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vollständige Diplomarbeit - Socialnet

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„eigentlich nicht.“, außer dass es nicht angenehm war, es zu lesen. Sie freut sich aber, als ihr<br />

die Interviewerin anbietet, das Interviewtranskript zu behalten.<br />

Auf die Verständnisfrage, unter welchen Umständen Munira eine Aufenthaltsbefugnis als<br />

Familienangehörige bzw. Betreuungsperson ihrer ‚traumatisierten’ Schwiegermutter<br />

bekommen hat, wo sie doch nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben, erklärt Munira wie<br />

es dazu gekommen ist. Zum Zeitpunkt des Antrages auf Aufenthaltsbefugnis haben sie, ihr<br />

Ehemann und die Tochter in einem gemeinsamen Haushalt mit den Schwiegereltern gelebt 177 .<br />

Nach Erhalt der Aufenthaltsbefugnis sind die Familien erst aus dem Wohnheim in separate<br />

Privatwohnungen gezogen, allerdings leben sie immer noch im selben Wohnblock, auch, um<br />

weiterhin nachweisen zu können, dass Munira sich weiter um die Schwiegermutter kümmert<br />

(„Das spielt ja auch eine Rolle, dass wir in der Nähe sind.“). An dieser Stelle kommt der<br />

Bruder in das Wohnzimmer. Das Gespräch wird unterbrochen, bis er wieder geht.<br />

Auf die Frage, ob es einen äußeren Anlass gab, als die Schwiegermutter in die Psychiatrie<br />

gekommen ist, sagt Munira, „das ist einfach so passiert“. Sie habe keine<br />

aufenthaltsrechtlichen Probleme mehr gehabt, schon eine Aufenthaltsbefugnis besessen. Es<br />

habe damit begonnen, dass sie viel geweint habe. Die Familie habe sich anfangs nichts dabei<br />

gedacht habe, aber dann sei es schleichend immer schlimmer geworden. Die Interviewerin<br />

merkt zum Vergleich an, dass Munira bei ihrer Mutter die androhende Abschiebung als<br />

äußere Ursache für deren Psychiatrieaufenthalt annimmt. Munira führt diese Diskrepanz auf<br />

die unterschiedlichen äußeren Kontexte zurück, der Schwiegermutter, die sehr extremes Leid<br />

im Krieg erlebt habe und deshalb „krank wurde“ und der Mutter, die wegen der Abschiebung<br />

extrem krank geworden ist.<br />

Im Falle ihrer Mutter ist Munira wütend. Die Interviewerin fragt sie, was sie dazu denkt,<br />

dass ihre Mutter bei Androhung von Abschiebung krank wurde und dass diese Krankheit sie<br />

und den Vater vorerst vor Abschiebung schützt. Beide wären schon längst abgeschoben, wäre<br />

die Mutter nicht in die Psychiatrie eingeliefert worden. Munira äußert aufgebracht: „Daran ist<br />

die Ausländerbehörde schuld. Die wissen ja ganz genau, dass sie seit `98 schon in der<br />

Behandlung ist und dass sie nicht seit 2003 und 2004 in Behandlung ist. Kein Wunder, dass<br />

sie im Krankenhaus landet, wenn sie eine Abschiebung bekommt“. Die Interviewerin merkt<br />

an, dass sie so auch gar nicht gesund werden könnte. „Eigentlich nicht“ sagt Munira dazu<br />

zustimmend. Dass ihre Mutter wegen ihrer serbisch- montenegrinischen Staatsbürgerschaft<br />

und nicht wegen des späten Behandlungsbeginns nicht in die Weisung der IMK vom<br />

177 Die betreffende Stelle in der analytischen Einleitung des Interviews wie die erläuternde Fußnote 176 wurden<br />

daraufhin modifiziert. Vorher nahm die Interviewerin an, sie hätten bereits vorher nicht in einem gemeinsamen<br />

Haushalt gelebt.<br />

160

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