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vollständige Diplomarbeit - Socialnet

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selbst spricht, zieht es Munira immer wieder vor, von Anderen (ihrer Schwiegermutter,<br />

Mutter, Schwägerin, Bekannten etc.) zu erzählen.<br />

Der Begriff Trauma hat für Munira im Zusammenhang mit aufenthaltsrechtlichen<br />

Anerkennungsverfahren an Bedeutung gewonnen. („Das hab ich schon 98 gehört. Vom<br />

Januar bis April hab ich in der Kanzlei gearbeitet und da kamen ja viele Leute mit den<br />

Attesten, in denen es stand, Trauma.“) Trauma taucht in dem Gespräch als relevante<br />

Kategorie immer in dem rechtlichen Kontext einer attestierten Traumatisierung und der damit<br />

verbundenen Erlangung (bei Munira, ihr Ehemann und Tochter, Schwiegereltern,<br />

Schwägerin) oder Nichterlangung (bei den Eltern und dem Bruder) einer Aufenthaltsbefugnis<br />

auf. Der Begriff selbst bleibt für Munira jedoch schwammig. („Da gibt es eigentlich, äh,<br />

viele, viele Symptome. Schlaflosigkeit, Hilflosigkeit, Weinen, Anfälle.“)<br />

Es ist ziemlich schwierig, von Munira freimütig direkte Aussagen außerhalb des<br />

nahegelegten Erklärungsmodells der Ursache von Beschwerden von Flüchtlingen durch ‚das<br />

Trauma’ zu erhalten. In ihren konkreten Ausführungen kommen Kriegserlebnisse als<br />

Ursachen für Beschwerden entweder bei Anderen ( der Schwiegermutter „Ja, das hängt alles<br />

damit zusammen, sie hat ja auch so viele Familienangehörige verloren“) oder nur in<br />

Andeutungen vor („Ich habe mich nie getraut, zum Psychologen zu gehen. Weil ich das nicht<br />

zugeben wollte. Dass ich Probleme damit habe“).<br />

Dass die Schwiegermutter „fast durchgedreht hat“, führt Munira auf ‚das Trauma’<br />

zurück. („Das hängt alles damit zusammen“) Diese Verbindung ist nicht zwingend. Die<br />

Kategorie Trauma ermöglicht hier ferner eine Abgabe von eigener Ohnmächtigkeit und<br />

Verantwortung in der Situation, auf der anderen Seite ist sie auch beunruhigend. Das<br />

‚Durchdrehen’ der Schwiegermutter auf ihr ‚Trauma’ zurückzuführen, ermöglicht Munira<br />

auch, nicht über die belastende Lebenssituation hier und eigenes Verhalten nachzudenken.<br />

Munira schildert ihre eigenen Beschwerden und Schwierigkeiten weniger in Verbindung mit<br />

ihrer Lebenssituation in Deutschland, obwohl sie immer wieder von belastenden Situationen<br />

berichtet, die vorrangig mit ihrer heutigen Lebenssituation in Deutschland zusammenhängen.<br />

So schildert sie lange und ausführlich die Einlieferung ihrer Schwiegermutter in die<br />

Psychiatrie, erzählt von ihrer Mutter, die auch in die Psychiatrie gekommen ist, als sie keine<br />

Verlängerung ihrer Duldung bekommen hat, von dem frustrierenden Umgang mit der<br />

Ausländerbehörde etc..<br />

Die Verknüpfung zwischen der psychologischen Diagnose einer Traumatisierung und dem<br />

Erlangen einer Aufenthaltsbefugnis ist für Munira deutlich. Dies bringt sie jedoch nicht dazu,<br />

in Frage zu stellen, dass eine Befugnis aufgrund einer nachgewiesenen psychischen<br />

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