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Eine Fehlinterpretation soll durch die Intervention der Forschenden „mit Titeln und<br />
Untertiteln und vor allem in Form des Vorwortes“ (ebd. S. 800) bei der Präsentation der<br />
Interviews vermieden werden. So wurde daran gearbeitet, insbesondere durch das Vorwort<br />
der Interviews<br />
„dem Leser die nötigen Instrumente zu liefern, um die Äußerungen, die er lesen wird,<br />
jenen Blick entgegenbringen zu können, der dem Befragten gerecht wird, indem er<br />
ihm seine Daseinsgrundlage und seine Notwendigkeit zurückgibt; oder genauer<br />
gesagt, damit er sich an einem Punkt im gesellschaftlichen Raum situieren kann, von<br />
dem aus all die Blicke des Befragten auf diesen Raum geworfen wurden, an jenem<br />
Ort also, an dem dessen Sicht der Welt evident und notwendig, also taken for granted<br />
wird“ (ebd. S. 801, Hervorhebung im Original).<br />
Die Befragten sollen in ihrer Position und Perspektive ernstgenommen werden. Mittels<br />
der analytischen Konstruktionsarbeit soll versucht werden „die Lebensschicksale gleichzeitig<br />
in ihrer Einmaligkeit und in ihrer Allgemeinheit zu verstehen“ (ebd. S. 788). Ein Interview<br />
sieht Bourdieu als gelungen an, wenn InterviewerIn der interviewten Person „Alternativen<br />
eröffnet, die ihn dazu bringen, oder es ihm erlauben, sein Unbehagen [...] zur Sprache zu<br />
bringen, die er manchmal erst durch das zur Sprache bringen entdeckt“ (ebd. S.791). Ziel ist<br />
die Anregung einer „zugleich provozierende[n] und unterstützende[n] Selbstanalyse“ (ebd. S.<br />
792, Hervorhebung im Original), die nicht von allen Befragten bewusst wahrgenommen<br />
werde.<br />
„Dennoch scheinen einige von ihnen, vor allem einige der Mittellosesten, diese<br />
Situation als eine ganz besondere Gelegenheit zu empfinden, um Zeugnis abzulegen,<br />
sich Gehör zu verschaffen, um ihre Erfahrungen von der privaten in die öffentliche<br />
Sphäre zu tragen; auch die Gelegenheit, sich zu erklären, und zwar im weitesten<br />
Sinne des Wortes, also ihre eigene Sichtweise von sich selbst und der Welt zu<br />
konstruieren, und jenen Punkt innerhalb dieser Welt festzulegen, von dem aus sie sich<br />
selbst und die Welt sehen, von dem aus ihr Handeln verständlich und gerechtfertigt<br />
ist, und zwar zuallererst für sich selbst.“ (ebd. S. 792, Hervorhebung im Original)<br />
Diese Chance sich zu erklären, wird in dieser Forschungsarbeit weiter durch eine<br />
kommunikative Validierung der Gespräche vertieft.<br />
6.2. Kommunikative Validierung 122<br />
Im Rahmen qualitativer Forschung ist die Frage der Validität eine Frage „inwieweit die<br />
Konstruktionen des Forschers in den Konstruktionen derjenigen, die er untersucht hat,<br />
begründet sind [...] und inwieweit für andere diese Begründetheit nachvollziehbar wird“<br />
(Flick 2000, S. 244). Dies kann durch Analyse der Interviewsituation erfolgen 123 , durch die<br />
Frage „ob Interviewpartner aufgrund der Interviewsituation einen Anlass hatten, bewusst oder<br />
122 Zum konkreten Vorgehen in der <strong>Diplomarbeit</strong> siehe Unterkapitel 6.6..<br />
123 Wie es auch in dieser Arbeit erfolgte, siehe analytische Einleitung der Interviews mit Lejla, Munira und<br />
Katarina.<br />
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