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vollständige Diplomarbeit - Socialnet

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Birck 2003c; Fischer 2001; Marx. et. al. 2004; Wenk- Ansohn 1999; von Hinckeldey &<br />

Fischer 2002; van der Kolk 2000a; van der Kolk 2000b ) 111 .<br />

Hinzu kommt die Kritik an den forensischen Glaubhaftigkeitskriterien 112 aus einer<br />

interkulturellen Perspektive, welche die Adäquatheit von Glaubhaftigkeitskriterien im<br />

Zusammenhang mit der Bezugsgruppe von Flüchtlingen erheblich in Frage stellen. Angeführt<br />

wird, dass „für den Aufbau glaubhafter Narrative kulturvariable Regeln gelten“ (Fischer 2001,<br />

S. 9). Weiter gebe es keinerlei Forschung zur Validität der Aussagekriterien an Menschen<br />

derjenigen kulturellen Zugehörigkeit, der die jeweiligen Flüchtlinge angehören. „Orientierung<br />

und Gedächtnis orientieren sich an kulturellen Gewohnheiten“ (Birck 2003b, S. 34). Es wird<br />

angeführt, dass die angewendeten Aussagekriterien aus dem westlichen Kulturkreis kämen<br />

und auch nur dort validiert seien (vgl. Birck 2002b; Birck 2003a; Birck 2003b; Birck 2003c,<br />

Marx et. al. 2004). „Die aussagepsychologische Methodik ist für andere Kulturen bislang<br />

nicht überprüft und validiert“ (Marx et.al. 2004, S. 5) „Aus anderen Kulturen haben wir keine<br />

Studien dazu, wie erlebnisbezogene, glaubhafte Aussagen tatsächlich ausschauen“ (Birck<br />

2003b, S. 35). Kulturspezifisch sei bspw. die „Orientierung und [...] kulturelle [...]<br />

Gewohnheiten, die die Zeiteinteilung betreffen oder ortsübliche Bezeichnungen“ (ebd. S. 34).<br />

Insbesondere „Analphabetismus verstärkt die Orientierung an Jahreszeiten und lokalen<br />

geographischen Gegebenheiten (anstelle von Datums- und offiziellen Ortsangaben)“ (ebd.).<br />

Auch das „Zahlenverständnis ist unterschiedlich ‚exakt’“ (ebd.). Viele der Herkunftskulturen<br />

seien eher kollektivistisch als individualistisch, was dazu führe, dass Berichte häufig in der<br />

Wir- Form seien und zwischen individuellen Leid und kollektiven Leid weniger getrennt<br />

werde. „Das Individuelle wird untrennbar verbunden mit dem Gemeinsamen gesehen und<br />

daher nicht separat beschrieben. [...] Und das ist dann natürlich schwierig, wenn solche<br />

Menschen mit solchen Vorstellungen hier auf die Anforderung treffen, individuelle eigene<br />

111 Die Gedächtnisforschung an Menschen, die eine PTSD diagnostiziert bekommen haben, hat sich in den letzten<br />

Jahren sehr ausdifferenziert. Ausgegangen wird von einer andersgearteten Informationsverarbeitung der<br />

traumatischen Erlebnisse, bishin dazu, dass dauerhafte hirnphysiologische Veränderungen bei an PTSD<br />

Erkrankten angenommen und untersucht werden (siehe van der Kolk 2000a; van der Kolk 2000b; von<br />

Hinckeldey & Fischer 2002). Auf diese Forschung soll im Rahmen der <strong>Diplomarbeit</strong> jedoch nur hingewiesen<br />

werden.<br />

112 In der Glaubhaftigkeitsbegutachtung werden eine Fülle von „Qualitätsmerkmalen erlebnisfundierter<br />

Aussagen“ (Greuel et. al. 1998, S. 91) benannt. Als wichtigste sind zu benennen: „Detailreichtum,<br />

Anschaulichkeit, Strukturgleichheit, Logische Konsistenz, Deliktspezifität, Gefühlsbeteiligung,<br />

Unstrukturiertheit, Ungesteuertheit, Schilderung von raum- zeitlichen Verknüpfungen, Interaktionen,<br />

Gesprächen, Komplikationen [...], eigenpsychisches Erleben [...] nebensächlichen Details, originellen Details<br />

[...], Wirklichkeitskontrollen [...]“ (Greuel et. al. 1998 S. 91). Es wird darauf verzichtet, genauen Direktiven der<br />

aussagepsychologischen Glaubhaftigkeitsbegutachtung im Rahmen der <strong>Diplomarbeit</strong> darzustellen. Dies erfolgt<br />

insbesondere deshalb, da eine Auseinandersetzung mit der Glaubhaftigkeitsbegutachtung den Rahmen der<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> sprengen würde und da eben keine Glaubhaftigkeitsbegutachtung (potentiell) traumatisierter<br />

Flüchtlinge praktiziert wird. Hingewiesen werden soll aber auf die Standardwerke der<br />

Glaubhaftigkeitsbegutachtung Greuel et. al. 1998 und Greuel 2001.<br />

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