vollständige Diplomarbeit - Socialnet

Kapitel Acht- Munira
8.2. Gespräch mit Munira
Munira- Ich bin hier Ende `93 dann im
Dezember nach Deutschland gekommen,
da war ich gerade mal 14 Jahre alt, und da
ich kein deutsch konnte, [...] und da musste
ich zum Arzt gehen. Und da ich kein
deutsch konnte, da musste ich meine
Nachbarin mitnehmen, die da in der
Nachbarschaft gewohnt hat, die ist auch
aus Bosnien, aber die ist früher nach
Deutschland gekommen und da hat sie in
Zwischenzeit auch deutsch gelernt, dann
hat sie mich zum Arzt mitgenommen [...].
- Aber das war nicht wegen irgendwelchen
Beschwerden wegen Krieg oder so was?
Munira- Nee. Zu den Zeitpunkt nicht
mehr, nicht mehr.
„Und da kamen ja viele Leute mit
den Attesten, in denen es stand,
Trauma.“
- Und dann, bist du dann wegen
Beschwerden, die für dich mit diesen
Erlebnissen zusammen hängen...
Munira- (zustimmend) Mhmm. Anfang 99
bin ich dann zum Arzt gegangen, weil ich
da oft Probleme mit dem Magen gehabt
habe, (holt Luft) und dann, 2000 wurden da
bei mir Gallensteine äh festgestellt, da
musst’ ich auch operiert werden, im
September 2000.
- Das siehst du im Zusammenhang mit...
Munira- ... ja, die Ärztin hat gesagt, dass
die Beschwerden, die auch an dem Magen
gewesen sind und auch Gallensteine, dass
das alles (holt Luft) von der Psyche
gekommen ist. Ich habe mich nie getraut,
zum Psychologen zu gehen. Weil ich das
einfach nicht zugeben wollte. Dass ich
Probleme damit habe. (Pause)
- Weißt du noch, wann hast du das erste
mal das Wort Trauma gehört?
Munira- Hmmm, ich hab, ich hab in einer
Rechtsanwaltskanzlei gearbeitet, das hab
ich schon 98 gehört. Vom Januar bis April
hab ich in der Kanzlei gearbeitet und da
kamen ja viele Leute mit den Attesten, in
den es stand, Trauma.
- Du hast es nicht in der Familie oder vom
Arzt gehört, sondern wirklich das erste mal
in der Kanzlei?
Munira- Ja, das erste mal da. `n bisschen
später hab ich es von meiner Mutter
erfahren, dass sie auch am Trauma leidet.
Und als ich im August 98 geheiratet habe,
da ging es auch bei meiner
Schwiegermutter los. (Pause, Räuspern)
Und dann hat sie sich auch, eh, in die
Therapie begeben, bei Herr Doktor A, was
es nicht so viel geholfen hat und Anfang
99 hat sie zu Frau Doktor B gewechselt, da
hat sie auch Medikamente gekriegt, die ihr
geholfen haben und seitdem befindet sie
sich da in Behandlung.
- Beides sind Psychiater?
Munira- Ja. Bei der Frau Doktor B.
- Was verstehst du selbst unter Trauma?
Munira- Da gibt es eigentlich, äh, viele,
viele Symptome. Schlaflosigkeit,
Hilflosigkeit, Weinen, Anfälle, hmmm.
(längere Pause)
„Da sollte meine Schwiegermutter
die Aufenthaltsbefugnis kriegen
und wir drei nicht“
- Und du selbst, hast kein Attest oder
Stellungnahme?
Munira- Ich hatte eine Stellungnahme
gemacht. Das ging eigentlich, wegen
meiner äh, Svekrva 168 , wegen der
Aufenthaltsbefugnis. Da sollte meine
Schwiegermutter die Aufenthaltsbefugnis
kriegen und wir drei nicht 169 . Und da ich
die Betreuungsperson 170 von ihr war, da
168
Schwiegermutter
169
Munira, Ihr Ehemann und die gemeinsame
Tochter.
170
Familienangehörigen kann, wenn sie in einem
gemeinsamen Haushalt mit einer als im Alltag nicht
ohne Hilfe zurechtkommenden anerkannten
‚Traumatisierten’ zusammenleben als
Betreuungsperson der Aufenthalt in Deutschland
ermöglicht werden. Im Normalfall erfolgt
Abschiebung von nicht mehr minderjährigen
Kindern bzw. anderen Verwandten, die als
‚Traumatisiert’ anerkannten Person eine
152