahlen will, so kann<br />
sie bei der Förderung Auflagen erteilen. Im Vereinigten<br />
Königreich ist es durchaus üblich, dass Wissenschaftler<br />
im universitätseigenen Verlag veröffentlichen müssen.<br />
Auch in Deutschland wären solche Auflagen in den Promotionsordnungen<br />
oder als Voraussetzungen für eine<br />
Förderung möglich.<br />
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der Zugang zu Beide Vorschläge können problemlos umgesetzt wer-<br />
Wissen ist auch bei dem beschriebenen Problem nach den und fördern Open Access nachhaltig.<br />
wie vor frei – allerdings kann die Lizenz zur Nutzung gewisser<br />
Werke durchaus teuer sein. Ich kann aber auch<br />
verstehen, dass nach einer Lösung für dieses Problem<br />
gesucht wird, und bin offen für neue Ideen.<br />
Hier sind aber die Bildungspolitiker gefordert – nicht<br />
die Rechtspolitiker! Warum also gleich nach Verboten<br />
rufen, wenn es andere Wege gibt? Der Staat sollte neue<br />
Geschäftsmodelle wie Open Access mit Anreizen för-<br />
Ihren Vorschlag, den Urhebern im Urhebervertragsdern, aber keinesfalls durch verbindliche Zweitverwerrecht<br />
ein verbindliches Zweitverwertungsrecht einzutungsrechte erzwingen. Verbote oder Regulierungen<br />
räumen, halte ich jedoch für den falschen Weg. Die Ver- sind der falsche Weg. Kreative Wissenschaftler braulage<br />
wären damit vor große Kalkulationsprobleme chen Unterstützung, aber sie wollen keine Vorgaben.<br />
gestellt, wie die von ihnen verlegten Werke amortisiert Daher halte ich es im Grundsatz nach wie vor für den<br />
werden können. Sie würden daher die Preise entweder richtigen Ansatz, den Wissenschaftlern möglichst viele<br />
Zu Protokoll gegebene Reden