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in“. Sie plant mit dem Ein- Eurojob drei Stunden am Tag zu arbeiten, „das wären dann<br />
250€ zusätzlich im Monat“ 154 .<br />
Lejla möchte ihre Lebenssituation in Berlin nicht getrennt sehen von dem<br />
Lebensbedingungen in Bosnien und Hercegovina, speziell in ihrer Herkunftsstadt. Sie sieht<br />
ihre Lebenssituation immer eng verknüpft mit ihren Lebensbedingungen und -Perspektiven in<br />
Berlin und den Lebensbedingungen ihrer Familie und Angehörigen in ihrer Herkunftsstadt,<br />
die sie potenziell als ihren eigenen Lebensort ansieht. Auf der einen Seite relativiert Lejla<br />
durch den Vergleich ihrer Lebensbedingungen in Berlin mit denen in BiH, ihre<br />
Schwierigkeiten in Berlin. Auf der anderen Seite gehört ihr Herkunftsort auch konkret zu<br />
ihren eigenen Lebensbedingung. Seit sie ihre Befugnis hat, reist sie regelmäßig nach Bosnien<br />
und Hercegovina, im Schnitt alle zwei bis drei Monate. Im Januar sei sie für sieben Tage dort<br />
gewesen. Die Lebensbedingungen in Bosnien und Hercegovina belasten sie immer sehr. In<br />
diesen sieben Tagen habe sich ein „27 jähriger Moslem“ aus dem Ort erhängt, ihre<br />
Schulfreundin sei im Alter von 42 Jahren an einem Tumor im Kopf gestorben. Weitere der<br />
„Moslems“ aus ihrem Bekanntenkreis seien „am Herzen gestorben“. „Alle unter 50 Jahren.“<br />
Alle seien nach dem Krieg verarmt, auch von der „serbischen Seite“ seien in dieser Woche<br />
viele gestorben. Ein Junge von 15 Jahre, sei gestorben, „da es keine Medikamente für ihn<br />
gab“. „Die Leute gehen überhaupt nicht zum Arzt, weil sie es sich nicht leisten können.“ Die<br />
Schwiegertochter einer ‚serbischen’ Schulfreundin, mit der sie noch im Kontakt sei, sei im<br />
Alter von 28 Jahren an Asthma gestorben. „Früher hat es wenigstens eine Sozialversicherung<br />
gegeben, heute überhaupt nichts.“<br />
Auch fühle sie sich dort ambivalent, sie habe immer rückkehren wollen. Inzwischen<br />
erlebe sie sich aber fremd in ihrem Herkunftsort. „Ich weiß nicht ob ich mich verändert habe,<br />
oder die Leute sich verändert haben.“ Vor zwei Jahren hätten sie den Ort wieder aufgebaut,<br />
„aber alles so neu, nicht schön“ und auf der Straße erkenne sie kaum noch Leute „15.000<br />
serbische Binnenflüchtlinge sind jetzt dort, auch alte ‚Serben’ nicht mehr da, ich erkenne<br />
niemanden mehr auf der Straße. Die kennen sich auch untereinander gar nicht“. Die<br />
Stimmung sei dort auf der Oberfläche ruhig, aber „es gibt viele dieser Kleinigkeiten. Darüber<br />
wird nicht geredet“. In der Straße, in der Lejlas Familie heute wieder wohnt, sind alle<br />
BewohnerInnen, nach dem Krieg ab 1998 zurückgekehrte ‚Moslems’. Im November sei es<br />
das letzte mal passiert, dass „sie Steine und Gasflaschen geworfen haben“. Gegen zwölf Uhr<br />
nachts hätten ‚Serben’ selbstgebastelte Gasflaschen und Steine in ihre Fenster geworfen. Wer<br />
das namentlich gewesen ist, habe sie „keine Ahnung“. Bei Fußballspielen sei „es besonders<br />
schlimm“. Die Spiele seien gegen ‚muslimische’ Teams immer unentschieden, oder ihre<br />
154 250€, da in Berlin statt einen Euro pro Stunde ein Euro und fünfzig Cent bezahlt werden.<br />
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