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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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15372 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />

(A)<br />

Tankred Schipanski<br />

Die Einführung eines Zweitverwertungsrechts hätte sion in ihrer Empfehlung zum Umgang mit geistigem Ei- (C)<br />

zweifelsohne weitreichende Folgen für die Publikationsgentum bei Wissenstransfertätigkeiten und für einen<br />

kultur und die Verlagslandschaft in unserem Lande. Die Praxiskodex für Hochschulen und andere öffentliche<br />

bislang von vielen Verlagen angebotenen kostenpflichti- Forschungseinrichtungen vom 10. April 2008 wie folgt:<br />

gen Datenbanken müssten wohl vom gegenwärtigen Die Europäische Kommission empfiehlt den Mitglied-<br />

Subskriptionsmodell auf sogenannte Publikationsgestaaten, „die weite Verbreitung von Wissen, das mit öfbühren<br />

umstellen. Öffentliche Mittel, durch die derzeit fentlichen Mitteln geschaffen wurde, zu fördern, indem<br />

Abonnements solcher kommerzieller Datenbanken fi- Schritte für einen offenen Zugang zu Forschungsergebnanziert<br />

werden, müssten derart umverteilt werden, dass nissen angeregt werden, wobei gegebenenfalls der<br />

sie dem öffentlich geförderten Autor bei der Finanzie- Schutz des betreffenden geistigen Eigentums zu ermöglirung<br />

der Publikationsgebühr zur Verfügung stünden. chen ist“.<br />

Die CDU/CSU-Fraktion hat sich daher in den zu- Leider sieht sich dieser wünschenswerte Austausch in<br />

rückliegenden Monaten im Rahmen des Dritten Korbes der Praxis der Wissenschaft konfrontiert mit zahlreichen<br />

der Urheberrechtsreform umfassend mit den vielfältigen Hindernissen: Insbesondere die Beschränkungen durch<br />

Fragen eines Zweitverwertungsrechts auseinanderge- das Urheberrecht erschweren eine ungehinderte Wissetzt.<br />

Es geht dabei um dessen grundsätzliche Notwensensdiffusion in die Gesellschaft.<br />

digkeit, die Auswirkungen auf die urheberrechtliche<br />

Stellung des Autors und auf die wirtschaftliche Situation<br />

der Verlage und nicht zuletzt um den Umfang eines solchen<br />

Rechts, etwa hinsichtlich der Notwendigkeit der<br />

Formatgleichheit. Nicht zuletzt darf ich an dieser Stelle<br />

auch auf die Tätigkeit der Enquete-Kommission „Internet<br />

und digitale Gesellschaft“ verweisen.<br />

Der unter dem Stichwort „Open Access“ firmierende<br />

Ansatz versucht, mittels eines freien Onlinezugangs zu<br />

wissenschaftlichen Erkenntnissen dieses Problem anzugehen.<br />

Dabei gilt es, vonseiten des Gesetzgebers einen<br />

Ausgleich zwischen dem Urheberrecht einerseits und<br />

dem legitimen Interesse von Wissenschaft und Gesellschaft<br />

an Teilhabe an wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />

Die zunehmende Bedeutung von Open Access und die andererseits zu schaffen. Wenn aber der Zugang zu For-<br />

daraus resultierende Notwendigkeit, diese Entwicklung schungsergebnissen, die das Resultat einer mehrheitlich<br />

nachhaltig zu fördern, steht für die CDU/CSU-Fraktion durch öffentliche Mittel finanzierten Forschung sind,<br />

außer Frage. Die Forderungen nach einem Zweitver- aufgrund urheberrechtlicher Beschränkungen von der<br />

wertungsrecht und nach einer Bindung der Forschungs- Gesellschaft ein weiteres Mal „erkauft“ werden muss,<br />

mittel werden dabei intensiv diskutiert. Aus Sicht der ist das schlichtweg nicht hinnehmbar.<br />

(B)<br />

Bildungs- und Forschungspolitik ist es für uns ein wesentliches<br />

Ziel, einen modernen wissenschaftlichen Diskurs<br />

zu fördern. Den hier diskutierten Antrag kann ich<br />

daher grundsätzlich nur begrüßen. Zweitverwertungsrecht<br />

und Bindung der Forschungsmittel halte auch ich<br />

für bedeutende Grundentscheidungen, die uns diesem<br />

Ziel näher bringen können. Ob sie sich nach Abwägung<br />

Dies wird in weiten Teilen der wissenschaftlichen<br />

Community ebenfalls so gesehen. In der sogenannten<br />

Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaftlichem<br />

Wissen vom Oktober 2003 haben die großen<br />

Wissenschaftsorganisationen sich klar für Open<br />

Access ausgesprochen.<br />

(D)<br />

aller Interessen und urheberrechtlichen Aspekte letztendlich<br />

als gangbarer und zielführender Weg erweisen,<br />

kann zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht endgültig festgestellt<br />

werden.<br />

Die Bundesrepublik Deutschland selbst unterstützt<br />

indirekt über ihren Finanzierungsbeitrag zum European<br />

Research Council, ERC, bereits eine Verfahrensweise,<br />

die auf einen freien Zugang zu Forschungsergebnissen<br />

setzt. Der ERC hat in seinen Richtlinien zum<br />

René Röspel (SPD):<br />

Ein wesentliches Merkmal von Forschung ist der<br />

freie und stetige Austausch von Wissen und Erkenntnissen<br />

innerhalb der forschenden Gemeinschaft. Gemein-<br />

Open Access insbesondere festgehalten, dass Forschungsergebnisse,<br />

die mit ERC-Mitteln erzielt wurden,<br />

innerhalb von spätestens sechs Monaten öffentlich<br />

zugänglich gemacht werden müssen.<br />

hin erfolgt dies neben der normalen Kommunikation und Umso verwunderlicher ist es, dass die deutsche Bun-<br />

der Präsentation auf Kongressen über den Weg der wisdesregierung auf nationaler Ebene in dieser Frage sehr<br />

senschaftlichen Veröffentlichung. Die allein ist zwar zurückhaltend ist und immer noch keine Lösung präsen-<br />

eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für tieren kann.<br />

Austausch und Erkenntnisgewinn innerhalb der Wissenschaft.<br />

Mindestens ebenso wichtig für den Erfolg von<br />

Wissenschaft ist der (ungehinderte) Zugang zu deren Ergebnissen.<br />

Insbesondere im Zeitalter der Digitalisierung<br />

ist eine schnelle und ungehinderte Wissenskommunikation<br />

eine unabdingbare Voraussetzung für Innovation<br />

und Fortschritt.<br />

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir den Antrag der<br />

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „Open Access“.<br />

Allerdings stellen wir auch hier mit Verwunderung<br />

fest, dass das Problem zwar aufgegriffen wird, ein<br />

adäquater Lösungsansatz in Form eines konkreten Gesetzentwurfs<br />

jedoch nicht vorgelegt wurde. Vonseiten<br />

der SPD-<strong>Bundestag</strong>sfraktion sind wir in diesem Punkt<br />

Die besondere Bedeutung eines möglichst freien Zu- schon viel weiter: Mit unserem Entwurf eines Gesetzes<br />

gangs zu wissenschaftlicher Information wurde auch zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, (Drucksache<br />

vonseiten der Europäischen Kommission unterstrichen 17/5053) haben wir schon vor einem halben Jahr eine<br />

und mehrfach aufgegriffen: So äußert sich die Kommis- klare gesetzgeberische Handhabe für ein Zweitverwer-<br />

Zu Protokoll gegebene Reden

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