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November 2000 178 fällt und deswegen keine Befugnis bekommen kann, merkt Munira nicht<br />

an. Bezugspunkt ist Behandlungsbeginn der Mutter.<br />

Auf die Frage, ob Munira bestimmen kann, was die Ursache für die Beschwerden ihrer<br />

Schwiegermutter, Mutter und ihrer eigenen ist, sagt Munira „Was soll ich sagen, das kommt<br />

ja alles zusammen, wa? Von dem Krieg auch und diese ganzen Erlebnisse und man ist ja hier<br />

zwölf Jahre. Zum Beispiel meine Mutter, die hat ja immer noch keine Befugnis erhalten, sie<br />

muss ja immer wieder mit der Angst leben, dass sie abgeschoben wird. Die machen ja auch<br />

hier Druck auf die Psyche, na kein Wunder, dass man da krank wird. Das kann man ja alles<br />

nicht aushalten. Das kommt ja alles zusammen, von dem Krieg und hier“.<br />

Die Interviewerin merkt dazu an, ihr sei aufgefallen, dass Munira das Erklärungsmodell<br />

Trauma als Ursache für die Leiden immer wieder anführt, aber im konkreten vorwiegend über<br />

aktuelle Erlebnisse und Bedingungen in Deutschland erzählt. Munira besteht darauf, dass die<br />

Beschwerden ebenso von den Erlebnissen im Krieg kommen. Auf nochmaliges Nachfragen,<br />

was es denn sei, was sie so belaste, trifft Munira eine Unterscheidung zwischen sich, ihrer<br />

Mutter und ihrer Schwiegermutter. Auffallend ist, dass die Männer in der Familie als belastet<br />

bzw. krank gar nicht vorkommen. Munira äußert, bei der Schwiegermutter kämen die<br />

Beschwerden vom Krieg, bei der Mutter 50 /50 und bei sich selbst wisse sie es nicht genau.<br />

(„Bei meiner Schwiegermutter glaub ich schon, dass das vom Krieg ist, weil sie hat ja so viele<br />

Familienangehörige verloren, das steckt man einfach nicht so leicht weg. Bei meiner Mutter<br />

denke ich, dass die zur Hälfte, dass dieses Trauma und die Beschwerden zur Hälfte auch von<br />

der ausländerrechtlichen Situation kommen. Dass sie ständig in Angst leben muss, dass sie<br />

von den Kindern, bzw. von den Enkelkindern getrennt wird, an denen sie sehr hängt.“)<br />

Munira muss noch einmal ausdrücklich aufgefordert werden, eine Aussage zu sich selbst zu<br />

treffen. Bei sich selbst „weiß ich nicht. Es nimmt mich alles mit, zum Beispiel wenn ich meine<br />

Mutter sehe, dass sie so krank ist, oder meine Schwiegermutter. Ich weiß nicht, vielleicht bin<br />

ich ja noch zu jung, um diese Erlebnisse zu verarbeiten oder dass das Trauma bei mir<br />

ausbricht, weiß ich nicht. Ich fühl mich einfach auch nicht gut. Aber wovon das kommt. Ich<br />

geht ja nicht so gern zum Arzt.“ Die Interviewerin fragt nach, ob Munira sich dazu Gedanken<br />

macht, woher ihre eigene Niedergeschlagenheit und Beschwerden kommen. Munira bejaht,<br />

sie denke häufig darüber nach, aber sie wisse einfach nicht, woher die Beschwerden kommen.<br />

Daran anknüpfend äußert die Interviewerin, ihr sei aufgefallen, dass Munira im Interview<br />

sehr viel von ihrer Schwiegermutter und ihrer Mutter erzählt, weniger von sich selbst. Es sei<br />

ihr nicht klar geworden, woran das läge. Ob dies so sei, weil die Themen Trauma und<br />

178 Siehe dazu Kapitel Zwei.<br />

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