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• „Kenntnisse über die politische Situation, soziokulturellen Normen und Werte des/r zu<br />
Begutachtenden<br />
• Theoretische Fachkenntnisse der Psychotraumatologie<br />
• Diagnostische Kenntnisse und Erfahrungen [...]<br />
• Einschätzung [...] der gesundheitlichen Gefährdung z.B. bei einer Abschiebung,<br />
Anhörungssituation<br />
• Prognose [...] des weiteren Verlaufs der psychischen Beschwerden bzw. des klinischen<br />
Symptomkomplexes<br />
• Auseinanderhalten der Funktion von TherapeutIn und GutachterIn<br />
• Für eine ruhige Atmosphäre sorgen und es dem Klienten ermöglichen, sich zu öffnen,<br />
ohne invasiv vorzugehen<br />
• Kenntnisse über Entwurzelung und damit verbundene Folgen in Form von Heimweh,<br />
Verlust und Trennung von Beruf, Verwandten, Familienmitgliedern<br />
• Informationsgewinnung über die Lebenssituation der Betroffenen im Hinblick auf sein<br />
Asylgesuch, Unterbringung sowie seinen Lebensunterhalt, asylspezifische Kenntnisse<br />
• Therapeutische Kompetenz in Form von profunden Kenntnissen und praktischen<br />
Erfahrungen über Symptomkomplexe, Persönlichkeitsentwicklungsmodelle,<br />
Beziehungsgestaltung und Übertragungsphänomene“ (Aycha & Schaeffer 2001, S. 108).<br />
Für wichtig wird auch erachtet, dass der/ die BegutachterIn vertraut ist „in<br />
kulturspezifischen Ausdruck und Affektverhalten, da sich ansonsten im interkulturellen<br />
Setting schnell Missverständnisse und Fehlinterpretationen ergeben können. Ein<br />
angemessenes Pensum an Erfahrung mit der Herkunftskultur des/ der KlientIn sollte also<br />
vorliegen“ (Aycha 2001b, S. 95). Es zeigt sich in den Richtlinien der BAFF verschiedentlich<br />
ein „Problembewusstsein für transkulturelle Fragen und für die schwierigen Rollenposition<br />
der GutachterIn, wenn sie einen solchen Auftrag übernimmt“ (Fischer 2001, S. 7). Es werden<br />
aber keine Kontrollinstrumente der BegutachterInnen und/ oder Begutachtungen thematisiert<br />
oder vorgeschlagen.<br />
5.3.2. Richtlinien der Projektgruppe SBPM<br />
Die Projektgruppe SBPM 104 setzt weniger inhaltliche und formale Richtlinien der<br />
Begutachtung. Hauptsächlich setzt sie Standards zur Entscheidungsfindung, welche Personen<br />
104 Entstanden ist die Arbeitsgruppe SBPM in Folge des sog. Aachener Appells, welches sich formierte, als der<br />
Kurde Herr Calcan, der eine fachärztlich bescheinigte PTSD vorbrachte und von einem polizeilich beauftragten<br />
Amtsarzt ein zweites mal zur ‚Reisefähigkeit’ begutachtet wurde. Die zweite Begutachtung ergab, dass er nicht<br />
traumatisiert und außerdem ‚reisefähig’ sei. Daraufhin wurde er in die Türkei abgeschoben. Da Herr Calcan<br />
bekannt war und den Aachener Friedenspreis erhalten hatte, löste dieser an sich alltäglich stattfindende<br />
Sachverhalt große Empörung in der Fachwelt aus. Unter Schirmherrschaft von Prominenz, wie Thea Bauriedl<br />
und Horst Eberhard Richter wurde eine Verbesserung der Standards und Qualifizierung der Begutachtung an<br />
Flüchtlingen und Folteropfern gefordert (vgl. Aachener Appell 2003). 650 PsychologInnen und medizinisch-<br />
klinische TherapeutInnen unterschrieben diesen Appell ( vgl. Schaeffer & Gierlichs 2002). An den Appell<br />
anschließend schlossen sich die sieben ExpertInnen bzw. PraktikerInnen Dr. med. H.W. Gierlichs, Dr. med. F.<br />
Haenel, Dr. Phil. Dipl. Psych. F. Hennigsen, Dr. med. H. Spranger, Dipl. Psych. Eva Schaeffer, Dr. med. M.<br />
Wenk- Ansohn sowie Dr. med. W. Wirtgen zu der Arbeitsgruppe SBPM zusammen, um Standards für die<br />
Begutachtung in aufenthaltsrechtlichen Verfahren zu entwickeln (vgl. Gierlichs et. al. 2005).<br />
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