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vollständige Diplomarbeit - Socialnet

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Kranke bzw. ‚wirklich’ politisch Verfolgte ein Bleiberecht erhalten können und andere<br />

Flüchtlinge berechtigterweise ausgewiesen werden.<br />

Allerdings dürfen die positiven Auswirkungen einer Begutachtung nicht außer Acht<br />

gelassen werden. Wenn diese erfolgreich ist und ein Bleiberecht ermöglicht bzw. eine<br />

Abschiebung abwenden kann, passt das berufspraktische Handeln in die Zielsetzung der<br />

psychosozialen Arbeit mit Flüchtlingen, deren aktuelle Lebenssituation zu stabilisieren. So<br />

können PraktikerInnen ihren Einflussmöglichkeit entsprechend dazu beitragen, gesicherte<br />

Lebensumstände für das Klientel herbeizuführen und eine Behandlung im engen<br />

therapeutischen Sinne erst möglich machen.<br />

• Lässt sich ausmachen, auf welche Weise und in welchem Ausmaß institutionelle<br />

Widersprüche sich auf theoretische Diskussionen und berufpraktisches Handeln<br />

auswirken?<br />

Die politisch zu lösende Frage, in welcher Form Zuwanderung geregelt werden soll, wird<br />

durch Sonderregelungen für ‚Traumatisierte’ auf die klinisch- fachliche Frage verlagert, ob<br />

eine bestimmte psychiatrische Erkrankung vorliegt und eine Person deshalb von einer<br />

Rückführung auszunehmen ist bzw. ihr ein Bleiberecht gewährt wird.<br />

Die zunehmende Standardisierung und Professionalisierung der Begutachtung ist durch<br />

die erörterten institutionellen Widersprüche entstanden. Allerdings hat sie nicht den Effekt<br />

gehabt, den die PraktikerInnen sich erhofften. Die Begutachtung stellt nur eine<br />

Entscheidungshilfe für Entscheidungstragende dar, die meist dennoch restriktiv bezüglich der<br />

Gewährung eines Aufenthalts entscheiden. Trotz der Immunisierung einer kleinen Gruppe<br />

von PraktikerInnen durch die von der Psychotherapeutenkammer Berlin und Ärztekammer<br />

Berlin erstellte und gepflegte BegutachterInnenlisten, wird die Sachlichkeit und<br />

Unparteilichkeit der BegutachterInnen in Frage gestellt, die Qualität des Gutachtens bzw. der<br />

Stellungnahme angezweifelt, und es werden Forderungen nach höheren Standards zur<br />

Begutachtung gestellt sowie Zweifel bezüglich der Glaubhaftigkeit der Aussagen der<br />

Flüchtlinge geäußert. Nach wie vor wird die Forderung nach Prüfung der Glaubhaftigkeit von<br />

PraktikerInnen mit den fachlichen Argumenten zurückgewiesen, dass die<br />

Glaubhaftigkeitsbegutachtung weder an psychisch erkrankten bzw. ‚traumatisierten’<br />

Menschen, noch im interkulturellen Feld validiert ist. Doch der Druck durch Ablehnungen<br />

von Begutachtungen, welche auf die Frage der Glaubhaftigkeit nicht eingehen, wächst. Das<br />

Einlassen auf die Glaubhaftigkeitsbegutachtung einzelner PraktikerInnen würde<br />

Auswirkungen auf die Gruppe der PraktikerInnen haben, da andere BegutachterInnen in den<br />

Rechtfertigungsdruck gerieten, zu begründen warum sie diese nicht vornehmen. Folge wäre<br />

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