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vollständige Diplomarbeit - Socialnet

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Bedingungen im Aufnahmeland konzentriert werden. Die Bedingungen im Aufnahmeland,<br />

bzw. die aktuelle Lebenssituation sind auch nach Rössel- Cunovic (1999) viel entscheidender<br />

für das Befinden von Flüchtlingen und die Qualität ihrer Leiden als die Erlebnisse im Krieg.<br />

In der Flüchtlingsarbeit sollte sich darauf konzentriert werden, wie die Lebensbedingungen<br />

von Flüchtlingen aktuell sind. Dabei ist es auch relevant, ob es ein gesellschaftliches Wissen<br />

über das Erlebte im Herkunftsland und für ihre Situation im Aufnahmeland gibt. Im<br />

Aufnahmeland ist ein Unwissen über die konkreten Restriktionen und Benachteiligungen von<br />

Flüchtlingen eher der Normalfall.<br />

Es ist eine umfassende Kenntnis des gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und<br />

rechtlichen Kontextes des Klientels in der psychosozialen Arbeit mit Flüchtlingen<br />

erforderlich, um diesem adäquat helfen zu können. Diese Kontexte sind nicht für alle Gruppen<br />

von Flüchtlingen gleich. Es ist erforderlich, sich ein anderes Kontextwissen über die<br />

rechtlichen Rahmenbedingungen für kurdische Flüchtlinge aus der Türkei anzueignen, als<br />

über KurdInnen aus dem Irak. Ähnliches gilt für Flüchtlinge aus dem ehemaligen<br />

Jugoslawien. Ausgenommen von Kosovo- AlbanerInnen, teilen sie einen ähnlichen<br />

sprachlichen und kulturellen Kontext. Auch für Flüchtlinge aus Serbien und Montenegro<br />

muss sich ein anderes rechtliches Rahmenwissen angeeignet werden, als für Flüchtlinge aus<br />

Bosnien und Hercegovina. Die Minderheit der Roma müssen rechtlich sowie kulturell<br />

gesondert beachtet werden. Dieses Kontextwissen spielt nicht nur eine Rolle, wenn mittels<br />

Begutachtung direkt versucht wird, in den rechtlichen Anerkennungsprozess einzugreifen.<br />

Auch in der konkreten psychosozialen Arbeit macht dieses Kontextwissen viele Beschwerden<br />

der Flüchtlinge angesichts ihrer aktuellen Lebenslagen nachvollziehbar. Die Kenntnis der<br />

Lebensbedingungen im Herkunftsland in der Abwägung der Lebensbezüge einer KlientIn<br />

kann bedeutsam sein.<br />

Dessen ungeachtet bleibt, wie Becker es benennt, als Problem bestehen, dass eine<br />

Individualisierung und Pathologisierung in allen psychologischen Traumakonzepten enthalten<br />

ist. Dem ist nur durch politisches Handeln und einer Abkehr von Psychologisierung zu<br />

entkommen. Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass es Menschen gibt, die aufgrund<br />

traumatischer oder traumatisierender Erlebnisse krank werden. Innerhalb eines Rahmens, der<br />

die sozialen Ursachen der psychischen Leiden nicht ignoriert, sondern sie mit einbezieht,<br />

stellt Psychotherapie bzw. eine fachärztliche Behandlung eine konkrete Hilfe dar.<br />

Zum Abschluss dieses Kapitels werden noch einmal einige Argumente aufgegriffen und in<br />

den Rahmen der praktischen Arbeit mit Flüchtlingen gestellt. Dabei kreuzen sich fachliche<br />

und politische Dimensionen.<br />

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