vollständige Diplomarbeit - Socialnet
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und Immunisierung nach außen, einst zum Schutz des Klientels erdacht, sich PraktikerInnen<br />
selbst vorrangig als ExpertInnen zu sehen beginnen, die erkennen können, ob ein Mensch an<br />
einer PTSD leidet oder nicht, auch wenn die Praxiswidersprüche mit einer Übernahme eines<br />
Selbstkonzeptes als ‚TraumaexpertIn’ nicht aus der Welt geschafft sind. Im Praxisfeld tritt<br />
langfristig eine Verwirrung der Rollen für beide Seiten auf: BehandlerIn vs. BegutachterIn,<br />
therapeutische Parteilichkeit vs. gutachterliche ‚Unparteilichkeit’, therapeutisches<br />
Vertrauensverhältnis vs. Misstrauen und ergebnisoffene gutachterliche Bewertung.<br />
Die im Rahmen dieser Forschungsarbeit analysierten Strategien berufspraktischen Handelns<br />
bieten keine Lösung für die Frage, ob und in welcher Form Flüchtlingen in Deutschland ein<br />
Bleiberecht gewährt werden soll und sie gleichberechtigt in Deutschland leben sollen oder<br />
nicht. Welche Möglichkeiten berufspraktischen Handelns sich aus dem in dieser<br />
Forschungsarbeit verhandelten Spannungsfeld ergeben, sind in erster Linie politisch zu<br />
klärende Fragen. Dabei stellt die Position der PraktikerInnen eine wirkmächtigere dar, als die<br />
der Flüchtlinge, angesichts der machtloseren gesellschaftlichen Position, in der sie sich<br />
befinden. PraktikerInnen haben andere Möglichkeiten des Handelns und des Austauschs. Für<br />
Flüchtlinge haben die Entscheidungen bezüglich des Aufenthalts, der Befragung und des<br />
Einbringens von psychologisch- fachlichen Expertisen eine einschneidendere Bedeutung und<br />
Konsequenz.<br />
10.2. Die empirische Studie<br />
In der empirischen Studie werden mögliche Auswirkungen des Problemfeldes exemplarisch<br />
dargestellt. Die Positionen und Perspektiven von drei ‚traumatisierten bosnischen<br />
Flüchtlingen’ wurden in jeweils zwei Gesprächen aufgespürt und diskutiert. Dabei handelt es<br />
sich nicht um klinische Fallstudien von Menschen mit der Diagnose PTSD und die<br />
Explizierung und Konkretisierung ihrer Symptome und Erkrankung, welche die befragten<br />
Subjekte als psychisch Kranke darstellt, sondern um die Explikation und Problematisierung<br />
der Positionen und Perspektiven der mündigen Subjekte in dem dargestellten Spannungsfeld.<br />
Die subjektive Mensch- Welt- Beziehung von ‚Lejla’, ‚Munira’ und ‚Katarina’ wird<br />
veranschaulicht. Auch wenn statistische Verallgemeinerungen wie Häufigkeiten/<br />
Häufigkeitsverteilungen der verbreiteten Merkmale mit einer qualitativen Studie nicht<br />
bestimmt werden können, sind, soweit Begründungsmuster expliziert werden, strukturelle<br />
Verallgemeinerungsaspekte in den Daten enthalten. Die praktische Vermittlung zwischen<br />
gesellschaftlichen Bedingungen und dem individuellen Verhalten zu diesen wird konkret,<br />
fallbezogen und theoretisch gefasst. Lejla, Munira und Katarina setzen sich im Rahmen der<br />
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