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Weisung des Innensenats von Berlin vom 21.12.1998 erteilt 43 . Der Erhalt einer einjährigen<br />

Duldung wurde an folgende zusätzlichen Bedingungen gebunden: Sie mussten vor dem<br />

15.12.1995, dem Datum des Friedensvertrags von Dayton, nach Deutschland eingereist sein,<br />

sich in einer laufenden neurologischen, bzw. psychotherapeutischen Behandlung einer<br />

kriegsbedingten PTSD mit Krankheitswert befinden, diese vor dem 31.01.1998 begonnen<br />

haben und diese auch bis zum 31.12.1998 bei der Ausländerbehörde belegt haben.<br />

Familienangehörige der Kernfamilie von anerkannten ‚Kriegstraumatisierten’ d.h.<br />

EhepartnerIn und minderjährige Kinder oder sonstige zur Betreuung notwendige Personen,<br />

mit denen eine familiäre Lebensgemeinschaft besteht, entgingen demgemäß einer<br />

Abschiebung. Auch „deren Aufenthalt ist zunächst weiterhin zu dulden“ (Weisung des<br />

Innensenats von Berlin vom 21.12.1998, S. 1).<br />

Die vorgebrachten Atteste wurden bereits mit Inkrafttreten des Rückführungsabkommens<br />

im Jahr 1997 vom Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales überprüft (vgl.<br />

Knorr & Weber 2003; Groninger 2001; Internationale Liga für Menschenrechte e.V. 2002).<br />

Diese wurde von der Ausländerbehörde beauftragt, die Atteste einer PTSD formal auf<br />

Glaubwürdigkeit, tatsächlichen Krankheitswert einer vorgebrachten PTSD, Schwere des<br />

Vorgebrachten sowie Widerspruchsfreiheit zu untersuchen. Auch wurde eine Beurteilung<br />

dazu abgegeben, ob eine Behandlung der PTSD erforderlich sei oder nicht (vgl. Internationale<br />

Liga für Menschenrechte e.V. 2002). Wenn diese für nicht erforderlich befunden wurde, stand<br />

einer Abschiebung nichts mehr im Wege.<br />

Schon 1997 wurde in Berlin weiterhin bestimmt, dass nur bestimmte Berufsgruppen eine<br />

PTSD attestieren dürfen. Dazu zählen niedergelassene FachärztInnen für Psychiatrie und/<br />

oder Neurologie, PsychologInnen bzw. PsychotherapeutInnen, der sozialpsychiatrische<br />

Dienst, stationäre Psychiatrien, die Behandlungszentren für Flüchtlinge oder speziell benannte<br />

Beratungsstellen für traumatisierte Personen (vgl. Knorr & Weber 2003). Atteste von anderen<br />

Personenkreisen „finden nicht dieselbe Beachtung“ (ebd. S. 66).<br />

Eine große Anzahl bosnischer Flüchtlinge, die eine attestierte und behandelte PTSD<br />

vorbrachten, mussten sich ab 1998 in Berlin einer Zweituntersuchung durch den<br />

Polizeiärztlichen Dienst (PÄD) unterwerfen, d.h. durch MedizinerInnen, im besten Falle<br />

PsychiaterInnen, die allerdings keine Fachkenntnis des Diagnosebildes PTSD nachweisen<br />

mussten, schon gar nicht die Erfahrung im interkulturellen Feld. Bis 2000 fand die<br />

42 AuslG § 53 Abschiebungshindernisse Abs. (6) Siehe Fußnote 29.<br />

43 Neben den ‚kriegstraumatisierten’ Flüchtlingen erhielten die Gruppe der ZeugInnen vor dem Internationalen<br />

Gerichtshof in Den Haag, alte Menschen über 65 Jahre, deren Angehörige in der BRD leben, Teilnehmende an<br />

Programmen der ‚freiwilligen’ Rückkehr, der Weiterwanderung in andere Länder wie Kanada, USA und<br />

Australien, sowie Auszubildende, deren Abschluss bis Anfang 1999 erreicht ist, eine Jahresduldung.<br />

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