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Republika Srpska, in der nach dem Krieg vorwiegend ‚SerbInnen’ leben. Einige ‚Muslime’<br />
sind zurückgekehrt, aber viele auch nicht. ‚KroatInnen’ leben so gut wie gar keine mehr in<br />
dem Herkunftsort von Lejla. Stattdessen leben dort viele ‚serbische’ Binnenflüchtlinge, die<br />
aus anderen Teilen Bosnien und Hercegovinas- der in manchen Gebieten mehrheitlich<br />
‚Bosniakischen’, in manchen Gebieten mehrheitlich ‚Kroatischen’ Föderation- in die Orte der<br />
Republika Srpska geflohen sind. Der Zustand der Heimatstadt von Lejla könnte für viele<br />
andere Städte und Orte im Nachkriegsbosnien und Hercegovina stehen. Lejlas Eltern,<br />
Schwiegereltern und eine Schwester sind 1998 wieder in diese Stadt zurückgekehrt, in der sie<br />
nun als ‚ethnische’ Minderheit und ‚RückkehrerInnen’ leben. Die Lage in dem Herkunftsort<br />
ist für RückkehrerInnen einer nun ‚ethnischen Minderheit’ nicht ungefährlich. So wurden<br />
noch im Juni 1999 ‚muslimische’ RückkehrerInnen von bosnischen ‚Serben’ mit Steinen und<br />
selbstgebastelten Handgranaten beworfen, wobei acht RückkehrerInnen verletzt wurden.<br />
Lejlas Familie ist von direkten gewalttätigen Übergriffen verschont geblieben.<br />
Lediglich Lejla und ihre Zwillingsschwester sind nicht nach Bosnien und Hercegovina<br />
zurückgegangen. Beide leben bis heute in Berlin. Seitdem Lejla eine Aufenthaltsbefugnis hat,<br />
fährt sie wieder regelmäßig im Sommer in ihren Herkunftsort, auch weil ihr Vater krank<br />
geworden ist. Im Alltag redet Lejla nicht gerne über Dinge, die mit ihren Erlebnissen im<br />
Krieg und ihrer Flucht nach Deutschland zusammenhängen. Insbesondere über den Tod ihres<br />
Mannes redet sie ungern; wenn sie es tut, kommen ihr auch heute noch die Tränen.<br />
Bereits einen Monat nachdem Lejla nach Deutschland gekommen ist, hat sie einen<br />
„Nervenzusammenbruch“ bekommen. („Ich hab soviel Blut verloren, und mein ganzes<br />
Innenleben hat es gezeigt, dass ich im Koma war und so und dann ist dieser Zustand<br />
gekommen, dass ich einen Nervenzusammenbruch hatte“). Lejla führt ihre Schwierigkeiten<br />
auf ihre „psychische Situation“ zurück, spricht aber an dieser Stelle nicht von Trauma oder<br />
einer ‚Traumatisierung’. „Schwierigkeiten in meinem Körper“ sind noch hinzugekommen.<br />
Lejla scheint hier Körper und Psyche zu trennen.<br />
Eine PsychiaterIn oder PsychologIn aufzusuchen, lag Lejla zunächst fern. Sie ist zu einem<br />
Hausarzt wegen ihrer ‚körperlichen’ Beschwerden und Belastungen gegangen. („Ich kannte<br />
niemanden, mit wem ich mich unterhalten konnte. Ich habe nicht gewusst, dass man so eine<br />
Therapie machen kann oder so irgendwas.“)<br />
Nach einem Jahr in Deutschland ist Lejla mit ihren Schwiegereltern und ihrer Schwägerin<br />
zusammengezogen. Diese Zeit schildert Lejla als sehr belastend („Das war immer so<br />
traurig.“) Das enge Zusammenleben mit ihren Schwiegereltern und ihrer Schwägerin scheint<br />
ihr nicht gut getan zu haben. Lejla erzählt, dass sie in dieser Zeit Suizidgedanken gehabt habe.<br />
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