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vollständige Diplomarbeit - Socialnet

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(ebd. S. 780). Die Wahl der Gesprächsthemen und der Art der Interviewführung (offen,<br />

Leitfaden etc.) wurde in Abhängigkeit der gesellschaftlichen Positionen der jeweiligen<br />

GesprächspartnerInnen gewählt und in der Arbeitsgruppe diskutiert. Die Aufgabe der<br />

Forschenden soll darin liegen, die Interviewten sowie die LeserInnenschaft, bei ihrer<br />

Reflexion zu unterstützen „sofern er [der Forschende, K.R.] über ein fundiertes Wissen<br />

hinsichtlich der Lebensumstände, deren Produkt sie sind, sowie hinsichtlich der<br />

gesellschaftlichen Effekte, die die Befragungsbeziehung und dadurch seine Position und seine<br />

Grundeinstellungen ausüben können, verfügt“ (ebd. S. 796 f).<br />

Die Interviewsituation selbst wird als eine soziale Beziehung gefasst, der ein<br />

Machtunterschied der beiden GesprächspartnerInnen immanent ist. Diesem Problem soll mit<br />

einer möglichst „gewaltfreien Kommunikation“ (Bourdieu 1997/2002b, S. 781,<br />

Hervorhebung K.R.) entgegengetreten werden. Dabei muss zunächst versucht werden<br />

„die Effekte zu erkennen, die man unwillkürlich durch dieses Eindringen und<br />

Sicheinmischen ausübt, welches immer wieder ein wenig beliebig ist und den<br />

Ausgangspunkt jeden Austausches bildet (besonders durch die Art und Weise, sich<br />

und die Umfrage zu präsentieren, durch zugestandene oder verweigerte<br />

Ermutigungen usw.). Das bedeutet, man versucht herauszufinden, wie sich die<br />

Situation für den Befragten darstellt“ (ebd. S. 781).<br />

Zweitens werden die Gründe benannt, welche die GesprächspartnerInnen dazu bewegen,<br />

in diese Austauschbeziehung einzuwilligen. Es soll drittens darauf geachtet werden, was im<br />

Gespräch gesagt werden kann und was nicht, um die „Zensur zu begreifen, die bewirkt, dass<br />

bestimmte Dinge nicht gesagt werden, und die Beweggründe dafür zu erkennen, dass andere<br />

betont werden“ (ebd. S. 781). Dabei reiche es nicht immer aus, Interviewtechniken gut zu<br />

beherrschen. „In manchen Fällen muss auch auf die eigentliche Struktur der Beziehung<br />

Einfluss genommen werden [...] und zwar durch die Auswahl der befragten Person und der<br />

Interviewer“ (ebd. S. 783). Deshalb wurden die InterviewerInnen angeregt, ihre<br />

InterviewpartnerInnen aus ihrem Bekanntenkreis oder durch Bekannte vermittelt<br />

auszuwählen. So wird von der Idee eines neutralen Forschers 119 , dessen persönliche<br />

Merkmale, die von einer imaginären idealen objektiv- neutralen Forschungsperson<br />

abweichen, kontrolliert werden müssen, Abschied genommen. Die in vielen<br />

sozialwissenschaftlichen Abhandlungen diskutierten Effekte durch ‚Befangenheit’ und daraus<br />

resultierende ‚Loyalitätskonflikte’, die einer ‚objektiven’ Erhebung und Analyse der Daten<br />

entgegenstünde, wird mit dem Argument entgegengetreten, dass<br />

„gesellschaftliche Nähe und Vertrautheit ermöglichen, dass zwei Bedingungen<br />

‚gewaltfreier Kommunikation’ ermöglicht werden. Erstens: Ist der Interviewer<br />

119 Die männliche Form ist hier bewusst gewählt.<br />

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