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es aber „vielleicht irgendwann man später“ helfen könne, „wenn man irgendwas braucht,<br />
dass man auf diese Empfehlung aufbauen kann, dass sie zu dem Zeitpunkt bei mir auch ein<br />
Traumas festgestellt hat“. Auf die Nachfrage in welchem Zusammenhang das sein könnte,<br />
führt sie an „wenn ich zum Beispiel später mal mein eigenes Attest brauche.“ Munira fühlt<br />
sich auch mit einer Aufenthaltsbefugnis nicht sicher. Sie traut der Ausländerbehörde nicht:<br />
„na, wie du siehst, die Ausländerbehörde wechselt ja ständig die Gesetze, die Weisungen und<br />
die Regelungen, da darf man nie sicher sein, dass es so bleibt, wie es jetzt ist.“<br />
Daran ansetzend stellt die Interviewerin die Frage, ob es nicht denkbar sei, dass die<br />
Traumaregelung nicht gerecht ist, dass es beabsichtigt ist, dass Menschen mit ähnlich<br />
gelagerten Erfahrungen, Problemen und Beschwerden unterschiedlich behandelt werden.<br />
Munira äußert dazu: „Wer jetzt daran Schuld hat, das kann man nicht so leicht feststellen, ob<br />
es die Ausländerbehörde ist oder ob das die Regierung ist oder- Aber das spielt eigentlich<br />
keine Rolle, wenn man krank ist, spiel das keine Rolle, woher man kommt, aus dem Sandžak<br />
oder aus Bosnien, sollte das keine Rolle spielen.“ Munira macht insbesondere die Regierung<br />
von Serbien und Montenegro für die Ungleichbehandlung verantwortlich. Weil diese<br />
Regierung ein Rücknahmeabkommen unterschrieben habe und immer wieder bekunde, dass<br />
alle ‚Traumatisierten’ und andere Kranke in Serbien und Montenegro behandelt werden<br />
könnten. („Die haben ja nur das Geld genommen und die Leute im Regen gelassen.“) Munira<br />
unterstellt politische Interessen: „dahinter steckt eine politische Situation, glaube ich, von der<br />
serbischen Regierung aus“. Deutsche Verantwortlichkeiten sieht Munira eingeschränkter,<br />
hier unterstellt sie weniger politischen Interessen, eher Unvermögen. („Die haben ja auch<br />
noch nicht geregelt, was die serbisch- montenegrischen Staatsangehörigen angeht. Die haben<br />
ja auch eigentlich schuld daran. Die sollen eine klare Regel schaffen.“) Auf die Frage, wie<br />
eine gerechte Regelung aussehen könnte, bewegt sich Munira nach wie vor im Geist der<br />
aktuellen Regelung für traumatisierte BosnierInnen. „Wenn die Ausländerbehörde feststellt,<br />
oder bzw. das Verwaltungsgericht, dass einer traumatisiert ist, dann soll der hier bleiben,<br />
egal woher der kommt.“ Die Regelung soll für alle Menschen- nicht nur aus der<br />
Balkanregion- gelten. Die Begutachtung und das Primat einer PTSD, die es nachzuweisen<br />
gilt, stellt Munira nicht in Frage, problematisiert es auch nicht. Auf die Nachfrage, was dann<br />
mit Gesunden sei, sagt Munira „Ich glaub nicht, dass es so viele gesunde Menschen gibt.<br />
Wenn jemand auch gesund ist, wird er hier krank. Die Ausländerbehörde macht ja hier krank.<br />
Wenn jemand ständig zwölf Jahre hier in Ungewissheit lebt, dann wird der hier krank, egal,<br />
wie stark der ist. Auch wenn der unten nichts durchgemacht hat, dann wird der hier krank,<br />
mit den Behörden und allem drum und dran. Egal, wohin man geht, wird Stress gemacht.“<br />
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