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vollständige Diplomarbeit - Socialnet

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Es ist sehr schwierig, sich im Spannungsfeld der Begutachtung als PraktikerIn ‚richtig’ zu<br />

verhalten. Jede Entscheidung hat Vor- und Nachteile. Sich auf die Begutachtung an<br />

Flüchtlingen einzulassen bedeutet, sich auf eine Instrumentalisierung im Interesse der<br />

Begrenzung von Zuwanderung einzulassen, und bei der Selektion von Flüchtlingen<br />

mitzumachen. Sich der Begutachtungspraxis zu verwehren bedeutet allerdings, die<br />

Flüchtlinge/ KlientInnen mit ihren Problemen allein zu lassen.<br />

Auch wenn, wie mit dem IMK- Beschluss vom November 2000 geschehen, die<br />

Bestimmungen für den Erhalt eines Bleiberechts klar formuliert sind, und die Begutachtung<br />

einer PTSD mit den verbundenen Stichtagsregelungen zu dem Erlangen einer<br />

Aufenthaltsbefugnis führen müssten, stehen die PraktikerInnen einer restriktiven Handhabung<br />

von Entscheidungen gegenüber. Es scheint unmöglich den Ansprüchen und Interessen der<br />

Entscheidungstragenden zu entsprechen, dem eigenen Klientel zu helfen, und auch seinen<br />

eigenen berufsethischen und politischen Ansprüchen gerecht zu werden.<br />

„Während so die ethischen Bedenken gegen unser Tun wachsen, sehen wir<br />

gleichfalls keine Möglichkeit uns aus diesem Feld einfach wieder zurückzuziehen.<br />

Wenn wir keine Stellungnahmen und Gutachten mehr schreiben, dann werden<br />

hochgefährdete Personen möglicherweise ausgewiesen. Schließlich bitten uns unsere<br />

Klienten ja selbst um diese Stellungnahmen, oft sind sie uns, vielleicht sogar zu<br />

Recht, dankbar dafür. Wir alle haben viele Fälle bearbeitet, wo es gerade unsere<br />

Stellungnahmen waren, die der einen oder anderen Familie ein Hier bleiben<br />

ermöglicht hat, ihnen möglicherweise sogar das Leben gerettet hat. Schreiben wir<br />

unsere Gutachten aber einfach weiter, dann werden dabei zwangsläufig unsere<br />

Behandlungszeiten immer knapper, handeln wir ethisch zweifelhaft und (und das ist<br />

entscheidend) beteiligen uns an einem Prozess, welcher die politische<br />

Grundproblematik immer mehr in den Hintergrund drängt. Dieser Prozess wird auch<br />

durch die Schulung neuer Gutachter nicht aufgehalten“ (Best Practice 2004, S. 2).<br />

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