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Sonderforschungsgruppe Institutionenanalyse und Universität Kassel<br />
5.5.2.4<br />
Kompetenzaspekte im Lichte der Verwaltungsmodernisierung<br />
In den Jahren 1999 bis 2005, aber auch in der Folgezeit zeigen sich vielfältige Änderungen an<br />
der Behördenstruktur. Einige Beispiele, die im Rahmen der Fallstudienuntersuchungen zu beobachten<br />
waren, werden im Folgenden kurz dargestellt, da sie eine hohe Relevanz für das UVP-<br />
Verfahren im Rahmen der hier festgestellten Defizite und Probleme aufweisen. 152<br />
In NRW ist kürzlich ein Kommunalisierungsgesetz 153 in Kraft getreten, das viele Aufgaben im<br />
Bereich des Umweltrechts auf die Kommunen überträgt. Die Zuständigkeit im Umweltrecht<br />
wird, bis auf Fälle besonderer technischer Komplexität, Gefährlichkeit oder überörtlicher Bedeutung,<br />
grundsätzlich den Kreisen und kreisfreien Städten zugewiesen. Hinzu tritt das „Zaunprinzip“,<br />
nach dem für die umweltrechtlichen Belange aller Anlagen in einem räumlichen oder betriebstechnischen<br />
Zusammenhang nur noch eine Behörde verantwortlich ist. 154 Ein für die UVP<br />
wesentlicher Bereich ist dabei die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von UVP-pflichtigen<br />
Vorhaben, die laut Artikel 15 § 1 Abs. 3 des Gesetzes nun grundsätzlich an die Kommunen übergeht.<br />
Ausnahmen bilden nach Anhang II vor allem solche Anlagen, die durch oben genannte<br />
Kriterien charakterisiert sind. 155<br />
Im Bereich des Straßenbaus werden in NRW zwei Modellprojekte verfolgt. Bisher ist die jeweilige<br />
Bezirksregierung in Planfeststellungsverfahren für den Neu- und Ausbau von Bundesfernstraßen<br />
als Anhörungsbehörde tätig; das Landesministerium für Bauen und Verkehr ist Entscheidungsbehörde.<br />
Für die Bezirksregierung Düsseldorf ist die Zuständigkeit als Entscheidungs- und Anhörungsbehörde<br />
seit dem 01.02.2007 befristet für drei Jahre an den Antragsteller, den Landesbetrieb<br />
Straßenbau übertragen worden. Für den Regierungsbezirk Detmold liegen die genannten<br />
Zuständigkeiten beide in der Hand der Bezirksregierung; diese entscheidet nun also neben der<br />
Funktion als Anhörungsbehörde auch über die Zulassung des Vorhabens. 156<br />
In Mecklenburg-Vorpommern werden im Rahmen von Planfeststellungsverfahren im Eisenbahnbereich<br />
in der Regel nur noch die unteren Umweltbehörden beteiligt. Eine Beteiligung der Staatlichen<br />
Ämter für Umwelt und Natur (StÄUN) und des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und<br />
Geologie (LUNG) findet nicht mehr regulär, sondern nur noch in bestimmten Fällen statt (Krüger<br />
2007). Eine Mittelinstanz gibt es in diesem Bundesland nicht.<br />
Im Spiegel der in diesem Abschnitt ausgeführten Probleme und Defizite zu den Kompetenzen<br />
und Behördenstrukturen sind diese Entwicklungen überwiegend als kritisch einzustufen. Einzig<br />
die Zusammenlegung der Zuständigkeiten von Anhörungs- und Entscheidungsbehörde im Falle<br />
der Bezirksregierung Detmold lässt positive Wirkungen erhoffen, da hier die festgestellten Unterschiede<br />
in der Informationslage, Raum- und Verfahrenskenntnis aufgehoben werden. Allerdings<br />
ist auch hier eine personell ausreichende Ausstattung erforderlich und das generell beobachtete<br />
Wissensdefizit bei den Mitarbeitern der „zuständigen Behörden“ kann bei nicht angemessener<br />
Einarbeitung in die neue Tätigkeit einer Qualitätssteigerung des UVP-Verfahrens entgegenstehen.<br />
152<br />
Es wird keine Überprüfung vorgenommen, inwieweit in anderen Bundesländern ähnliche Schritte geplant oder umgesetzt sind,<br />
sondern es werden nur einzelne Beispiele aufgeführt, die in den Untersuchungsregionen beobachtet werden konnten und bestimmte<br />
Problemstellungen besonders verdeutlichen können. Diese können je nach Ländersituation auch für alle anderen Bundesländer<br />
gelten.<br />
153<br />
Gesetz zur Kommunalisierung von Aufgaben des Umweltrechts vom 11. Dezember 2007, GV.NRW. 2007, S. 662.<br />
154<br />
Siehe Gesetzesentwurf der Landesregierung zum Gesetz zur Kommunalisierung von Aufgaben des Umweltrechts vom<br />
06.09.2007, Drucksache 14/4973.<br />
155<br />
So sind beispielsweise komplett ausgenommen die Anlagen für chemische Erzeugnisse, Arzneimittel, Mineralölraffinerien und<br />
Weiterverarbeitung sowie die Anlagen im Bereich Holz und Zellstoff, größere Anlagen aus dem Bereich Stahl, Eisen und sonstige<br />
Metalle, wie Hüttenwerke oder Schmelzanlagen und ein ebenfalls größerer Teil der Anlagen zur Verwertung und Beseitigung<br />
von Abfällen und sonstigen Stoffen, wie Kraftwerke oder Anlagen zur zeitweiligen Lagerung von gefährlichen Abfällen.<br />
156<br />
Siehe jeweils in der Verordnung zur Durchführung des Bundesfernstraßengesetzes vom 20.01.2007.<br />
180