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von traumatischen Ereignissen während der Verfolgungszeit. Wichtig ist, dass der<br />
Nachkriegszeit, dem Umgang in der Nachkriegszeit mit dem Erlebten, aber auch dem<br />
gesellschaftlichen Umgang mit den Überlebenden Aufmerksamkeit geschenkt wird. Eine<br />
Konkretisierung bzw. Spezifizierung der traumatischen Sequenzen auf Flüchtlinge aus<br />
Bosnien und Hercegovina könnte wie folgt aussehen:<br />
• Erste Sequenz<br />
Der Tod Titos als einheitsstiftende Figur im ehemaligen Jugoslawien und die<br />
nachfolgende politische Instabilität sowie der Beginn der wirtschaftlichen Krise in den<br />
80er Jahren und der Beginn der gesellschaftliche Unzufriedenheit und Verarmung von<br />
vielen Bevölkerungsteilen im Zusammenhang mit dem Zusammenfall der Sowjetunion und<br />
sozialistischer politischer Systeme, damit Wegfall der vorteilhaften ökonomischen wie<br />
politischen Sonderstellung Jugoslawiens, welches wirtschaftliche wie politische<br />
Beziehungen zum Westen und zum Osten unterhielt.<br />
Beginn einer ‚Ethnisierung’ von immer mehr Bevölkerungsteilen. Verstärktes aufkommen<br />
von ‚serbischen’ Nationalismus und Nationalismus/ Separatismus von Kroatien und<br />
Slowenien ausgehend.<br />
Beginn des Auseinanderfalls Jugoslawiens, Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens.<br />
Beginn kriegerischer Auseinandersetzungen in Kroatien. Wachsende noch unspezifische<br />
Bedrohungssituation eines Krieges in Bosnien und Hercegovina.<br />
• Zweite Sequenz<br />
In Bosnien und Hercegovina Beginn von Übergriffen auf Minderheiten und einer<br />
Militarisierung, die sich ethnisch formiert. Schleichende Übernahme der jugoslawischen<br />
Volksarmee und ihrer Strukturen durch ‚Serben’. Beginn ‚serbischer’ und ‚kroatischer’<br />
Kriegshandlungen, Kämpfe, Vertreibungen, Internierung in Lager etc., Formation von<br />
‚bosniakischer’ Armee.<br />
Direkte Verfolgung, Erlebnisse von extremer Gewalt, Folter oder das Beobachten von<br />
extremer Gewalt, Ermordung, Folter u.s.w., konkrete Bedrohung für Leib und Leben.<br />
Verlust von Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten.<br />
Vertreibung und/ oder Flucht in andere Orte in der Region.<br />
Flucht nach Deutschland.<br />
• Dritte Sequenz<br />
Nachkriegsperiode bzw. Periode nach der Flucht.<br />
Kampf in Deutschland um Bleiberecht und Bemühen um ein qualitätvolles Leben in<br />
Deutschland.<br />
Die Frage der freiwilligen/ erzwungenen Rückkehr ins Nachkriegsbosnien und<br />
Hercegovina.<br />
Nachkriegsbedingungen in Bosnien und Hercegovina.<br />
Die große Anzahl der Spezifizierungen der Sequenzen soll verdeutlichen, wie komplex<br />
der Krieg und seine Auswirkungen im ehemaligen Jugoslawien, insbesondere in dem<br />
multiethnischen Bosnien und Hercegovina waren und wie viele Aspekte wirkmächtig sind<br />
und in ein wirkliches Verstehen der Leiden der konkreten Person einbezogen werden müssten.<br />
Das Keilsonsche Konzept der sequentiellen Traumatisierung verallgemeinert auf bosnische<br />
Flüchtlinge eröffnet die Thematisierung der aktuellen Lebensbedingungen. Einerseits wird<br />
damit ermöglicht, dass die aktuelle traumatische Sequenz, also die aktuellen<br />
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