28.05.2013 Aufrufe

vollständige Diplomarbeit - Socialnet

vollständige Diplomarbeit - Socialnet

vollständige Diplomarbeit - Socialnet

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Behandlung 58 . Außerdem müssen die Begutachtungen seit mehr als einem Jahr in einigen<br />

Einrichtungen von den Flüchtlingen selbst bezahlt werden, da die psychosozialen<br />

Behandlungszentren bzw. niedergelassene PsychologInnen und FachärztInnen die<br />

Begutachtungen anders nicht abrechnen können bzw. sich in finanziellen Notlagen befinden.<br />

PraktikerInnen hatten vorher jedoch wenig Möglichkeiten, die benachteiligten<br />

Lebenslagen von Flüchtlingen zu beeinflussen. Die Attestierung einer PTSD in<br />

aufenthaltsrechtlichen Verfahren bot den PraktikerInnen eine Möglichkeit, die<br />

Lebensbedingungen ihres Klientels durch den Aussicht auf Aufenthalt konkret zu<br />

verbessern 59 .<br />

Schwierig ist jedoch, dass unterschiedliche Flüchtlingsgruppen ungleich behandelt<br />

werden. Eine Sonderregelung impliziert immer auch eine Sonderbehandlung. Das gleiche<br />

Leiden einer Kurdin aus der Türkei, eines Palästinensers aus dem Libanon, einer Muslimin<br />

aus dem Sudan etc. findet nicht die gleiche Berücksichtigung in aufenthaltsrechtlichen<br />

Verfahren, wie es für eine/n BosnierIn der Fall ist. Dies ändert sich auch nicht durch das<br />

Zuwanderungsgesetz. Bereits innerhalb der Gruppe von Flüchtlingen aus BiH existiert eine<br />

Vielzahl von psychologisch- fachlich nicht begründbaren Stichtagregelungen der Einreise und<br />

des Behandlungsbeginns. Auch ist die Privilegierung eines psychiatrischen Krankheitsbildes-<br />

einer PTSD- fachlich problematisch 60 . Denn<br />

„es wäre verhängnisvoll, wenn PTSD beispielweise als Kennzeichen für erlittene<br />

Folter akzeptiert würde. Nicht allein, weil es sich dabei um stark vereinfachenden<br />

Unsinn handeln würde, sondern auch, weil einige Opfer fürchteten, nicht als Opfer<br />

[...] angesehen zu werden, falls nicht PTSD diagnostiziert würde“ (Summerfield<br />

1997, S. 10).<br />

Durch die Weisung der IMK vom November 2000, führt einzig die Diagnose einer PTSD<br />

zu einer Anerkennung. Ein anderer Nachweis von erlebter Folter, Vertreibung Lagerhaft,<br />

sexualisierter Gewalt oder sonstiger menschlich verursachter Gewalt ist dabei nur noch<br />

peripher von Bedeutung. Auch wenn diese Erfahrungen eindeutig nachgewiesen werden<br />

können, aber keine PTSD geltend gemacht werden aber, sind sie zur Erwirkung einer<br />

Aufenthaltsbefugnis nutzlos.<br />

Durch das Einlassen der PraktikerInnen auf die Ausführung der Bestimmungen der<br />

Weisungen der IMK, wird auch an einer Selektion von Flüchtlingen teilgenommen. Nicht alle<br />

58 Siehe dazu Kapitel Vier und Fünf.<br />

59 Dass dies nicht unproblematisch ist, weil eine PTSD keineswegs alle Beschwerden von Flüchtlingen<br />

beschreibt, die sich an psychosoziale Zentren wenden, da diese Diagnose ihre Leiden pathologisiert, die<br />

Arbeitskapazitäten der Professionellen zunehmend für eine Begutachtung verbraucht werden, weil die Kriterien<br />

an die Begutachtung immer höhergeschraubt werden usw., wird in den nachfolgenden Kapiteln Drei, Vier und<br />

Fünf verhandelt.<br />

60 Siehe dazu Kapitel Drei und Vier.<br />

32

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!